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Consul
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Do 15. Mai 2025, 23:14

Pragmatix hat geschrieben :
Do 15. Mai 2025, 10:20
Ob wir Grenzen offen oder hermetisch abgeriegelt (oder etwas dazwischen) haben sollen, kann nicht durch empirische Befunde legitimiert werden. Darüber könnte idealerweise gestritten werden, aber da es am Ergebnis nichts mehr ändert, scheint es müßig zu sein.
Es ist eine politische Frage, die theoretisch jedes Staatsvolk für sich beantworten muss, in dem Rahmen, in dem es die Spielregeln zulassen.
"Keine Darstellung wissenschaftlicher Fakten über die Welt kann allein bestimmen, was wir tun sollten. …Welche ethischen Grundsätze wir empfehlen, hängt letztlich davon ab, was wir wollen. Wissenschaftliche Fakten allein können uns keine moralischen Richtlinien geben.
Das soll nicht heißen, dass wissenschaftliche Fakten nicht von größter Bedeutung für die Ethik sind. Es ist lediglich so, dass wissenschaftliche Fakten allein kein ethisches System bestimmen. …Die Wissenschaft kann uns vielleicht sagen, welche Mittel zu welchen Zielen führen, aber sie kann uns nicht sagen, welche Ziele wir verfolgen sollen." [Google Translate]

(Smart, J. J. C. Philosophy and Scientific Realism. London: Routledge & Kegan Paul, 1963. pp. 154-5)
Ein liberaler Staat, für den die Menschenwürde und Menschenrechte normative Verfassungsgrundlagen sind, muss insoweit dem ethischen Kosmopolitismus gemäß handeln, dass ihm das Wohlergehen und Schicksal von Menschen in anderen Ländern nicht gleichgültig sein darf. Er hat eine moralische Verpflichtung zumindest gegenüber Flüchtlingen—d.i. Personen, die genötigt sind, ihr Heimatland zu verlassen, weil sie dort nicht (länger) in menschenwürdigen Verhältnissen leben können / weil sie dort die für ein menschenwürdiges Leben notwendigen Grundbedürfnisse nicht (länger) befriedigen können. Ein allgemeines Einwanderungsverbot ist damit nicht moralisch vereinbar. Andererseits muss die kosmopolitische Pflicht des Staates nicht durch eine bedingungs- und grenzenlose Einreisegenehmigung für alle Einreisewilligen erfüllt werden.

Im Gegensatz zu Lea Ypi (siehe unteres Zitat!) bin ich nicht der Meinung, dass die kosmopolitischen Pflichten des Staates grundsätzlich so weit gehen sollen, "die Bevorzugung von Landsleuten abzulehnen." Denn man darf von einem Staat, einer Regierung trotz ihrer humanitären Verantwortung gegenüber Ausländern keinen ethischen Antipatriotismus erwarten, der den Belangen (Interessen) von (außerhalb oder innerhalb des betreffenden Staates lebenden) Ausländern immer das gleiche oder gar ein größeres Gewicht beimisst als denjenigen von Inländern (Staatsangehörigen). Dies würde zu einer nicht wünschenswerten Aufhebung der nationalen Selbstbestimmung führen, und die (deutsche) Regierung hat zumal eine besondere Verantwortung gegenüber dem eigenen Staatsvolk:
"Die Eidesformel des deutschen Bundespräsidenten, Bundeskanzlers und der Bundesminister nach Art. 56 (und Art. 64) GG lautet:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)“

Auf die religiöse Beteuerung kann verzichtet werden."

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Eidesformel
Was ist ethischer/moralischer Kosmopolitismus?
"[Der moralische (oder ethische) Kosmopolitismus] befasst sich nicht mit Institutionen selbst, sondern mit der Grundlage, auf der Institutionen, Praktiken oder Handlungsweisen gerechtfertigt oder kritisiert werden sollten. Sein Kern ist die Idee, dass jeder Mensch gleichermaßen Gegenstand moralischer Belange ist oder dass bei der Begründung von Entscheidungen die Perspektiven aller Betroffenen gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Diese Art von Kosmopolitismus ist die natürliche Folge des individualistischen moralischen Egalitarismus, der oft mit der Aufklärung in Verbindung gebracht wird: Er wendet auf die ganze Welt die Maxime an, dass Antworten auf Fragen, was wir tun oder welche Institutionen wir schaffen sollten, auf einer unparteiischen Betrachtung der Ansprüche jedes Einzelnen beruhen sollten, der von unseren Entscheidungen betroffen wäre." [Google Translate]

(Beitz, Charles R. "Cosmopolitan Liberalism and the States System." In Political Restructuring in Europe: Ethical Perspectives, ed. by Chris Brown, 119-132. London: Routledge, 1994. p. 120)
"Der moralischer Kosmopolitismus ist die Ansicht, dass alle Menschen Mitglieder einer einzigen moralischen Gemeinschaft sind und allen anderen Menschen gegenüber moralische Verpflichtungen haben, unabhängig von ihrer Nationalität, Sprache, Religion, ihren Bräuchen usw. Seine Vertreter betrachten alle Menschen als gleichermaßen moralisch würdig und plädieren für Unparteilichkeit und Toleranz. Innerhalb dieser weit gefassten Definition kann moralischer Kosmopolitismus verschiedene Formen annehmen, je nachdem, wie man das Wesen der Moral betrachtet." [Google Translate]

(Kleingeld, Pauline. "Six Varieties of Cosmopolitanism in Late Eighteenth-Century Germany." Journal of the History of Ideas 60/3 (1999): 505–524. p. 507)
"Theoretiker definieren das Kernprinzip des moralischen Kosmopolitismus üblicherweise als die Anerkennung des gleichen moralischen Wertes aller individuellen Menschen." [Google Translate]

(Müller, Barbara Elisabeth. Cosmopolitanism as Nonrelationism: Who is Cosmopolitan Now? Cham: Palgrave Macmillan, 2022. p. 20)
"Die zentrale Idee des moralischen Kosmopolitismus besteht darin, dass jeder Mensch als höchste Einheit moralischer Belange einen globalen Status besitzt. Solche moralischen Belange können auf unzählige Weisen konkretisiert werden. Man kann sich auf subjektive Güter und Übel (menschliches Glück, Wunscherfüllung, Präferenzbefriedigung oder Schmerzvermeidung) oder auf objektivere (wie die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse, Fähigkeiten, Möglichkeiten oder Ressourcen) konzentrieren." [Google Translate]

