Kaffeestübchen

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
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Friederike
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Di 15. Jan 2019, 08:35

Ich nehme eins raus @Joachim? Die Natur als Metapher für den Seelen- oder Gemütszustand ... ich mag das zuuu gern. Achso, ich hatte noch nie von ihr gehört.

February twilight
I stood beside a hill
Smooth with new-laid snow,
A single star looked out
From the cold evening glow.
There was no other creature
That saw what I could see
I stood and watched the evening star
As long as it watched me.


-Sara Teasdale-




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Friederike
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Di 15. Jan 2019, 12:05

Joachim hat geschrieben :
Mo 14. Jan 2019, 14:53
Oh, das habe ich in letzter Zeit häufiger gemacht, mich mit Lyrik beschäftigt. So herrlich romantisch und traurig ;-)
Das ist doch eine interessante Beobachtung, finde ich. Warum sagst Du "herrlich romantisch und traurig"? Was geschieht da eigentlich, daß das Traurige auf einmal wie verwandelt ist, nicht mehr traurig, jadoch "traurig", aber anders traurig. Verklärt traurig? Beschönigt? Nein, das nicht. Ich weiß noch nicht, was genau ich meine. Ich weiß zwar genau, was Du mit "herrlich" meinst, aber der Ausdruck stimmt irgendwie nicht. Ist es so, daß das Wesen der Traurigkeit erfaßt wird? Jedenfalls scheint die Traurigkeit auf einmal annehmbar und richtig und in der Ordnung des Lebens.

Das ist übrigens kein Geschwafel.




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Friederike
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Di 15. Jan 2019, 12:30

Der Neue Realismus hat eine Abzweigung, die unter Spekulativer Neuer Realismus firmiert. Das hat meine Neugier nicht weiter geweckt. Derzeit gehöre ich noch zu der philosophischen Generation, für die die "alles Zeichen ist".




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Jörn Budesheim
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Di 15. Jan 2019, 19:53

Friederike hat geschrieben :
Di 15. Jan 2019, 08:35
Ich nehme eins raus @Joachim? Die Natur als Metapher für den Seelen- oder Gemütszustand ... ich mag das zuuu gern. Achso, ich hatte noch nie von ihr gehört.

February twilight
I stood beside a hill
Smooth with new-laid snow,
A single star looked out
From the cold evening glow.
There was no other creature
That saw what I could see
I stood and watched the evening star
As long as it watched me.


-Sara Teasdale-
Ich stand neben einem Hügel,
der glatt mit neuem Schnee bedeckt war,
ein einzelner Stern blickte
aus dem kalten Abendlicht heraus.
Es gab keine andere Kreatur,
die sah, was ich sehen konnte,
ich stand und beobachtete den Abendstern,
solange er mich beobachtete.

(Deeple)

Interessante Interpretation, Friederike. Für mich geht es weniger um Seelenzustände, sondern um einen Menschen, der sich (wie alle Menschen) in Bezug zum Kosmos setzen kann. Ein stilles Zwiegespräch zwischen Mensch und Stern. Ganz äußerlich!




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Joachim
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Di 15. Jan 2019, 21:37

Friederike hat geschrieben :
Di 15. Jan 2019, 12:05
Joachim hat geschrieben :
Mo 14. Jan 2019, 14:53
Oh, das habe ich in letzter Zeit häufiger gemacht, mich mit Lyrik beschäftigt. So herrlich romantisch und traurig ;-)
Das ist doch eine interessante Beobachtung, finde ich. Warum sagst Du "herrlich romantisch und traurig"? Was geschieht da eigentlich, daß das Traurige auf einmal wie verwandelt ist, nicht mehr traurig, jadoch "traurig", aber anders traurig. Verklärt traurig? Beschönigt? Nein, das nicht. Ich weiß noch nicht, was genau ich meine. Ich weiß zwar genau, was Du mit "herrlich" meinst, aber der Ausdruck stimmt irgendwie nicht. Ist es so, daß das Wesen der Traurigkeit erfaßt wird? Jedenfalls scheint die Traurigkeit auf einmal annehmbar und richtig und in der Ordnung des Lebens.

Das ist übrigens kein Geschwafel.
Mein Lieblingsgedicht von ihr ist:
"There Will Come Soft Rains"
(War Time)

There will come soft rains and the smell of the ground,
And swallows circling with their shimmering sound;

And frogs in the pools singing at night
And wild plum-trees in the tremulous white;

Robins will wear their feathery fire
Whistling their whims on a low fence wire;

And not one will know of the war, not one
Will care at last when it is done.

Not one would mind, neither bird nor tree
If mankind perished utterly;

And Spring herself, when she woke at dawn,
Would scarcely know that we were gone.
Mit herrlich traurig meine ich, so glaube ich, zweierlei. Zum einen war Sara Teasdale auch eine dieser tragischen Gestalten - sie ging eine Vernunftehe ein statt den Mann zu heiraten, den sie wirklich liebte. Später lässt sie sich scheiden, der Mann den sie liebte wählt aber den Freitod, und sie machte das später auch. Und ich habe einfach eine Schwäche für tragische Gestalten (warum auch immer).

