Arbeit

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
Steinmetz
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Do 8. Sep 2022, 10:37

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 09:19
Arbeitet ein Eichhörnchen, wenn es Nüsse sammelt?
Nach dieser Definition von Hanna Arendt anscheinend schon.




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Jörn Budesheim
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Do 8. Sep 2022, 11:42

Ist die Vorstellung, dass Tiere arbeiten, nicht abwegig?




Steinmetz
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Do 8. Sep 2022, 15:03

Wenn wir uns selbst als Teil der Tierwelt betrachten nicht. Natürlich kann man sich ein Meerschweinchen mit Aktentasche unterm Arm schwer vorstellen.




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Jörn Budesheim
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Do 8. Sep 2022, 15:09

Steinmetz hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 15:03
Wenn wir uns selbst als Teil der Tierwelt betrachten nicht.
Wir sind auch ein Teil der Tierwelt. Aber ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass die anderen Tier arbeiten.




Steinmetz
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Do 8. Sep 2022, 17:05

Das muss ich wohl so hinnehmen. Kannst du mir noch sagen, warum nicht?




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AufDerSonne
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Do 8. Sep 2022, 18:22

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 09:19
Arbeitet ein Eichhörnchen, wenn es Nüsse sammelt?
Top, diese Bemerkung!
Allerdings reflektiert ein Eichhörnchen auch weniger über sein Leben nach, denke ich.
Dem Menschen kommt halt oft seine Intelligenz in die Quere.
Aber ich denke auch, der Zwang zur Arbeit, ist ein Konstrukt von unserer Gesellschaft, ist historisch so gewachsen.
Und ich denke auch, dass man manchmal, wenn man leidet, nicht so gerne arbeitet, wie wenn es einem gut geht.
Das ist vielleicht bei den Tieren auch weniger das Problem. Allerdings muss man wieder sagen, dass sich die Menschen das meiste Leid selbst schaffen.

Etwas ist mir noch in den Sinn gekommen. Das Eichhörnchen arbeitet vielleicht nicht, wenn es Nüsse sammelt, aber überleben will es schon.
Und damit mein altes Problem, dass die Arbeit heute gar nichts mehr mit dem Überleben direkt zu tun hat, was sie aber sollte. Oder nicht?



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Steinmetz
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Do 8. Sep 2022, 21:01

AufDerSonne hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 18:22
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 09:19
Arbeitet ein Eichhörnchen, wenn es Nüsse sammelt?
Top, diese Bemerkung!
Allerdings reflektiert ein Eichhörnchen auch weniger über sein Leben nach, denke ich.
Dem Menschen kommt halt oft seine Intelligenz in die Quere.
Aber ich denke auch, der Zwang zur Arbeit, ist ein Konstrukt von unserer Gesellschaft, ist historisch so gewachsen.
Und ich denke auch, dass man manchmal, wenn man leidet, nicht so gerne arbeitet, wie wenn es einem gut geht.
Das ist vielleicht bei den Tieren auch weniger das Problem. Allerdings muss man wieder sagen, dass sich die Menschen das meiste Leid selbst schaffen.

Etwas ist mir noch in den Sinn gekommen. Das Eichhörnchen arbeitet vielleicht nicht, wenn es Nüsse sammelt, aber überleben will es schon.
Und damit mein altes Problem, dass die Arbeit heute gar nichts mehr mit dem Überleben direkt zu tun hat, was sie aber sollte. Oder nicht?
Meinst du wir sollen fortan unsere Arbeit auf das konzentrieren was unser Überleben sichert? Also raus aus dem Büro und rauf auf den Acker oder ins Klärwerk etc?




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AufDerSonne
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Do 8. Sep 2022, 21:34

Steinmetz hat geschrieben :
Do 8. Sep 2022, 21:01

Meinst du wir sollen fortan unsere Arbeit auf das konzentrieren was unser Überleben sichert? Also raus aus dem Büro und rauf auf den Acker oder ins Klärwerk etc?
In einem gewissen Sinne schon. Ich teile mit dir die Ansicht, dass unsere Arbeitsweise heute uns entfremdet von der Natur.
Wenn wir nur auf einem bestimmten Gebiet arbeiten und dafür Geld erhalten und dann mit diesem Geld alles einfach nur kaufen können, dann verlieren wir den Bezug zu den Dingen, die wir mit dem Geld kaufen.
Wer könnte denn heute noch einen Tisch oder einen einfachen Stuhl machen? Also von Hand? Nein, man kauft diese Dinge und hat keinen Bezug zu ihnen, weil nicht selbst gemacht.
Das Haus wird für einen gebaut, die Möbel werden für einen gemacht und die Kleider. Und man braucht nur Geld für diese Dinge. Ich weiß nicht, ob das eine gute Entwicklung ist.