(Pogge, Thomas W. "Cosmopolitanism and Sovereignty." Ethics 103/1 (1992): 48–75. p. 49)
"Der Kosmopolitismus kann leicht mit dem verwechselt werden (und wurde damit verwechselt), was wir Humanitarismus oder barmherziges Samaritertum nennen könnten. Das barmherzige Samaritertum fordert uns auf, andere als moralisch gleichberechtigt zu behandeln und ihnen so gut wie möglich zu helfen. Doch Kosmopolitismus verlangt nicht nur das. Kosmopolitismus besagt, dass uns ferne Mitmenschen genauso wichtig sein sollten wie unsere Lieben und Nahestehenden. Analysiert man den Begriff im historischen Kontext, erkennt man schnell, dass genau darin die Besonderheit dieser Position liegt.
In gewisser Weise ähnelt der Kosmopolitismus dem barmherzigen Samaritertum. Beide beinhalten eine Art proaktive Haltung gegenüber anderen. Doch es gibt auch wichtige Unterschiede. Der Kosmopolitismus fordert uns auf, die Bevorzugung von Landsleuten abzulehnen, was das barmherzige Samaritertum nicht tut. Die Ablehnung der Bevorzugung von Landsleuten impliziert, dass ich Nichtbürgern genauso viel schulde wie Bürgern. Um ein populäres Beispiel zu nennen: Wenn ich Mitbürgern Verteilungsgleichheit schulde, schulde ich diese auch Nichtbürgern." [Google Translate]

(Ypi, Lea. "Cosmopolitanism Without If and Without But." In Cosmopolitanism Versus Non-Cosmopolitanism: Critiques, Defenses, Reconceptualizations, ed. by Gillian Brock, 75-91. Oxford: Oxford University Press, 2013. pp. 75-6)
"Kosmopolitismus besagt, dass uns ferne Mitmenschen genauso wichtig sein sollten wie unsere Lieben und Nahestehenden." (Ypi) – Es stellt sich die Frage, ob wir Menschen dazu überhaupt psychisch, emotional imstande sind—insbesondere in Notlagen.



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Consul
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Fr 16. Mai 2025, 00:53

Quk hat geschrieben :
Do 15. Mai 2025, 13:12
Consul hat geschrieben :
Mi 14. Mai 2025, 21:09
Also: Volksdeutsche als ethnische Deutsche
Ich habe Schwierigkeiten, sogenannte "ethnische Deutsche" von ethnischen Franzosen, Belgiern, Niederländern, Schweizern, Österreichern, Polen, Tschechen, Slowaken, Slowenen, Kroaten, Ungarn, Finnen, Letten, Lithauern, Esten, Luxemburgern, Liechtensteinern, Italienern, Serben zu unterscheiden.

Zum Beispiel kann ich -- und das nur im Durchschnitt -- unterscheiden zwischen Spaniern und Mitteleuropäern -- im Durchschnitt! -- und nur optisch. In Spanien gibt es mehr Schwarzhaarige, aber nicht nur diese. Die Religion ist überwiegend christlich. Spanier teilen überwiegend die gemeinsamen Gesetze der EU. Traditionelle spanische Musik wird weltweit gerne gehört. Umgekehrt hören die meisten Spanier gerne internationale Musik. Ähnlich verhält es sich in Literatur und Bildender Kunst. Die spanische Sprache ist im Prinzip das einzige Merkmal der Unterscheidung. Aber Spanisch ist wiederum eine Weltsprache; sie wird in vielen Ländern gesprochen. Worin unterscheidet sich ein "ethnischer Argentinier" von einem "ethnischen Spanier"? Wo ist da die Sollbruchstelle?

Will sagen: Das sind doch alles Durchschnittlichkeiten mit fließenden Übergängen. Und in der mitteleuropäischen Region sind die Übergänge dermaßen weitläufig, dass ich die Deutschen nur anhand ihrer Deutschsprachigkeit erkennen kann. Das heißt für mich: Ein ethnisch Deutscher ist ein deutschsprachiger Mitteleuropäer.
Die naive Vorstellung, dass die Welt objektiv in diskrete, klar und deutlich voneinander getrennte Völker (Ethnien, Nationen) mit einem klar und deutlich bestimmten Wesen ("Volkscharakter") aufgeteilt ist—so wie ein statisches Mosaik oder Puzzle in diskrete und formstabile Teile—, entspricht zweifellos nicht der Wirklichkeit. Ethnien oder Nationen (nicht Nationalstaaten!) sind als eine soziologische Art menschlicher Kollektive oder Populationen in der Tat nur vage definierbar. Daraus, dass Ethnien/Nationen ziemlich wolkige soziale Gebilde sind, folgt allerdings nicht, dass es sie als Teile der gesellschaftlichen Wirklichkeit gar nicht gibt.

Ob ein Personenkollektiv aus ethnologischer/soziologischer Sicht eine Ethnie oder Nation bildet, hängt nicht nur von objektiven Aspekten wie einer gemeinsame Sprache oder einem gemeinsamen Siedlungsgebiet ab, sondern auch und hauptsächlich—oder sogar ausschließlich, wie manche Wissenschaftler meinen—von (inter-)subjektiven Aspekten der kollektiven Selbstrepräsentation (Selbstidentifikation) als ethnische oder nationale Gemeinschaft. Das heißt, zum Volksein gehört ein entsprechendes Selbstverständnis und Wirbewusstsein einer Bevölkerung als Volksgemeinschaft oder völkischem Verband—eine gelebte ethnische/nationale "Identität".

Um dein obiges Beispiel aufzugreifen: Die Deutschen sind zwar deutschsprachige Mitteleuropäer, aber nicht alle deutschsprachigen Mitteleuropäer sind Deutsche; denn es gibt es ja auch die Österreicher, die deutschsprachigen Schweizer und die deutschsprachigen Italiener (Südtiroler). Als Unterscheidungskriterium muss folglich auch das jeweilige völkische Selbstverständnis hinzugezogen werden: Die Deutschen (als Ethnie/Nation) sind deutschsprachige Mitteleuropäer, die sich Deutsche nennen und als solche betrachten.

