Wer, wie, was ist "ich"?

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
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Friederike
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Mi 30. Mai 2018, 16:23

Ich möchte die Väter und Großväter* (@Alethos und @Jörn) fragen, ob Ihr Euch erinnern könnt, in welchem Alter ungefähr ein Kind "ich" sagt und in welchen Zusammenhängen ein derartiger "ich"-Satz geäußert wird (falls es Sätze sind und nicht nur ein demonstrativer Hinweis).

*Großvater




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Jörn Budesheim
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Mi 30. Mai 2018, 16:25

Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Vielleicht ab 2 Jahren oder so.




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Alethos
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Mi 30. Mai 2018, 21:00

Ich weiss es leider auch nicht mehr. Das ist ein schleichender Vorgang, wie mir scheint. Das Auftauchen des Ichs ist ein ganz nebensächlicher Vorgang, so gesehen.



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Stefanie
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Mi 30. Mai 2018, 22:39

Ist das Ich nicht daran gekoppelt, dass der Mensch sich selbst bewusst ist? Bei Kindern ist das so zwischen dem 16 und 18 Lebensmonat. Als unser jüngste Mitglied unsere Sippschaft soweit war, gab es ein neues Lieblingswort: Nein.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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novon
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Do 31. Mai 2018, 01:20

Ich steuer mal den Negationsaspekt bei:
Ich ist, was nicht nicht ich ist. :)




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Jörn Budesheim
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Ich schließe mal "negativ" an: Its not me




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Jörn Budesheim
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Do 31. Mai 2018, 06:02

"Ich ist ein anderer" (Arthur Rimbaud)




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Jörn Budesheim
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Do 31. Mai 2018, 06:27

Die Hölle der anderen.




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Jörn Budesheim
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Was sich im Antlitz des Gegenübers spiegelt.




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Jörn Budesheim
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Do 31. Mai 2018, 06:59

Ich bin immer einerseits der logische Brennpunkt einer objektiven Auffassung der Welt, und andererseits ein besonderes Wesen in dieser Welt, das in ihr keinerlei Schlüsselstellung innehat.

(Thomas Nagel, Der Blick von Nirgendwo Seite 113)




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proximus
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Do 31. Mai 2018, 09:43

Ich bezeichne mit "Ich" die jeweilige Perspektive, die ich gerade versuche zu benennen.



""Wahrheit" ist immer nur theoretisch." proximus

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Friederike
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Do 31. Mai 2018, 09:51

Wie weiß ich, daß ich verliebt bin? Ich kenne das Wort für diesen Zustand, ich kenne Umschreibungen dieses Zustandes. Ich sehe an Anderen, wie sie sich verhalten, wenn sie verliebt sind. Um festzustellen, ob ich verliebt bin, befrage ich nicht Andere, die es mir sagen; ich beobachte mein Verhalten nicht und ziehe Rückschlüsse; ich überlege nicht, ob die Umschreibungen auf mich zutreffen. Ich kenne das Wort, und wenn ich das erste Mal verliebt bin, dann weiß ich dies mit absoluter Gewißheit, obwohl mir niemand gesagt hat, unmöglich, daß jemand es mir hätte sagen können, wie es sich anfühlt.

In den Sätzen steht "ich" stellvertretend für eine x-beliebige Person. Noch eine Funktion des sprachlichen "ich".




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Friederike
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Do 31. Mai 2018, 10:17

Ich habe mir überlegt, wie man ein Kind lehrt, was "ich" bedeutet. "Du", man zeigt auf das Kind, bist "ich" etc. mit verschiedenen Personen, die "ich" sind, wo sie doch aus Kindessicht alle "er" oder "sie" sind. Mir kommt es so vor, als müßte die Entdeckung, was "ich" meint, ein Sprung sein (auf der sprachlichen Ebene "ich" und wie Du sagtest @Stefanie, auf der mentalen Ebene der Sprung vom Sichselbstnichtbewußtsein zum Sichselbstbewußtsein). "Schleichend" kann ich mir das überhaupt nicht denken. Interessant finde ich es aber schon, wenn Du "schleichend" schreibst @Alethos. Es scheint also Zwischensprünge oder eine stetige Entwicklung zu geben, die ich mir in der Theorie -ohne Erfahrung, meine ich- nicht denken kann.




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Alethos
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Do 31. Mai 2018, 12:39

Friederike hat geschrieben :
Do 31. Mai 2018, 10:17
"schleichend"
Ich weiss noch heute nicht in Gänze, wer ich genau bin. Das ist ein iterativer und so gesehen schleichender Erkundungs- und Selbstfindungsprozess. Es reicht nicht der Blick in den Spiegel und der Verweis drauf, dass ich derjenige mir selbst gegenüber Stehende bin, sondern zum Ichsein gehört doch alles das, was ich über mich in Erfahrung bringen kann.



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Jörn Budesheim
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Aus einem Skizzen-Heft




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Friederike
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Do 31. Mai 2018, 18:19

Ja, das freudsche Instanzenmodell hatten wir noch nicht. Das eindeutig groß zu schreibende "Ich" ("Ideal-Ich").




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Stefanie
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Do 31. Mai 2018, 20:52

Ich lag etwas mit dem Alter falsch, ab wann Kinder ein ich Bewusstsein haben.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Spiegeltest



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novon
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 31. Mai 2018, 06:00
Ich schließe mal "negativ" an: Its not me
Hmm... Rein formal würde ich "It's not not me" in Erwartung gestellt haben wollen... *g




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Joachim
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Fr 1. Jun 2018, 00:28

Ich kann es mir nicht verkneifen ;-)
"Die Frage des Ich: >>Wer bin ich?<< (>>qui suis-je?<<) nicht mehr im Sinne von >>Wer bin ich?<< ,sondern von >>Wer ist >ich<?<<, wer kann >>wer<< sagen?, was ist das >>ich<< und was wird aus der Verantwortung, wenn im geheimen die Identität des >>ich<< erzittert?"
Jacques Derrida: in "Den Tod geben", S. 419 in: "Gewalt und Gerechtigkeit. Derrida-Benjamin". Hrsg. Anselm Haverkamp.



"Under the most diverse conditions and disparate circumstances, we watch the development of the same phenomena - homelessness on an unprecedented scale, rootlessness to an unprecedented depth." Hannah Arendt

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Jörn Budesheim
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Das Ich setzt das Nicht-Ich als beschränkt durch das Ich. (Fichte)




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