iselilja hat geschrieben : ↑ Fr 26. Mär 2021, 15:02
sokrates_is_alive hat geschrieben : ↑ Fr 26. Mär 2021, 09:05
Daher meine Antwort auf die Frage nach der Angemessenheit des Kapitalismus: In dieser Ausprägung "Nein" und es besteht dringender Korrekturbedarf.
Leichter gesagt als getan.. denn wo müsste denn die Korrektur anfangen? Es gibt viele Leute, die meinen, man müsse einfach bessere Gesetze machen und dadurch eine derartige Anhäufung verhindern. Moralisch hört sich das alles auch ganz gut an. Aber warum scheitert das mit Sicherheit?
Ganz einfach, weil die Korrektur beim Menschen selbst anfangen müsste. Der "niedere" Mensch wird immer wieder dafür sorgen, dass das aristokratische Prinzip sich etablieren kann. Man könnte fast sagen, es ist ein Naturgesetz, das die Natur des Menschen offenbart. Der Mensch glaubt eben schönen Versprechungen eher als den Tatsachen ins Auge zu sehen. Und solange Menschen für wertlose Produkte horrende Summen bezahlen, werden Menschen, die den Plunder verkaufen reicher. So ist das. Man könnte nun sagen: na dann muss man eben die Menschen besser aufklären. Hat man im Sozialismus versucht. Menschen (als Masse) lassen sich nicht aufklären, wenn es Götzen gibt, die sie anbeten können.
Da bin ich nicht ganz so pessimistisch. Es sind viele kleine Schritte und man wird nie 100% erreichen. Aber ein für mich positives Beispiel war die Bürgermeisterwahl in Reykjavík vor etlichen Jahren. Da sagte der Bürgermeister vor der Wahl, was er ändern will, warum und was es kostet (nämlich mehr Geld für den Einzelnen). Sein Wahlkampfteam sagte, dass sei politischer Selbstmord und - er wurde gewählt. Mit Ehrlichkeit und Diskussion geht es halt auch. "Niedere Menschen" kenne ich nicht, aber bestimmt solche, die unser geschwollenes Gerede nicht verstehen und sich deshalb wegdrehen oder solche, die mit ihren alltäglichen Problemen vollauf beschäftigt sind. Menschen sind auch niemals "Masse", sondern wir sortieren sie fein säuberlich in Klassen und Kategorien, in "Bildungsferne Schichten", "Prekariat", "Avantgarde", "Träumer" etc. und sagen ihnen das so oft bis sie es selbst glauben. Ja, Menschen haben Träume, Vorstellungen, Ziele und sind verführbar - aber Menschen setzen sich auch für Ideale ein, suchen Antworten und wollen, das es besser geht (meistens besser für die eigenen Kinder). Das ist für mich kein schlechtes Startkapital.
Im real existierenden Sozialismus (sowohl DDR als Sowjetunion) gab es auch immer wieder Reformansätze, aber eine grundlegende Diskussion über Ziele und
Richtungen mit einer breiten Basis war nicht möglich.
Nur am Rande: in der viel gescholtenen DDR war das BIP bis 1969 höher als z.B. in Großbritannien. Für mich ist sowohl der real
existierende Sozialismus als auch der Kapitalismus gescheitert, nur dass uns weiterhin fein brav die Überlegenheit des Kapitalismus als
Glaubensgrundsatz vorgebetet wird.
Ein Leser in TP (Pseudonym Krassmann) hat das in einem Post auf TP am 10.05.2019 mal so zusammengefasst: "Demokratischer Sozialismus mit agilen Prinzipien und eine reformierte Demokratie ohne korrupte Repräsentanten könnten zu einer gerechten und partizipativen und effizienten Gesellschaft führen."