So sieht der Nationalismus-Forscher Connor Walker die Dinge:
"Meine Definition beschreibt die Nation als die größte Gruppe, die den Glauben an eine gemeinsame Abstammung teilt; und sie ist die größte Gruppe, die durch die Berufung auf eine gemeinsame Verwandtschaft beeinflusst oder angeregt werden kann." [Google Translate]

(Connor, Walker. "The Dawning of Nations." In When is the Nation? Towards an Understanding of Theories of Nationalism, edited by Atsuko Ichijo & Gordana Uzelac, 40-46. Abingdon: Routledge, 2005. p. 40)
"Die Definition und Konzeptualisierung der Nation ist viel schwieriger, da ihr Wesen immateriell ist. Dieses Wesen ist ein psychologisches Band, das ein Volk verbindet und es in der unbewussten Überzeugung seiner Mitglieder auf entscheidende Weise von allen anderen Völkern unterscheidet. Die Natur dieses Bandes und seine Quelle bleiben im Dunkeln und schwer fassbar, und die daraus resultierende Schwierigkeit, die Nation zu definieren, wird von denjenigen, die sich dieser Aufgabe stellen, meist anerkannt." (S. 92)

"Bei der Analyse gesellschaftspolitischer Situationen kommt es letztlich nicht darauf an, was ist, sondern was die Menschen glauben [für seiend halten]." (S. 93)

"Jede Nation hat natürlich greifbare Merkmale und kann daher, sobald sie erkannt ist, konkret beschrieben werden. Die deutsche Nation lässt sich anhand ihrer Zahl, ihrer religiösen Zusammensetzung, ihrer Sprache, ihrer Lage und einer Reihe weiterer konkreter Faktoren beschreiben. Doch keines dieser Elemente ist notwendigerweise wesentlich für die deutsche Nation. Das Wesen der Nation ist, wie bereits erwähnt, eine Frage des Selbstbewusstseins. Viele der Probleme bei der Definition einer Nation sind gerade darauf zurückzuführen, dass es sich um eine selbstdefinierende Gruppe handelt. Deshalb haben Wissenschaftler wie Ernest Barker, Rupert Emerson, Carleton Hayes und Hans Kohn bei der Analyse und Beschreibung der Nation stets Begriffe wie Selbstgewahrsein (self-awareness) und Selbstbewusstsein (self-consciousness) verwendet. Es ist dieses Gruppenkonzept von Verwandtschaft und Einzigartigkeit, das das Wesen der Nation ausmacht, und greifbare Merkmale wie Religion und Sprache sind für die Nation nur insoweit von Bedeutung, als sie zu dieser Vorstellung oder Empfindung der Selbstidentität und Einzigartigkeit der Gruppe beitragen. Es ist erwähnenswert, dass eine Nation einige oder alle ihrer äußeren Merkmale verlieren oder verändern kann, ohne ihr Gefühl der lebenswichtigen Einzigartigkeit zu verlieren, die sie zu einer Nation macht. So könnten die Iren und die Hochlandschotten ihre Sprache verlieren, ohne ihre Überzeugung einer eigenständigen nationalen Identität zu verlieren. Ebenso können Juden ihre Zugehörigkeit zum Judentum aufgeben und gleichzeitig sehr bewusst mit der jüdischen Nation verbunden bleiben. In einer Zeit, in der die traditionellen Trachten, Zeremonien und anderen Bräuche, die einst Außenstehenden halfen, unterschiedliche Nationen zu identifizieren, einer zunehmenden globalen Konformität weichen, ist der Nationalismus im eigentlichen Sinne offensichtlich auf dem Vormarsch. Greifbare Merkmale stellen daher nicht den entscheidenden Faktor dar, und alle oben genannten Situationen, obwohl sie im Wesentlichen als sprachlich, religiös, rassisch usw. identifiziert werden, gehören in Wirklichkeit alle derselben Gattung an und beruhen letztlich auf unterschiedlichen nationalen Identitäten.

Es gibt mehrere Gründe für die Neigung, die greifbaren Erscheinungsformen der Nation mit ihrem psychologischen Wesen zu verwechseln. Ein Faktor ist, dass greifbare Elemente die am leichtesten zu erkennenden und zu konzeptualisierenden sind." (S. 104) [Google Translate]

(Connor, Walker. Ethnonationalism: The Quest for Understanding. Princeton, NJ: Princeton University Press, 1994.)



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Consul
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Fr 16. Mai 2025, 01:22

Quk hat geschrieben :
Do 15. Mai 2025, 13:12
Das heißt für mich: Ein ethnisch Deutscher ist ein deutschsprachiger Mitteleuropäer.
Ein Volksdeutscher muss nicht unbedingt in Deutschland oder anderswo in Mitteleuropa leben. Er muss nicht einmal dort geboren sein, aber es muss einen genealogischen Bezug zum deutschen Urvolk in Mitteleuropa geben.
Übrigens, ein solcher Bezug ist bei Russlanddeutschen zwar gegeben, aber viele von ihnen sprechen nicht Deutsch, sondern Russisch. Ungeachtet fehlender oder mangelnder Sprachkenntnisse gilt bei ihnen allein das Bekenntnis zum "Deutschtum" als hinreichende Bedingung für ihr Deutschsein.



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Quk
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Fr 16. Mai 2025, 01:24

Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 00:53
Das heißt, zum Volksein gehört ein entsprechendes Selbstverständnis und Wirbewusstsein einer Bevölkerung als Volksgemeinschaft oder völkischem Verband—eine gelebte ethnische/nationale "Identität".
Ja, sicher. Und genau dieses "Wirbewusstsein" möchte ich gerne untersuchen. Wie ist Deine Einschätzung? Verharren die meisten Wirbewussten ein Leben lang in ihrem in der Kindheit angelegten Wirbewusstsein? Oder ist das ein veränderliches Phänomen, das zum Beispiel auf Nachbarstaaten gefühlsmäßig erweiterbar ist? Ich schreibe bewusst "die meisten", weil ein gewisser Mindestanteil wohl lebenslang seine starre Ansicht behält.




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Fr 16. Mai 2025, 06:59

Consul hat geschrieben :
Do 15. Mai 2025, 23:14
Wissenschaftliche Fakten allein können uns keine moralischen Richtlinien geben.

(Smart, J. J. C. Philosophy and Scientific Realism. London: Routledge & Kegan Paul, 1963. pp. 154-5)
Im Prinzip akzeptiere ich das natürlich, aber es hat nichts mit meinen Einwänden gegen die Behauptungen von Pragmatix zu tun. Wenn jemand behauptet, dass x, dann haben "wissenschaftliche Fakten" (im vorliegenden Fall waren es soziologische Fakten) über x durchaus Bedeutung.