Zum anderen ist es genau das, was Du geschrieben hast - die Traurigkeit wird auf eine seltsame Art und Weise "richtig" und gehört zum Leben dazu. Als ob ihr Wesen erfasst wird und sich in den Lauf des Lebens einfügt. Sie gehört einfach dazu, ist ein geradezu notwendiger Teil davon. So irgendwie würde ich es wohl beschreiben.

Joachim



"Under the most diverse conditions and disparate circumstances, we watch the development of the same phenomena - homelessness on an unprecedented scale, rootlessness to an unprecedented depth." Hannah Arendt

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Stefanie
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Di 15. Jan 2019, 22:09

Handball ist schlimmer als Eishockey und Fussball zusammen. 3 Sekunden zu spielen, 3, und das Ausgleichtor für die Franzosen fällt in der letzten Sekunde. Meine Nerven.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Friederike
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Mi 16. Jan 2019, 09:34

@Joachim, ich hatte gehofft, Du würdest sagen, welches Dein Lieblingspoem ist ... an der Oberfläche wirkt es so zart und flüchtig, daß man fast vergißt, daß es um das Sterben der Menschheit geht, nein, eigentlich drastischer, um das gegenseitige Abschlachten der Menschen.

Als ich über Teasdales Leben gestern las, habe ich auch gleich gedacht, daß sie zum Typ der "tragischen" Dichterinnen gehört (Woolf, Mansfield, Günderode fielen mir ein, auch wenn Mansfield gegen ihren Willen starb, aber sehr jung eben). Eigentlich hat man nur die Daten? Den geliebten Mann, den Ehemann, die Scheidung, den Freitod des geliebten Mannes ... schon diese Zusammenstellung ist natürlich eine "Geschichte", die man erzählt. Es sei denn, Teasdale hätte selber in Briefen oder Tagebuchaufzeichnungen ihre Geschichte so erzählt. Hat sie aber wohl nicht?




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Friederike
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Mi 16. Jan 2019, 11:41

Joachim hat geschrieben :
Di 15. Jan 2019, 21:37
Mein Lieblingsgedicht von ihr ist:
"There Will Come Soft Rains"
(War Time)

There will come soft rains and the smell of the ground,
And swallows circling with their shimmering sound;

And frogs in the pools singing at night
And wild plum-trees in the tremulous white;

Robins will wear their feathery fire
Whistling their whims on a low fence wire;

And not one will know of the war, not one
Will care at last when it is done.

Not one would mind, neither bird nor tree
If mankind perished utterly;

And Spring herself, when she woke at dawn,
Would scarcely know that we were gone.
Mich irritiert the "Spring" mit dem weiblichen Genus. Verstehe ich irgendwas, den Sinn, nicht richtig oder liegt es am dt. der Frühling?

NS: "Und wenn in der Morgen-Dämmerung der Frühling erwacht, wird er fast nichts davon wissen, daß wir fortgegangen sind". Dies nur meine inhaltliche Übersetzung. Nun wäre die Frage, ob "spring" im amerikanischen Englisch üblicherweise mit dem weiblichen Genus gebildet wird ober ob Teasdale bewußt vom üblichen männlichen Genus abweicht.




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Friederike
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Mi 16. Jan 2019, 12:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Jan 2019, 19:53
Für mich geht es weniger um Seelenzustände, sondern um einen Menschen, der sich (wie alle Menschen) in Bezug zum Kosmos setzen kann. Ein stilles Zwiegespräch zwischen Mensch und Stern. Ganz äußerlich!
Friedrichs "Der Wanderer über dem Nebelmeer"? Hm, ich schaue mal eben ... es ist kein "Zwiegespräch", wie Du es ausdrückst - irgendwie sind bei Friedrich der Mensch und der Kosmos getrennt. Eigentlich ist es diese Ferne, die das Eisige des Bildes ausmacht.




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Jörn Budesheim
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Mi 16. Jan 2019, 12:18

Ich dachte wir reden über dieses Gedicht???

"ich stand und beobachtete den Abendstern,
solange er mich beobachtete."




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Friederike
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Mi 16. Jan 2019, 13:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 16. Jan 2019, 12:18
Ich dachte wir reden über dieses Gedicht??? "ich stand und beobachtete den Abendstern, solange er mich beobachtete."
:lol: Ja, entschuldige, als ich Deine Auslegung des Gedichtes las, da tauchte sofort Friedrichs Nebelwanderer vor meinem inneren Auge auf. Also bin ich ähnlich wie ein Heuschreck gesprungen.




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Joachim
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Friederike hat geschrieben :
Mi 16. Jan 2019, 11:41

Mich irritiert the "Spring" mit dem weiblichen Genus. Verstehe ich irgendwas, den Sinn, nicht richtig oder liegt es am dt. der Frühling?

