Kaffeestübchen

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Jörn Budesheim
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AufDerSonne
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Di 12. Mär 2024, 10:29

Guten Tag alle zusammen

Mir ist kürzlich aufgefallen, dass viele Dinge ein Prozess sind. Zum Beispiel Hass und Liebe entwickeln sich in einem Prozess. Lernen ist sowieso immer ein Prozess. Nun meine Frage. Gibt es eine philosophische "Richtung", die besonders dieser Tatsache Aufmerksamkeit schenkt? Also dass fast alles ein Prozess ist und nicht einfach so da ist?



Ohne Gehirn kein Geist!

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Jörn Budesheim
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Di 12. Mär 2024, 10:38

Was ist für dich der Unterschied zwischen: (a) eine Ausdehnung in der Zeit haben und (b) ein Prozess sein?




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AufDerSonne
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Di 12. Mär 2024, 10:53

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 12. Mär 2024, 10:38
Was ist für dich der Unterschied zwischen: (a) eine Ausdehnung in der Zeit haben und (b) ein Prozess sein?
Eigentlich keiner. Ich habe mir gedacht, dass ein Prozess auch immer Zeit braucht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass ein Prozess unterbrochen werden kann und später wieder fortgesetzt werden könnte. Also er muss nicht stetig sein in der Zeit. Ah ja, vielleicht noch dies. Ein Prozess ist auf etwas gerichtet, hat ein Ziel. Mir kommt das Wort Entwicklung noch in den Sinn. Etwas entwickelt sich allmählich.
Bei einem Prozess ist aber die Zeit nicht wo wichtig. Wichtig sind der Anfangs- und Endzustand und was dazwischen passiert. Ich weiss nicht genau, wie man die Zeit in einen Zusammenhang bringt.

Wie siehst du es?



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Jörn Budesheim
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Di 12. Mär 2024, 10:58

Ich wollte herausbekommen, warum du nach "Prozess" fragst und nicht nach "Zeit".




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AufDerSonne
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Di 12. Mär 2024, 11:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 12. Mär 2024, 10:58
Ich wollte herausbekommen, warum du nach "Prozess" fragst und nicht nach "Zeit".
Ach so. Jetzt verstehe ich dich. Ich meine es vor allem auf alles Lebendige bezogen. Da ist die Zeit nicht immer so wichtig. Wichtig ist, dass man den Prozess durchmacht. Gewisse Entwicklungsschritte bleiben einem nicht erspart. Man kann sich aufschieben, aber nicht "umgehen". Man muss sie einmal machen. Die Zeit spielt eine Rolle, aber ist nicht das, was wichtig ist. Wichtig ist, dass man sich weiterentwickelt. Besonders beim Lernen und Denken finde ich das ein gutes Wort. Ein Denkprozess oder ein Lernprozess.



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Jörn Budesheim
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Di 12. Mär 2024, 13:53

Man kann ähnliche Prozesse schnell oder langsam durchlaufen. Zwei Beispiele:
  • Man kann das Abitur in 12 Jahren machen, aber vielleicht auch in 10, wenn man Klassen überspringen darf, vielleicht auch in 14, wenn man wiederholen darf. Der Prozess - das sage ich jetzt mal so aus der Hüfte geschossen - ist Pi mal Daumen der gleiche, aber die länger Zeit (die Dauer) variiert.
  • Ich glaube, wenn man trauert, durchläuft man einen bestimmten typischen Prozess, der wahrscheinlich zeitlich variieren kann. So in etwa würde ich mir das vorstellen.
Genaueres müsste man vielleicht in der Fachliteratur suchen. Ich würde daher zunächst davon ausgehen, dass ein Prozess, so vage es auch sein mag, eine Ordnung ist.




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Jörn Budesheim
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Mi 13. Mär 2024, 13:33



2019, also vor etwa fünf Jahren, luden mich Silvia Freyer und Lutz Freyer ein, an der ersten Ausstellung im Hugenottenhaus in Kassel teilzunehmen, die sie gemeinsam kuratiert und organisiert hatten.

Die Ausstellung hieß "Freie Zimmer" und war eine kleine Sensation in Kassel, das kann man ohne Übertreibung sagen. Mark-Christian von Busse schrieb in der HNA sinngemäß: "Kassel kann documenta auch zwischen den documenta-Ausstellungen!" Zur Eröffnung standen die Besucher bis zum Hotel Hessenland Schlange.

Die Ausstellung war an jedem Öffnungstag voll, ich war fast immer da und habe unendlich viele "Begleitungen" durch die Räume gemacht ... das war sicher eine meiner schönsten Ausstellungen überhaupt.

Weitere Ausstellungen im Hugenottenhaus folgten im jährlichen Rhythmus, insgesamt fünf. An vier davon habe ich teilgenommen. Ich bin sehr glücklich darüber. Jetzt ist es vorbei, das ist sehr traurig, aber die vielen schönen Momente bleiben. Diese Bilder dokumentieren mit einigen Fotos meine persönlichen Erinnerungen an dieses wunderbare Projekt.

Der Film zeigt neben meinen Zeichnungen Werken von Nele Waldert, Kathrin Brömse, Ricky Weber und Kirsten Uchman

Fotos: N.N., Pascal Heußner, Andreas Weber, Jörn Budesheim, Kathrin Brömse, Kirsten Uchman, Lutz Freyer




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Quk
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Mi 13. Mär 2024, 13:44

Die Räume und Werke erscheinen mir alle interessant und schön. Schade, dass es vorbei ist. Gibt es keine anderen Gebäude, wo man das fortführen könnte?