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Fr 16. Mai 2025, 07:04

Quk hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 01:24
Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 00:53
Das heißt, zum Volksein gehört ein entsprechendes Selbstverständnis und Wirbewusstsein einer Bevölkerung als Volksgemeinschaft oder völkischem Verband—eine gelebte ethnische/nationale "Identität".
Ja, sicher. Und genau dieses "Wirbewusstsein" möchte ich gerne untersuchen. Wie ist Deine Einschätzung? Verharren die meisten Wirbewussten ein Leben lang in ihrem in der Kindheit angelegten Wirbewusstsein? Oder ist das ein veränderliches Phänomen, das zum Beispiel auf Nachbarstaaten gefühlsmäßig erweiterbar ist? Ich schreibe bewusst "die meisten", weil ein gewisser Mindestanteil wohl lebenslang seine starre Ansicht behält.
Ethnische/nationale Identität ist trotz relativer Stabilität (u.a. infolge sozialisatorischer Prägung) eine Variable, ebenso wie eine ethnische/nationale Wir/Sie-Grenze. Zwei Völker können miteinander verschmelzen und ein neues völkisches Gemeinschaftsgefühl ausbilden. Das Deutschsein oder Deutschtum ist sowohl auf der Wir-Ebene ("Wir als Deutsche…") als auch auf der Ich-Ebene ("Ich als Deutscher…") unterschiedlich interpretierbar; und es findet ja tatsächlich seit langem ein ideologischer Kampf um die Deutungshoheit statt. Wie inklusiv bzw. exklusiv soll der "Club der Deutschen" sein?
"Für die ethnische Identität genügt der – ziemlich diffuse – Glaube an Gemeinsamkeiten der Geschichte, Abstammung, Sprache, Kultur und vielleicht auch Religion oder einer Teilmenge dieser Gemeinsamkeiten. Wie Einstellungen generell, so ist auch ethnische Identität weiter zerlegbar zumindest in eine kognitive Komponente (Glauben an und Wissen um die ethnische Zugehörigkeit), eine evaluative (positive, negative oder neutrale Bewertung dieser Zugehörigkeit), affektive/ emotionale (starke oder schwache Gefühle bezüglich dieser Zugehörigkeit) sowie schließlich eine praktische Komponente (Handlungsbereitschaft bezüglich dieser, also der ethnischen Zugehörigkeit, der Angehörigen der Ethnie und der Ethnie als Ganze)."

(Ammon, Ulrich. Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt. Berlin: de Gruyter, 2015. S. 153-4)



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Jörn Budesheim
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Fr 16. Mai 2025, 07:06

Die Deutschen: Wer wir sind. Wer wir sein wollen. Berichte zur Lage der Nation hat geschrieben : Vermeintliche Gewissheiten des deutschen Selbstbildes erodieren. Einigender, selbstbewusster Stolz auf handfeste Erfolge deutscher Tüchtigkeit, auch auf den gemeinschaftlichen Aufbau eines leistungsfähigen Sozialstaats, zerbröselt. Kaputte Straßen, defekte Brücken, eine marode und unzuverlässige Bahn werden als Zeichen eines allgemeinen Niedergangs wahrgenommen. Grundlegende Zweifel und pauschale Kritik an unserem Gemeinwesen insgesamt sind unüberhörbar. Verunsicherung und Zukunftsängste, zahlreiche Studien belegen es, nehmen stark zu, gerade auch bei Jüngeren.

[...]

Gibt es [...] überhaupt ein reales, fassbares „Wir“ in einer so ausdifferenzierten, modernen Gesellschaft wie der deutschen, mit allen ihren Unterschieden – und in Teilen auch Gegensätzen – zwischen Stadt und Land, West und Ost, Jungen und Älteren, Alteingesessenen und Zugewanderten, Gewinnern und Verlierern des globalen Wettbewerbs? Macht also die Suche nach einer „nationalen Identität“ der Deutschen heute, in der Mitte der Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts, wirklich Sinn, oder sollten wir uns (einstweilen) mit einer wenig gemeinschaftlich organisierten, höchst fluiden, im besten Fall auf wechselseitige Akzeptanz verpflichteten Pluralität zufriedengeben? Sind, so ist in diesem Zusammenhang zu fragen, die historischen Erfahrungen der Deutschen (in West und in Ost) noch prägend genug für ein gemeinsames Selbstverständnis? Reicht der Fundus an verbindenden Werten? Oder lassen sich auch heute die Deutschen einigende Vorstellungen von einer guten Zukunft, für sich wie für das Land, erkennen?

[...]

Zu den festen Säulen des deutschen Selbstverständnisses nach 1945 zählte über Jahrzehnte das „Nie wieder“ als zentrale Lehre aus Krieg und Holocaust. Natürlich waren die Vorstellungen von dem, was „nie wieder“ geschehen sollte, durchaus vielfältig, zumal aus west- und aus ostdeutscher Perspektive. Einiges blieb im Ungefähren – und veränderte sich im Laufe der Jahrzehnte weiter. Immerhin konnten dort, wo freie Wahlen möglich waren, rechtsextreme Parteien lange Zeit nur kurzfristig Erfolge erzielen, um anschließend wieder in der Versenkung zu verschwinden.

Das Tabu hielt viele Jahrzehnte stand.

Heute nicht mehr. Eine rechtspopulistische, partiell gesichert rechtsextreme Partei erzielt nahezu überall beträchtliche Wahlerfolge und hat sich insbesondere im Osten Deutschlands fest etabliert. Nur zu Teilen wird sie aus – möglicherweise vorübergehendem – Protest gegen die „Etablierten“ gewählt. Viele ihrer Anhängerinnen und Anhänger unterstützen aus voller Überzeugung die von ihr vertretenen radikalen, revisionistischen, fremdenfeindlichen und europakritischen Positionen, die sie selbst unter ihresgleichen in der EU weitgehend isolieren.
Zum Ausgleich für die entstandene CO2-Emission bei der Produktion dieses Buches unterstützen wir die Bereitstellung von effizienten Kochöfen in Sambia. Die verbesserten Kochöfen verbrauchen zwei Drittel weniger Brennmaterial und verringern so nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern auch die Rodung der lokalen Wälder. Durch die bessere Luftqualität in den Räumen werden Atemwegserkrankungen verringert, und Familien können Zeit und Geld sparen, da weniger Brennmaterial benötigt wird.
Aus dem gleichen Buch... Wie viele Deutsche würden wohl energisch zurückweisen, dass so eine Form von Wokeness zu ihrem Wirgefühl gehört? ;)



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Consul
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Fr 16. Mai 2025, 07:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 06:59
Consul hat geschrieben :
Do 15. Mai 2025, 23:14
Wissenschaftliche Fakten allein können uns keine moralischen Richtlinien geben.