NS: "Und wenn in der Morgen-Dämmerung der Frühling erwacht, wird er fast nichts davon wissen, daß wir fortgegangen sind". Dies nur meine inhaltliche Übersetzung. Nun wäre die Frage, ob "spring" im amerikanischen Englisch üblicherweise mit dem weiblichen Genus gebildet wird ober ob Teasdale bewußt vom üblichen männlichen Genus abweicht.
Hallo Friederike,

ich habe nicht herausgefunden, welchen Genus "spring" im Englischen hat. Aber in der Malerei sind die Allegorien für den Frühling alle weiblich (oder anders formuliert: Mir sind keine männlichen bekannt), so dass das bei Teasdale vielleicht so eine Art künstlerischer, poetischer Griff in die Trickkiste ist. Aber vielleicht weiß ja jemand mehr hierzu.
Joachim



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Friederike
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Do 17. Jan 2019, 12:25

Joachim hat geschrieben :
Mi 16. Jan 2019, 22:30
[...] Aber in der Malerei sind die Allegorien für den Frühling alle weiblich (oder anders formuliert: Mir sind keine männlichen bekannt), so dass das bei Teasdale vielleicht so eine Art künstlerischer, poetischer Griff in die Trickkiste ist. [...]
Das wußte ich nicht. Inzwischen glaube ich, daß meine Irritation nur daher rührt, daß ich auf den deutschen Frühling programmiert bin.




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Jörn Budesheim
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Wird überall heftig diskutiert, was haltet ihr davon?




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Stefanie
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Fr 18. Jan 2019, 10:12

Mir ist der Spot ein bisschen zu pathetisch. Aber ansonsten keine Einwände.
Erwartungsgemäß sind die Kommentare, die den Spot ablehnen.

https://www.ksta.de/ratgeber/familie/vi ... n-31886994



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Jörn Budesheim
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Fr 18. Jan 2019, 11:09

„Hört auf damit, meinen Sohn zu sagen, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Er ist ein Junge, der ein Mann wird. Das ist okay. Männlichkeit ist nicht toxisch.“
Auf was in dem Clip bezieht sich das? Dieser und anderer dort zitierte Kommentare sind sehr schwer nachzuvollziehen, finde ich.




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Stefanie
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Fr 18. Jan 2019, 20:32

Auf den ersten Teil des Clips tippe ich mal. Damit will sich niemand identifizieren und beziehen es auf sich, also nehmen es persönlich. Dabei will aber niemand Männern das Grillen verbieten.
In dem von Dir auf Facebook geposteten Artikel vom Deutschlandfunk heißt es:

"Es kann passieren, dass Leute das ablehnen, dass sie sich abgestoßen fühlen. Toxische Männlichkeit ist ein schwieriges Thema, weil Männer oft das Gefühl haben, es meint sie und nicht ein gewisses Set von Verhaltensmustern und Regeln, das man ihnen beigebracht hat, um sich angeblich genau wie ein Mann zu verhalten. Aber diese Debatte ist überfällig und ich bin dankbar für diesen Clip.“

Dieser Kommentar geht in die ähnliche Richtung:

https://www.ksta.de/panorama/kommentar- ... --31888496



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Friederike
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Sa 19. Jan 2019, 18:43

Um 17.00 Uhr heute habe ich einen Mond gesehen !!! Unglaublich. Wie aus dem Bilderbuch. Groß, anscheinend ganz nah, mit dunklen Schatten. Mir fiel sofort S. Teasdale ein. Der Mond sah mich an, ich ihn.




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Stefanie
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So 20. Jan 2019, 21:26

Den Herren dürfte die gillette Werbung auch nicht gefallen...

https://www.butenunbinnen.de/nachrichte ... n-100.html



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Jörn Budesheim
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Mo 21. Jan 2019, 05:58

[...]

Tatsächlich thematisiert der Spot etwas, das insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften in den USA unter dem Begriff "toxic masculinity", also "Giftige Männlichkeit" verhandelt wird. Bestimmte Formen männlichen Verhaltens also, die als schädlich eingestuft werden - von sexueller Belästigung oder gar Vergewaltigung über andere Formen von Gewalt und Aggression bis hin zu - je nach Autor - männlichem Dominanzgehabe. In mehr als einer Fachpublikation wird der Begriff explizit mit Donald Trump in Verbindung gebracht, einem Mann, der bekanntlich vor anderen Männern damit angibt, er könne Frauen ungestraft zwischen die Beine fassen.

Allenfalls ein Grund zum Achselzucken

Es gibt eine offenbar nicht zu vernachlässigende Untergruppe von Männern in der westlichen Welt, die sich von solchen Diskursen bedroht fühlt. Die Überlappung zu rechten Kreisen ist groß, von #Gamergate bis AfD. Ich finde das bemerkenswert, denn eigentlich hatten wir uns doch längst darauf verständigt, dass Prügeln, Grabschen, Vergewaltigen, Herabwürdigen und so weiter nicht mehr zum Programm gehören sollten. So ein Werbespot sollte also allenfalls ein Grund zum Achselzucken sein.

[...]

http://spon.de/afo2s
Von mir hervorgehoben




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