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Jörn Budesheim
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Mi 13. Mär 2024, 14:13

Im Moment werden solche Orte reihenweise geschlossen :-(
Aber wir geben natürlich nicht auf :-)




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Stefanie
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Mi 13. Mär 2024, 21:12

Was wird denn aus dem Haus?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Do 14. Mär 2024, 07:56

Das ist nicht so leicht zu erklären. Es ist ein größerer Komplex, der entwickelt wird. Ein kleiner Teil davon ist denkmalgeschützt. Es ist möglich, aber noch nicht sicher, dass dieser für Kunst und Kultur erhalten bleibt. Ein großer Teil des bisherigen Kunst- und Kulturprojektes bestand jedoch aus einer Brachfläche, einem Bombenkrater aus dem Zweiten Weltkrieg, der über einen längeren Zeitraum mit viel Eigeninitiative in eine sogenannte Kunstzone umgewandelt wurde. Dazu gehörte ein Café (innen und außen) mit Biergarten und Bühnen für Musik oder Lesungen. Dieser Teil ist bereits verloren, die meisten Bäume sind gefällt, er soll einer Tiergarage weichen. Wann diese gebaut wird, steht noch in den Sternen, aber erst einmal wurden Fakten geschaffen, die Bäume sind jetzt fast alle weg... Der größte Teil des Geländes wird wohl einem Hotelkomplex weichen.




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Quk
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Do 14. Mär 2024, 13:19

Ein Gedanke zur der wandelnden Aussprache von Wörtern. Ich frage mich oft, warum und wodurch eine bestimmte Aussprache im Lauf der Jahrhunderte sich veränderte. "Bordeaux", beispielsweise, wurde zu Beginn vielleicht wörtlich Bordeh-auks ausgesprochen, mit allen Buchstaben. Die Steuerung der Zunge und der Lippen wurde mit der Zeit wahrscheinlich nur nachlässiger. Besonders interessant finde ich die Vokalverschiebung des "i" im Englischen. Vielleicht hat das auch etwas mit Faulheit zu tun, obwohl die Verschiebung von "i" nach "ei" eigentlich einen muskulösen Mehraufwand darstellt, so scheint es zumindest, auf den ersten Blick -- oder Ton. Nice, Grice etc. Hieß das zuerst tatsächlich nitze, Gritze? -- Nun, wenn man die Mundmuskeln locker hält, kommt ein aaa-Ton heraus. Also wenn man ein Wort mit einem Konsonanten beginnt, hat man den Mund zunächst in aaa-Stellung. Von da an muss der Mund zur iii-Form bewegt werden. Das dauert einen Sekundenbruchteil. Auf den Britischen Inseln haben sich die Leute dafür wohl mehr und mehr Zeit genommen -- "nai..." --, anders als auf dem Kontinent, wo nach einem Konsonanten zackig der iii-Laut folgt -- "ni". Aus Faulheit kommt schließlich hinten noch das "e" weg, und dann haben wir statt "nitze" "nais". Die melodischen Italiener hingegen haben an den Wortenden die Vokale erhalten. Damite lässte ese siche schönere singeneee...




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Quk
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Do 14. Mär 2024, 20:34

Man kennt Kants berühmte 3-Punkt-Sätze "die Bedingung der Möglichkeit der X". Manchmal frage ich mich, ob die Nummer 2, also "die Möglichkeit", notwendig enthalten sein muss. Kann man nicht direkt von 1 auf 3 gehen? Die Bedingung der X.

Beispiel:

X: Das Buchlesen
Möglichkeit: Möglichkeit des Buchlesens
Bedingung: Licht

Licht ist eine Bedingung der Möglichkeit des Buchlesens, und die Möglichkeit des Buchlesens ermöglicht das tatsächliche Buchlesen.

Abgekürzt:
Licht ist eine Bedingung für das tatsächliche Buchlesen.

Welches Verständnisproblem wird bei so einer Abkürzung verursacht?




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Jörn Budesheim
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Do 14. Mär 2024, 20:40

Als ich im anderen Thread die Formel von der "Bedingung der Möglichkeit" in den Computer getippt habe, habe ich mich sofort gefragt, ob Dich diese Frage heute noch beschäftigt und ob Du etwas dazu schreiben würdest :)




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Quk
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Do 14. Mär 2024, 20:57

Heute noch? Habe ich das vor 20 Jahren auch schon mal gefragt? :-)




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Jörn Budesheim
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Do 14. Mär 2024, 21:02

Ja :)




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Quk
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Do 14. Mär 2024, 21:14

Erstaunlich :-)

Ich kann mich nicht mehr erinnern ...

Und ... gabs eine Lösung?




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Jörn Budesheim
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Für dich anscheinend nicht, für mich gab es gar kein Problem :) möglicherweise habe ich damals schon dieselbe Antwort gegeben, daran kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern :)

Ich finde die Formel sehr verständlich. Man kann sich ja fragen, wie Erkenntnis möglich ist, oder in dem anderen Strang, wie Sprache, bzw Gespräche möglich sind, das ist ja nicht voraussetzungslos, es ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die das ermöglichen. Und die Formel bringt das präzise auf den Punkt.




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Quk
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Do 14. Mär 2024, 21:38

Verständlich schon. Aber da wir uns gerade mit unnötiger Weitschweifigkeit befassen ... :-)




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