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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 07:14

Ungewöhnliche Vielfalt: Schon vor rund 45.000 Jahren praktizierten Menschen im Nahen Osten Arbeitsteilung. Sie stellten fast schon wie am Fließband verschiedene spezialisierte Steinwerkzeuge her. Das belegen tausende Speerspitzen, Klingen und Faustkeile, die Paläontologen in einer Höhle in Jordanien entdeckt haben

https://www.scinexx.de/news/biowissen/a ... kt%20haben.




ahasver
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Fr 9. Sep 2022, 13:02

Meine Sicht der Dinge


Wenn hier von >Arbeit< die Rede ist, dann ist nicht der physikalische Begriff gemeint, wenn gleich er immer da ist, wenn Menschen arbeiten.

Maschinen -wie zB Dampfmaschinen- arbeiten nicht. Sie leisten Arbeit (Kraft mal Weg).

Das Eichhörnchen das Nüsse sammelt arbeitet nicht. Es folgt seinen Instinkten. Es weiß nicht, daß es die Nüsse für den kommenden Winter sammelt. Auch wenn es keine Winter mehr gäbe, die Eichhörnchen würden weiterhin -ich vermute mit innerer Befriedigung- Nüsse sammeln.

Der Mensch, der Beeren oder Wurzeln sammelt, arbeitet nicht. Im Gegensatz zum Eichhörnchen kann er heutzutage aber verstehen, dass es nicht mehr nötig wäre. Dennoch gehen wir in die Pilze oder sammeln Briefmarken oder horten Geld.....Dazu wäre noch zu sagen: indigene Jäger und Sammler horten nicht

Der Mensch der Vorzeit, der Faustkeile herstellt arbeitet. Er weiß, was er tut, er weiß warum und wozu er es tut. Es macht ihm sicher nicht immer Spaß auf den Steinen rumzuklopfen. Fände er fertige Faustkeile am Wegesrand würde er sich die ARBEIT sparen. Es gäbe sicher aber Künstler und Perfektionisten unter den Vorzeitmenschen, die dennoch Faustkeile herstellen würden. Arbeiten sie?



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 14:21

ahasver hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 13:02
Der Mensch der Vorzeit, der Faustkeile herstellt arbeitet.
Ich denke auch, dass wir es offensichtlich mit einer "Frühform" von Arbeit zu tun haben. Ich schätze, dass Arbeit immer ein soziales/gesellschaftliches Element beinhaltet. Arbeitsteilung ist paradigmatisch dafür. Wer spezialisiert Pfeilspitzen herstellt, sorgt damit nicht für seinen persönlichen Lebenserhalt, denn Pfeilspitzen kann man nicht essen. Wer spezialisiert Pfeilspitzen herstellt, sorgt (unter anderem) dafür, dass die Gemeinschaft, zu der er oder sie zählt, "erhalten" bleibt, bzw. sich mit seiner/ihrer Hilfe selbst erhält. (Und umgekehrt - mehr oder weniger gerecht, meistens weniger.) Es ist dieses System, in dem so etwas wie Arbeit entsteht, denke ich. Und dazu gehört, dass einige diese und andere jene Arbeiten verrichten, sodass es zusammen genommen "irgendwie" funktioniert, bzw. läuft.




Darko
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Fr 9. Sep 2022, 17:46

Kann man nicht arbeiten?



"Der schlaueste Weg, Menschen passiv und gehorsam zu halten, ist, das Spektrum an akzeptabler Meinung streng zu beschränken, aber eine sehr lebhafte Debatte innerhalb dieses Spektrums zu ermöglichen“ - Noam Chomsky

Steinmetz
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Fr 9. Sep 2022, 17:50

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 14:21
ahasver hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 13:02
Der Mensch der Vorzeit, der Faustkeile herstellt arbeitet.
Ich denke auch, dass wir es offensichtlich mit einer "Frühform" von Arbeit zu tun haben. Ich schätze, dass Arbeit immer ein soziales/gesellschaftliches Element beinhaltet. Arbeitsteilung ist paradigmatisch dafür. Wer spezialisiert Pfeilspitzen herstellt, sorgt damit nicht für seinen persönlichen Lebenserhalt, denn Pfeilspitzen kann man nicht essen. Wer spezialisiert Pfeilspitzen herstellt, sorgt (unter anderem) dafür, dass die Gemeinschaft, zu der er oder sie zählt, "erhalten" bleibt, bzw. sich mit seiner/ihrer Hilfe selbst erhält. (Und umgekehrt - mehr oder weniger gerecht, meistens weniger.) Es ist dieses System, in dem so etwas wie Arbeit entsteht, denke ich. Und dazu gehört, dass einige diese und andere jene Arbeiten verrichten, sodass es zusammen genommen "irgendwie" funktioniert, bzw. läuft.
Wir bewegen uns in eine Richtung, in dem der Arbeitsbegriff sehr breit wird. Sollten wir ihn nicht ein wenig enger machen?

Vielleicht sollten wir Mal schauen was die alten Köpfe darüber sagten. Hanna Arendt scheint den Geschmack der Masse mit ihrer Definition ja nun nicht getroffen zu haben. Marx hat doch bestimmt einiges zum Thema Arbeit gesagt.

