Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mi 28. Feb 2018, 10:07
herbert clemens hat geschrieben : ↑ Mi 28. Feb 2018, 09:26
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die ein hohes Maß an Selbstbestimmung für alle Menschen aufweist. In der die Produzenten in erster Linie an dem Wohle der Konsumenten interessiert sind.
Selbstbestimmung sollte auch aus meiner Sicht eine Basis jeder Gesellschaft sein. Daraus folgt jedoch zunächst einmal, dass Produzenten sich an dem orientieren dürfen, was sie selbst für richtig erachten. Wenn sie sich allein für Gewinne interessieren, dann ist das eben so. Auch diese Freiheit darf nicht ohne weiteres eingeschränkt werden. Denn Freiheit ist das oberste Gebot. Die Freiheit des Einzelnen endet jedoch da, wo die Freiheit eines Anderen tangiert wird, aber auch nicht früher. Wenn jemand sich entscheidet, dass „Gewinn“ für ihn die einzige Möglichkeit ist, dann hat er alles Recht dazu. An diesem Punkt kann ich dir auf keinen Fall zustimmen. Freiheit ist nämlich immer auch die Freiheit des anders Denkenden. Dass du (ich oder wer auch immer) Gewinnmaximierung nicht magst, kann nicht ohne weiteres ein Kriterium sein.
Verschiedene und konkurrierende Lebensentwürfe müssen selbstverständlich möglich sein und wenn jemand möglichst reich werden will, dann ist das Ausdruck seiner Freiheit. Die Freiheit des Unternehmers kann natürlich nicht grenzenlos sein. Weil die Anderen die natürliche Grenze sind. Aus der Unternehmerfreiheit folgt also zum Beispiel nicht, dass er Arbeiter unter unmenschlichen Bedingungen und mit unzureichender Bezahlung "halten" darf. Wie man hier die Balance zwischen den verschiedenen Freiheiten bewahrt, das ist natürlich die große Frage. Deine Ansätze scheinen mir erhebliche Einschränkungen der Freiheit vorzusehen. Und das kann ich nicht gut heißen.
Dass Gewinnmaximierung als Ziel des Handelns auftaucht, ist einer bestimmten geschichtlichen Form der Wirtschaftsweise geschuldet. In anderen Formen, in anderen geschichtlichen Epochen, taucht sie nicht auf. Es ist keine „natürliche“ oder anthropologische Konstante. Deshalb ist sie für mich nicht einfach so ein offensichtlicher Inhalt von Selbstbestimmung.
Ich habe auführlich geschildert, dass ich auch in erster Linie die Selbstbestimmung des Produzenten als wichtig ansehe. Die Selbstbestimmung des Produzenten richtet sich in jeder Gesellschaftsform gleich welcher wirtschaftlichen Organisationsform auf die Idee, ein Produkt zu entwickeln, und auf die Weise, wie dies bewerkstelligt wird. Diese Freiheit schätze ich als sehr wichtig ein (und habe deswegen Bedenken gegenüber einer demokratischen Planwirtschaft (tarvoc)).
Als Gedankenexperiment stelle ich dem Kapitalismus, der Gewinnmaximierung für alle als Ziel angibt, aber nur wenigen Besitzenden die Möglichkeit zur Realisierung gibt, eine soziale nachhaltige Marktwirtschaft gegenüber. Die Freiheit, seinen Reichtum in der quantitativen Ausweitung des Konsums zu verwirklichen, wäre nicht abgeschafft, die Freiheit, sich Reichtum auf Kosten anderer, zu erwerben, allerdings wohl. Noch einmal anders formuliert, materieller Reichtum, wegen meiner in Geldquantitäten gemessen, ist in meinem Denken durchaus akzeptabel,
Die demokratisch legitimierte Abschaffung von Aktiengesellschaften als Rechtsform wäre nach meinem jetzigen Erkenntnisstand andererseits durchaus wünschenswert. (Diese Idee ist übrigens für mich neu, und aus dem Gespräch hier entstanden.) Zur Zeit ist sie wohl nicht realistisch (also habt keine Sorge).
Aber: Was wäre, wenn tatsächlich 9 von 10 Menschen sich für ein anders Wirtschaftsmodell in einer demokratischen Wahl entscheiden würden?
Eine unangemessenen Einschränkung von Freiheiten mir zu unterstellen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin Anhänger von kleinen Brauereien, die dunkles Bier brauen.