(Smart, J. J. C. Philosophy and Scientific Realism. London: Routledge & Kegan Paul, 1963. pp. 154-5)
Im Prinzip akzeptiere ich das natürlich, aber es hat nichts mit meinen Einwänden gegen die Behauptungen von Pragmatix zu tun. Wenn jemand behauptet, dass x, dann haben "wissenschaftliche Fakten" über x durchaus Bedeutung.
Gewiss, und die Frage nach den Tatsachen spielt in ethischen Debatten durchaus eine zentrale Rolle, wenngleich sich moralische Urteile nicht aus Tatsachen logisch ableiten lassen. Die Berufung auf Tatsachen dient aber als Begründung moralischer Urteile.
"Jedes moralische Problem, das man sich vornimmt, lässt sich zwangsläufig in die folgenden Elemente unterteilen. Zunächst einmal gibt es Tatsachenfragen. Um das Beispiel zu nehmen, das ich gerade besprochen habe: Die Frage, ob die Psychologen Recht haben, die behaupten, dass es möglich ist, genetische Elemente in den Ursachen von Kriminalität zu identifizieren, ist eine Tatsachenfrage, die empirisch untersucht werden kann. Bei den meisten praktischen moralischen Problemen wird man feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Fragen, die geklärt werden müssen, bevor wir sie lösen können, Tatsachenfragen sind. Dies hat einige Philosophen zu der Annahme verleitet, dass die einzigen Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor wir sie lösen können, von dieser Art sind – dass, sobald alle Fakten bekannt sind, kein weiteres Problem mehr bestehen bleibt: Die Antwort auf die moralische Frage wird offensichtlich sein. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie wir später sehen werden. Aber sicherlich sind es die Tatsachenfragen, die 99 Prozent der Probleme verursachen. Wir können dies sehen, wenn wir zwei Personen untersuchen, die über eine moralische Frage streiten. Wir werden fast immer feststellen, dass die eine die angeblichen Tatsachen der anderen infrage stellt. Um noch einmal auf das Problem des Wehrpflichtigen zurückzukommen, der sich entscheiden muss, ob er zur Armee geht: Sein Hauptproblem besteht darin, herauszufinden, was beispielsweise in Vietnam tatsächlich passiert und welche tatsächlichen Folgen verschiedene Vorgehensweisen, sei es seitens seiner Regierung oder seiner Regierung, haben werden.

Dennoch ist es ziemlich offensichtlich, dass man alle Fakten, die jemand vorbringen wollte, herausfinden und dennoch im Zweifel darüber sein kann, was man tun soll. Dies wird deutlicher, wenn wir annehmen, dass es zwei Wehrpflichtige gibt, die über diese Frage streiten. Es ist offensichtlich, dass sie sich beispielsweise darauf einigen könnten, dass sie, wenn sie in die Streitkräfte eintreten und deren Befehlen gehorchen, bei Angriffen auf militärische Ziele viele Zivilisten töten würden. Einer von ihnen könnte es für moralisch unvertretbar halten, Zivilisten im Verlauf von Kämpfen zu töten (insbesondere wenn die Zivilisten nichts mit den Kämpfen zu tun hatten, sondern unschuldige Zuschauer waren). Der andere könnte denken, dass dies, obwohl an sich etwas Böses, notfalls getan werden müsste, um ein höheres Gut zu erreichen. Man kann sich über eine Tatsache einig sein, aber über ihre Bedeutung für eine moralische Frage uneinig sein." [Google Translate]

(Hare, R. M. Sorting Out Ethics. Oxford: Oxford University Press, 1997, S. 35–36)



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Fr 16. Mai 2025, 07:44

Nochmal: Pragmatix hat von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen gesprochen, die – wie er behauptet hat – teilweise Werte und Moralen mitbringen, die in keiner Weise kompatibel sind mit den unsrigen. Wenn es jedoch, wie wissenschaftliche Studien nahelegen, einem Grundbestand universeller Moralvorstellungen gibt, dann kann es meines Erachtens keine inkompatiblen Moralvorstellungen geben. Damit ist nicht zugleich behauptet, dass es keine Unterschiede, manchmal sogar große Unterschiede gibt. Ein Sein-Sollen-Fehlschluss liegt in meiner Argumentation keineswegs vor. Ich habe nichts weiter getan, als eine der Prämissen seiner Argumentation in Frage zu stellen.



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Fr 16. Mai 2025, 08:15

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 07:06
Die Deutschen: Wer wir sind. Wer wir sein wollen. Berichte zur Lage der Nation hat geschrieben :
Gibt es [...] überhaupt ein reales, fassbares „Wir“ in einer so ausdifferenzierten, modernen Gesellschaft wie der deutschen, mit allen ihren Unterschieden – und in Teilen auch Gegensätzen – zwischen Stadt und Land, West und Ost, Jungen und Älteren, Alteingesessenen und Zugewanderten, Gewinnern und Verlierern des globalen Wettbewerbs? Macht also die Suche nach einer „nationalen Identität“ der Deutschen heute, in der Mitte der Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts, wirklich Sinn, oder sollten wir uns (einstweilen) mit einer wenig gemeinschaftlich organisierten, höchst fluiden, im besten Fall auf wechselseitige Akzeptanz verpflichteten Pluralität zufriedengeben?
Ein bekannter Nationalismus-Experte definiert "nationale Identität" als "die kontinuierliche Reproduktion und Neuinterpretation des Musters an Symbolen, Werten, Mythen, Erinnerungen und Traditionen, die das unverwechselbare Erbe der Nationen ausmachen, durch die Mitglieder einer nationalen Gemeinschaft und die unterschiedliche Identifikation einzelner Mitglieder dieser Gemeinschaft mit diesem Erbe und seinen kulturellen Elementen." [Google Translate] (Smith, Anthony D. Nationalism. 2nd ed. Cambridge: Polity, 2010. p. 20)
Wenn wir Deutschen keine gemeinsamen "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" mehr haben und pflegen, dann verschwindet unsere nationale Identität, was ich nicht für wünschenswert halte.



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Fr 16. Mai 2025, 08:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 07:44
Nochmal: Pragmatix hat von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen gesprochen, die – wie er behauptet hat – teilweise Werte und Moralen mitbringen, die in keiner Weise kompatibel sind mit den unsrigen. Wenn es jedoch, wie wissenschaftliche Studien nahelegen, einem Grundbestand universeller Moralvorstellungen gibt, dann kann es meines Erachtens keine inkompatiblen Moralvorstellungen geben. Damit ist nicht zugleich behauptet, dass es keine Unterschiede, manchmal sogar große Unterschiede gibt. Ein Sein-Sollen-Fehlschluss liegt in meiner Argumentation keineswegs vor. Ich habe nichts weiter getan, als eine der Prämissen seiner Argumentation in Frage zu stellen.
Das habe ich verstanden, und dagegen ist nichts einzuwenden.



