Stefanie hat geschrieben : ↑ Fr 8. Dez 2023, 23:59
Rassismus liegt also bei Dir dann vor, wenn eine Diskriminierung aufgrund der anderen Punkte - hier Alter, Hautfarbe, Geschlecht - erfolgt. Richtig? Ohne diese Diskriminierung kein Rassismus?
Unter Diskriminierung verstehe ich Absonderung. Absonderung ist im Begriff Rasse schon innewohnend. Man denkt sich eine Rasse, also eine Gruppe aus. Den Gruppenmitgliedern weist man vermeintlich gleiche Eigenschaften zu. Alle Wesen mit Hufen seien Huftiere. Alle Wesen mit großen Nasen seien Juden. Alle alten, weißen, männlichen Menschen seien Zurückgebliebene.
Das Streben nach bestimmten sozialen Anliegen nenne ich
Ismus.
Das Streben nach Gruppeneinteilungen (Rasseneinteilungen), welche auch immer, nenne ich Rassismus.
Das Streben nach Aktionen, welche auch immer, nenne ich Aktionismus.
Das Streben nach Freiheit (Liberalität), welche auch immer, nenne ich Liberalismus.
Das Streben nach Gemeinschaft (Sozialität), welche auch immer, nenne ich Sozialismus.
Das Streben nach Geschlechtseinteilungen (englisch sex = Geschlecht), welche auch immer, nenne ich Sexismus (eine Unterart des Rassismus).
Und so weiter.
Wenn man das Streben nach einem bestimmten Anliegen etwas dämpft, wird das Anliegen weniger
-istisch. Vielleicht auch weniger ideologisch.
Diese Ismen müssen nicht notwendig schlecht gemeint sein; sie können auch gut gemeint sein. Also je nach persönlicher Ansicht, kann man den Liberalismus gut oder schlecht finden -- schaue ich auf die Freiheit eines Geringverdieners oder auf die freie Fahrt auf der Autobahn? Oder Rassismus: Ich kann gutmeinend die Vorstellung haben, alle Schwarzen seien tolle Basketballspieler und klasse Tänzer. Das ist zwar kein negativer, sondern ein positiver Rassismus, aber ich nenne das trotzdem Rassismus. Siehe oben den Begriff "Entindividualisierung".
Individuen werden einfach zusammengefasst und damit abgesondert von jenen, die Individuen bleiben dürfen.
Es gibt auch Paradoxa: Wenn ein alter, weißer Mann sagt: "Der übergriffige Kerl da drüben ist ein typischer alter, weißer Mann!", dann gibt der Sprecher dieses Satzes zu erkennen, dass er schon weiterentwickelter ist, obwohl er selbst auch alt und weiß ist. Er behält aber den Rassismus bei, indem er selbst sich als Individuum herausstellt und alle anderen alten Weißen entindividualisiert.
Oder, wenn eine Deutsche sagt: "Oje, diese Angst ist mal wieder typisch deutsch. Kein Mut in Sicht." -- Die Sprecherin gibt zu erkennen, dass sie keine Angst hat und mutig ist, obwohl sie deutsch ist. Trotzdem hat sie das Bedürfnis, sich zu überhöhen, indem sie sich eine Gruppe ausdenkt (
die "Deutschen"), diese dann absondert und deren Mitglieder entindividualisiert, damit die Sprecherin selbst als Individuum heraussticht. Als ob sie eine Dame von Welt sei im Gegensatz von Deutschland, das nur einen winzigen Teil der Welt ausmacht. Abgesehen davon, dass diese Verallgemeinerung paradox ist: Sie ist nicht wahr. Angst und Mutlosigkeit gibt es in Deutschland nur teilweise, und ebenso teilweise gibt es sie in anderen Ländern.
Ich will damit sagen, dass solche Pauschal-Sprüche manchmal auch einfach nur unüberlegt aus dem Rückenmark geschossen kommen. Ich meine, man sollte sich das bewusst machen und darüber nachdenken.