Die Kernfrage ist ja, soweit ich nicht irre, ob der Mensch das Bedürfnis hat zu arbeiten oder ob er einfach keine andere Wahl hat.




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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 17:57

Steinmetz hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 17:50
Die Kernfrage ist ja, soweit ich nicht irre, ob der Mensch das Bedürfnis hat zu arbeiten oder ob er einfach keine andere Wahl hat
Warum ist das die Kernfrage? Die Frage des Fadens lautet: "Was ist Arbeit? Insbesondere: Arbeitet nur der Mensch oder gibt es auch andere 'Arbeitstiere'?"




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AufDerSonne
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Fr 9. Sep 2022, 19:45

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 17:57
Steinmetz hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 17:50
Die Kernfrage ist ja, soweit ich nicht irre, ob der Mensch das Bedürfnis hat zu arbeiten oder ob er einfach keine andere Wahl hat
Warum ist das die Kernfrage? Die Frage des Fadens lautet: "Was ist Arbeit? Insbesondere: Arbeitet nur der Mensch oder gibt es auch andere 'Arbeitstiere'?"
Ich finde, Steinmetz hat recht. Es geht eben tief in den Sinn von Arbeit hinein, wenn man fragt, ob die Menschen arbeiten müssen oder wollen.
Ich bin hier auf der Seite, wollen. Vielleicht gibt es sogar ein Arbeitsbedürfnis. Man könnte auch fragen. Wie frei sind wir beim Arbeiten-Sollen?
Die Frage, ob man nicht arbeiten könne, finde ich sehr gut. Das ist dann wirklich ein Müssen, wenn man nicht arbeiten kann für lange Zeit. Das ist ein unheimlich aufwendiges Leben ganz ohne Arbeit.

Richtig ist, dass manche Arbeit der Gesellschaft zugutekommt, also für den Erhalt der Spezies dient. Andere Arbeit weniger oder es ist viel weniger offensichtlich.
Auch finde ich die Idee interessant, dass man mit den heutigen technischen Hilfsmitteln, gar nicht mehr arbeiten müsste, um den Grundbedarf zu decken. Ich denke, das ist so. Also wieso gibt es dann noch Bauern?

Die Frage, was Arbeit sei, kann man auch kurz beantworten. Arbeit ist eine zielgerichtete Tätigkeit oder noch kürzer, einfach etwas tun. Deshalb ist die Frage, wieso man etwas tut, viel interessanter.
Also. Zwang oder freie Entscheidung?



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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 20:09

AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 19:45
Es geht eben tief in den Sinn von Arbeit hinein, wenn man fragt, ob die Menschen arbeiten müssen oder wollen.
Warum?




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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 20:11

AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 19:45
Arbeit ist eine zielgerichtete Tätigkeit oder noch kürzer, einfach etwas tun.
Aber diese Antwort ist meines Erachtens ziemlich offensichtlich falsch, denn dann wäre auch Nasebohren Arbeiten.




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AufDerSonne
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Fr 9. Sep 2022, 20:15

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 20:09
AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 19:45
Es geht eben tief in den Sinn von Arbeit hinein, wenn man fragt, ob die Menschen arbeiten müssen oder wollen.
Warum?
Wie schon gesagt. Was ist Arbeit? Arbeiten bedeutet, dass man etwas tut. Damit ist diese Frage beantwortet.

Ja, aber muss ich denn arbeiten? Meine Antwort. Nein, du musst nicht arbeiten.
Für mich ist es ein ganz anderes Gefühl, wenn ich davon ausgehen kann, dass ich freiwillig arbeite. Wenn ich das Gefühl habe, da hat mir irgendjemand etwas zu sagen, also eine Autorität, dann ist das ein sehr einengendes Gefühl.
Es macht mich unkreativ und unproduktiv. Ja, für einen freien Menschen ist es gar nicht möglich, unter der Bedingung des Müssens, zu arbeiten, behaupte ich jetzt einmal.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 20:11
AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 19:45
Arbeit ist eine zielgerichtete Tätigkeit oder noch kürzer, einfach etwas tun.
Aber diese Antwort ist meines Erachtens ziemlich offensichtlich falsch, denn dann wäre auch Nasebohren Arbeiten.
Befiel einmal einem Menschen, für den es gerade gar nicht passt in der Nase zu bohren, in der Nase zu bohren!
Das wäre für den nicht nur Arbeit, das wäre die Hölle.



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Jörn Budesheim
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Fr 9. Sep 2022, 20:44

Selbst, wenn das so wäre, würde daraus nicht folgen, dass Nasebohren grundsätzlich eine Form von Arbeit ist. Wie auch immer: gemäß der Definition würde dann aus jeder x-beliebigen Handlung eine Arbeit. Dann würde sich auch die Frage, ob wir arbeiten müssen, für dich nicht mehr stellen können.




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