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Fr 16. Mai 2025, 20:59

Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 00:53
…Das heißt, zum Volksein gehört ein entsprechendes Selbstverständnis und Wirbewusstsein einer Bevölkerung als Volksgemeinschaft oder völkischem Verband—eine gelebte ethnische/nationale "Identität".
Wie man sieht, habe ich den Ausdruck "ethnische/nationale Identität" selbst verwendet; aber ich muss ehrlicherweise zugeben, dass die Rede von Identität(en) innerhalb der Psychologie, Soziologie, Ethnologie und Politologie sehr nebulös und problematisch ist. Denn darin ist mit "Identität" nicht einfach numerische Identität (Selbigkeit) oder qualitative Identität (Gleichheit, vollkommene Ähnlichkeit) gemeint, sondern irgendetwas anderes.

Man kann "Identität" im nichtlogischen, ontologischen Sinn einfach als "wer oder was etwas/jemand ist" definieren. Die Identität von etwas/jemandem ist dann seine "Washeit" oder (latinisiert) "Quiddität", die damit eine objektive Identität ist. Ich bin u.a. ein Mensch, und Menschsein ist Teil meiner (Gesamt-)Washeit, d.h. dessen, was ich (insgesamt) bin.
(Quidditäten sind Washeitenwas etwas/jemand ist—, wohingegen Qualitäten Wieheiten sind—wie etwas/jemand ist.)

So aufgefasst ist ein ontologischer Begriff von Identität klar und leicht verständlich. Leider finden sich in den oben erwähnten Fachgebieten viele andere und unterschiedliche Auffassungen von Identität. Eine als Quiddität definierte Identität ist, wie gesagt, eine objektive Identität; aber andere verstehen unter Identität etwas Subjektives. Da geht es dann nicht darum, was man objektiv ist, sondern darum, was man subjektiv zu sein glaubt. Subjektive Identität ist dann eigentlich subjektive Identifikation, Selbstidentifikation oder allgemeiner Selbstrepräsentation, zu der u.a. das Selbstbild und das Selbstverständnis gehören. (Zu den Formen von Selbstrepräsentation, siehe hier! [Google Translate])

Die Moral von der Geschichte ist, dass es aufgrund seiner Unklarheit und Vieldeutigkeit wohl besser wäre, im psychologischen/soziologischen/ethnologischen/politologischen Diskurs auf den Begriff "Identität" zu verzichten—falls damit nicht einfach logische Identität (numerische oder qualitative Identität) oder ontologische Identität (Quiddität) gemeint ist—und stattdessen andere, klarere und verständlichere Begriffe zu verwenden.

Tja, was ist also eigentlich mit "ethnischer/nationaler Identität" gemeint?
Wenn z.B. einfach mein Deutschersein als eine meiner Washeiten (Quidditäten) gemeint ist, dann habe ich keinerlei Verständnisproblem: Ich bin Deutscher, und Deutscher zu sein, ist Teil dessen, was ich (insgesamt) bin.
"Obwohl ‚Identität‘ sowohl im akademischen als auch im alltäglichen Diskurs ein äußerst populärer Begriff bleibt, handelt es sich um eine konzeptionell, praktisch und politisch ernsthaft problematische Redeweise. …[D]er Begriff ist so distanziert und vage, dass er entweder zu radikal weichen und lockeren Verwendungen führt, bei denen ‚Identität‘ für alles und jedes steht, oder er wird auf eine harte essentialistische Weise artikuliert, sodass der Begriff durch verdinglichte Gruppenzugehörigkeit Merkmale und Eigenschaften einzelner Menschen erhält." [Google Translate]

(Malešević, Siniša. Identity as Ideology: Understanding Ethnicity and Nationalism. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2006. p. 56)
""Identität", argumentieren wir, tendiert dazu, zu viel (im starken Sinne verstanden), zu wenig (im schwachen Sinne verstanden) oder gar nichts (aufgrund seiner schieren Mehrdeutigkeit) zu bedeuten. Wir ziehen eine Bilanz der konzeptionellen und theoretischen Arbeit, die "Identität" leisten soll, und schlagen vor, dass diese Arbeit mit anderen Begriffen besser geleistet werden könnte, die weniger mehrdeutig und nicht durch die verdinglichenden Konnotationen von "Identität" belastet sind." [Google Translate]

(Brubaker, Rogers, & Frederick Cooper. "Beyond 'Identity'." Theory and Society 29/1 (2000): 1–47. p. 1)
"Wenn es stimmt (und wir glauben, dass es so ist), dass der Begriff ‚Identität‘ so viele Bedeutungen hat, wie es Theorien gibt, die ihn verwenden, besteht offensichtlich eine große Gefahr der Verwirrung. Begriffliche Bedeutungen, die nur auf einer bestimmten Komplexitätsebene gültig sind, können auf anderen Ebenen fälschlicherweise verwendet werden." [Google Translate]

(De Levita, David J. The Concept of Identity. Translated by Ian Finlay. Paris: Mouton & Co, 1965. p. 3)



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Consul
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Fr 16. Mai 2025, 21:45

Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 20:59
""Identität", argumentieren wir, tendiert dazu, zu viel (im starken Sinne verstanden), zu wenig (im schwachen Sinne verstanden) oder gar nichts (aufgrund seiner schieren Mehrdeutigkeit) zu bedeuten. Wir ziehen eine Bilanz der konzeptionellen und theoretischen Arbeit, die "Identität" leisten soll, und schlagen vor, dass diese Arbeit mit anderen Begriffen besser geleistet werden könnte, die weniger mehrdeutig und nicht durch die verdinglichenden Konnotationen von "Identität" belastet sind." [Google Translate]

(Brubaker, Rogers, & Frederick Cooper. "Beyond 'Identity'." Theory and Society 29/1 (2000): 1–47. p. 1)
"Welche alternativen Begriffe könnten für „Identität“ stehen, um die theoretische Arbeit zu leisten, die „Identität“ leisten soll, ohne seine verwirrenden, widersprüchlichen Konnotationen? Angesichts der großen Bandbreite und Heterogenität der Arbeit, die mit „Identität“ geleistet wird, wäre es vergeblich, nach einem einzigen Ersatz zu suchen; denn ein solcher Begriff wäre ebenso überladen wie „Identität“ selbst. Unsere Strategie bestand vielmehr darin, das dichte Gewirr von Bedeutungen, das sich um den Begriff „Identität“ angesammelt hat, zu entwirren und die Arbeit auf eine Reihe weniger überladener Begriffe zu verteilen. Wir skizzieren hier drei Begriffsgruppen:

Identifikation und Kategorisierung

Selbstverständnis und soziale Verortung

Gemeinsamkeit (commonality), Verbundenheit (connectedness), "Gruppenheit" (groupness)"
[Google Translate mit einer Änderung meinerseits]

(Brubaker, Rogers, & Frederick Cooper. "Beyond 'Identity'." Theory and Society 29/1 (2000): 1–47. pp. 14-9)
Man kann unter (sozialer) Identität also auch "Kommunität", Gemeinsamkeit verstehen, d.i. was viele Menschen gemeinsam haben oder teilen, das sie zu einer (ethnischen/nationalen) Gemeinschaft macht.



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Timberlake
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Fr 16. Mai 2025, 22:10

Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 08:15
Wenn wir Deutschen keine gemeinsamen "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" mehr haben und pflegen, dann verschwindet unsere nationale Identität, was ich nicht für wünschenswert halte.
Ich halte das durchaus für wünschenswert. Wie ich übrigens als Weltbürger ganz grundsätzlich das Verschwinden aller nationaler "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" für wünschenswert halte. Würde doch damit auch der Quell dessen verschwinden, was wir derzeit in der Ukraine beobachten und natürlich auch die Migration infolgedessen.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 07:44
Nochmal: Pragmatix hat von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen gesprochen, die – wie er behauptet hat – teilweise Werte und Moralen mitbringen, die in keiner Weise kompatibel sind mit den unsrigen. Wenn es jedoch, wie wissenschaftliche Studien nahelegen, einem Grundbestand universeller Moralvorstellungen gibt, dann kann es meines Erachtens keine inkompatiblen Moralvorstellungen geben. Damit ist nicht zugleich behauptet, dass es keine Unterschiede, manchmal sogar große Unterschiede gibt. Ein Sein-Sollen-Fehlschluss liegt in meiner Argumentation keineswegs vor. Ich habe nichts weiter getan, als eine der Prämissen seiner Argumentation in Frage zu stellen.
Vor dem Hintergrund, dass es einen Grundbestand universeller Moralvorstellungen gibt, wie wissenschaftliche Studien nahelegen, zumindest vorstellbar. Kant hat übrigens mit seinem kategorischen Imperativ, wie ich finde, diese universellen Moralvorstellungen sehr schön auf den Punkt gebracht. Der funktioniert allerdings meiner Meinung nach nur, weil Kants Selbstzweckformel untergrabend, wenn man nationale "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" abschwört. Heißt es doch nach dieser Formel, dass nur der Mensch bzw. die Person Zweck an sich selbst ist. Denn nur der Mensch hat einen Wert an sich. Ob man für sich einen Migrationshintergrund hat oder nicht.





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Consul
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Sa 17. Mai 2025, 22:06

Timberlake hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 22:10
Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 08:15
Wenn wir Deutschen keine gemeinsamen "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" mehr haben und pflegen, dann verschwindet unsere nationale Identität, was ich nicht für wünschenswert halte.
Ich halte das durchaus für wünschenswert. Wie ich übrigens als Weltbürger ganz grundsätzlich das Verschwinden aller nationaler "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" für wünschenswert halte. Würde doch damit auch der Quell dessen verschwinden, was wir derzeit in der Ukraine beobachten und natürlich auch die Migration infolgedessen.

Wir sollten nie vergessen, dass alle Menschen eine grundlegende natürliche Gemeinsamkeit haben: Wir gehören alle zu ein und derselben Tierart Homo sapiens. Dennoch halte ich das Ideal einer Menschheit mit einer kosmopolitischen, globalen "Humanidentität" ohne irgendwelche regionalen, ethnischen/nationalen Identitäten weder für anstrebenswert noch für praktisch verwirklichbar. Damit meine ich wohlgemerkt nicht, dass es ausschließlich ethnische/nationale Identitäten und keinerlei supranationale Identitäten geben sollte. Ich bin Mensch, Europäer und Deutscher!
Timberlake hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 22:10
Ich halte das durchaus für wünschenswert. Wie ich übrigens als Weltbürger ganz grundsätzlich das Verschwinden aller nationaler "Symbole, Werte, Mythen, Erinnerungen und Traditionen" für wünschenswert halte. Würde doch damit auch der Quell dessen verschwinden, was wir derzeit in der Ukraine beobachten und natürlich auch die Migration infolgedessen.
Mit der nationalen Identität würde auch eine Quelle der Solidarität verschwinden.

Der zu Kriegen führende expansionistisch-imperialistische Nationalismus, wie er von Putins Regime betrieben wird, ist verdammenswert; aber er ist nicht die einzige Form von Nationalismus.



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Burkart
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So 18. Mai 2025, 09:16

Consul hat geschrieben :
Sa 17. Mai 2025, 22:06
Mit der nationalen Identität würde auch eine Quelle der Solidarität verschwinden.
Na ja, wenn ich so sehe, wer in unseren Bundesliga-Vereinen so spielt... da ist die Nationalität nicht wichtig, nur der Verein... und so die Solidarität seiner Fans zu ihm...



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Timberlake
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Mo 19. Mai 2025, 01:18

Consul hat geschrieben :
Sa 17. Mai 2025, 22:06
Der zu Kriegen führende expansionistisch-imperialistische Nationalismus, wie er von Putins Regime betrieben wird, ist verdammenswert; aber er ist nicht die einzige Form von Nationalismus.
Richtig, das ist nicht die einzige Form von Nationalismus. Aber der zu Kriegen führende expansionistisch-imperialistische Nationalismus hat nun einmal naturgemäß seinen Ursprung im Nationalismus. Erinnert sei dazu an das Friedensdreieck zur Erreichung des ewigen Friedens von Kant.




Bild

Ein Dreieck, an dem sich, meiner Meinung nach, übrigens auch die Migration festmachen lässt. Was hat denn der "internationale" UN-Flüchtlingspakt und UN-Migrationspakt bisher bewirkt? Ich denke mal in etwa soviel, wie Art. 2 Nr. 4 der "internationalen" UN-Charta, die den Gebrauch und die Androhung militärischer Gewalt gegen andere Staaten verbietet … so gut wie NICHTS! Wo wäre denn in den öffentlichen Diskussionen, zu diesen Themen, diese internationale Organisation und dieser Pakt wie auch diese Charta jemals auch nur bloß erwähnt worden? In meiner Erinnerung ist mir diesbezüglich jedenfalls nichts haften geblieben. Ich habe hier im Forum mal nach Beiträgen suchen lassen, die das Wort "UNO" beinhalten. Die Suche ergab ganze 29 Treffer!




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Stefanie
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Mo 19. Mai 2025, 07:42

Na ja, die Abkürzung UN ist wesentlich mehr genannt worden. Nur nach UN suchen geht nicht, da es nur zwei Buchstaben hat.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)

Timberlake
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Mo 19. Mai 2025, 13:51

Natürlich habe ich hier auch nach dem Kürzel "UN" suchen lassen. Um genau zu werden, mit folgendem Ergebnis …
  • "Die folgenden Wörter deiner Suchanfrage wurden ignoriert, da sie zu häufig vorkommen: un.
    Du musst mindestens ein Wort angeben, nach dem gesucht werden soll. Jedes Wort muss aus mindestens 3 Zeichen bestehen und darf ohne Platzhalter nicht mehr als 14 Zeichen haben"
Das die Abkürzung UN im Sinne des Wortes UNO wesentlich mehr genannt worden, kann man meiner Meinung nach allerdings erst dann nachvollziehen, wenn einem das anhand der entsprechenden Beiträge auch aufgelistet wird. Sicherlich verunmöglicht durch die Tatsache, dass ein Wort aus mindestens 3 Zeichen bestehen muss,

Aber glücklicherweise gibt es da ja noch das Wort "UN-Charta" ...

  • "Die Suche ergab 1 Treffer : UN-Charta
    . von Kant. https://encrypted-tbn0.gstatic.com/imag ... 6R5yMtiA&s Ein Dreieck, an dem sich, meiner Meinung ... Ich denke mal in etwa soviel, wie Art. 2 Nr. 4 der "internationalen" UN-Charta , die den Gebrauch und die Androhung militärischer Gewalt gegen andere ..."
.. und "UN-Migrationspakt". Weil mehr als 14 Zeichen, habe ich mal nach demn Wort "Migration" suchen lassen ...
  • "Die Suche ergab 17 Treffer : Migration"
Ich finde es doch vor diesem "Hintergrund" doch immer wieder interessant, sich anhand der Suche nach Schlüsselworten darüber in Kenntnis zu setzten, wofür sich die User hier schwerpunktmäßig so interessieren oder auch nicht.

Dazu nur mal zum Vergleich "Der neue Realismus" von Markus Gabriel . So ergab die Suche nach den Worten "Markus" und "Gabriel" jeweils folgendes ..
  • "Die folgenden Wörter deiner Suchanfrage wurden ignoriert, da sie zu häufig vorkommen: markus."
  • "Die folgenden Wörter deiner Suchanfrage wurden ignoriert, da sie zu häufig vorkommen: gabriel."
zeit.de hat geschrieben :

Markus Gabriel: "Real ist, was real ist"


ZEIT Campus: Sie sagen, wir leben wie in einem Film?

Gabriel: Wir entscheiden, in welchem Film wir uns bewegen wollen. Wenn wir mit Kopfhörern durch die Straßen ziehen, wählen wir eine Musik, die dazu passt. Wir gehen von Film zu Film. Auch das sind Sinnfelder.
Offenbar entscheiden wir tatsächlich, in welchem Film wir uns bewegen wollen. Die einen in dem Film "Der neue Realismus" von Markus Gabriel und die anderen in dem Film "Migranten". Wir wählen die Musik. Übrigens sind auch das jeweils Sinnfelder. Nur mit dem Unterschied, dass die einen die "Top 50 Chart-Hits" von Dialogos anführen und die anderen womöglich so weit abgeschlagen sind, dass sie darin erst gar nicht auftauchen.




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Consul
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Mo 26. Mai 2025, 05:23

Consul hat geschrieben :
Fr 16. Mai 2025, 00:53
Ob ein Personenkollektiv aus ethnologischer/soziologischer Sicht eine Ethnie oder Nation bildet, hängt nicht nur von objektiven Aspekten wie einer gemeinsame Sprache oder einem gemeinsamen Siedlungsgebiet ab, sondern auch und hauptsächlich—oder sogar ausschließlich, wie manche Wissenschaftler meinen—von (inter-)subjektiven Aspekten der kollektiven Selbstrepräsentation (Selbstidentifikation) als ethnische oder nationale Gemeinschaft. Das heißt, zum Volksein gehört ein entsprechendes Selbstverständnis und Wirbewusstsein einer Bevölkerung als Volksgemeinschaft oder völkischem Verband—eine gelebte ethnische/nationale "Identität".
"In the beginning there was no Germany and there were no Germans. In the beginning there was Europe, that is, those parts of western, central and southern Europe which at the time of Charlemagne’s death in 814 formed the Carolingian Empire."
——————
"Am Anfang gab es kein Deutschland und keine Deutschen. Am Anfang war Europa, das heißt jene Teile West-, Mittel- und Südeuropas, die zum Zeitpunkt des Todes Karls des Großen im Jahr 814 das Karolingerreich bildeten." [Google Translate]

(Wende, Peter. A History of Germany. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2005. p. 2)
Wer die deutsche Nation (als völkisches Gebilde) bereits mit den spätantiken und frühmittelalterlichen Germanenstämmen beginnen lässt, der irrt sich. Ebenso irrt sich, wer behauptet, die deutsche Nation sei eine Erfindung der nationalistischen Bewegung im 19. Jahrhundert. (Wohlgemerkt: Nation ≠ Nationalstaat!)
"German identity began to take shape in the late Middle Ages during a period of political weakness and fragmentation for the Holy Roman Empire, the monarchy under which most Germans lived. Between the thirteenth and fifteenth centuries, the idea that there existed a single German people, with its own lands, language and character, became increasingly widespread, as was expressed in written works of the period."
——————
"Die deutsche Identität begann sich im Spätmittelalter herauszubilden, während einer Zeit politischer Schwäche und Zersplitterung des Heiligen Römischen Reiches, der Monarchie, unter der die meisten Deutschen lebten. Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert verbreitete sich die Vorstellung immer mehr, dass es ein einziges deutsches Volk mit eigenem Land, eigener Sprache und eigenem Charakter gebe, wie in den Schriften dieser Zeit zum Ausdruck kam." [Google Translate]

(Scales, Len. The Shaping of German Identity: Authority and Crisis, 1245–1414. Cambridge: Cambridge University Press, 2012. Klappentext)

"[T]he period between the thirteenth and fifteenth centuries [is] the earliest moment in the German past to yield a significant quantity and variety of evidence invoking the idea of a German people and a German political community."
——————
"Die Zeit zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist der früheste Moment in der deutschen Vergangenheit, der eine bedeutende Menge und Vielfalt von Zeugnissen hervorgebracht hat, die die Idee eines deutschen Volkes und einer deutschen politischen Gemeinschaft anführen." [DeepL mit Änderungen meinerseits]

(Scales, Len. The Shaping of German Identity: Authority and Crisis, 1245–1414. Cambridge: Cambridge University Press, 2012. p. 528)



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