Vertrauen

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
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AndreaH
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So 18. Apr 2021, 14:20

Alethos hat geschrieben :
Sa 17. Apr 2021, 16:59


Ich finde den Ansatz, Verantwortung und Vertrauen in Verbindung zu denken, interessant und gelungen. Das sollten wir noch vertiefen.
Ich denke schon, dass Verantwortung  sehr verbunden ist mit Vertrauen. Gerade in der Arbeitswelt. Werden Mitarbeitern Verantwortungen übergeben im Vertrauen, dass dieser Mitarbeiter mit besten Gewissen diese Aufgabenbereiche ausführen wird.
Wenn ich in ein Restaurant gehe, vertraue ich dem Koch, dass dieser mir, mit seiner Handwerkskunst ein kreatives Produkt auf den Teller legt, dass er nach besten Gewissen kreiert hat.
Auch das es meine Gesundheit nicht gefährdet. An diesem Punkt, denke ich spielt das Kontrollsystem dann eine wichtige Rolle (welches vorher im Tread schon angesprochen wurde).
Die Lebensmittelkontrollen können hier eine einheitliche, gleichbleibende Vertrauensbasis schaffen. An die sich Verbraucher sowie Produzent orientieren kann. Wenn es die Lebensmittelkontrolle vorgibt: es dürfen keine Lebensmittel nach Mindesablaufzeit verwendet werden, wird sich der Koch auch daran halten, auch wenn seine persönliche Einstellung wäre, dass man noch viele Lebensmittel nach Ablauf trotzdem  verwenden könnte.




Burkart
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So 18. Apr 2021, 14:35

AndreaH hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 14:20
Alethos hat geschrieben :
Sa 17. Apr 2021, 16:59


Ich finde den Ansatz, Verantwortung und Vertrauen in Verbindung zu denken, interessant und gelungen. Das sollten wir noch vertiefen.
Ich denke schon, dass Verantwortung  sehr verbunden ist mit Vertrauen. Gerade in der Arbeitswelt. Werden Mitarbeitern Verantwortungen übergeben im Vertrauen, dass dieser Mitarbeiter mit besten Gewissen diese Aufgabenbereiche ausführen wird.
Richtig, Vertrauen in der Arbeitswelt ist sicherlich wichtig; vermutlich nirgendwo sonst sind zig, Hunderte oder gar Tausende von Menschen so eng funktional verzahnt.
Wenn dann aber das Vertrauen gebrochen wird, z.B. weil der Arbeitsplatz "einfach mal so" (also für Arbeitnehmer vorher nicht erkennbar, z.B. weil keine Offenheit herrschte) wegfällt, kann Vertrauen bei einem Menschen leicht bröckeln; geschieht es häufiger, kann daraus leicht mal Misstrauen werden. Ähnlich dürfte es beim Mobbing sein u.ä.
Zuletzt geändert von Burkart am So 18. Apr 2021, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.



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Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Jörn Budesheim
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So 18. Apr 2021, 15:00

Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 12:37
Wenn die Gesellschaft (fast) ideal wäre, warum sollte man dann noch kritisch sein müssen? Oder ist sie doch nicht so ideal?
Stellen wir uns vor, unsere utopische ideale Gesellschaft wäre von einer Naturkatastrophe bedroht, in wenigen Jahren steht ein Meteoriteneinschlag bevor, der alles Leben auf dem Planeten Stück zerstören könnte. Nun beginnen die Planungen, wie das Unglück abzuwehren ist. Dabei werden verschiedene Vorschläge gemacht und Argumente und Gegenargumente dafür kritisch gewürdigt. Denn auch in einer idealen Gesellschaft wären Menschen endlich und irrtumsanfällig. Gegenseitige Kritik würde in diesem Szenario vermutlich dazu führen, dass die Chance das Problem zu meistern wächst, während gegenseitiges Misstrauen eher kontraproduktiv wäre.

In dem Beispiel geht es jetzt nicht um die Wahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit von Meteoriteneinschlägen, sondern darum, die Unterschiede der beiden Begriffe möglichst anschaulich darzustellen.




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Jörn Budesheim
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So 18. Apr 2021, 15:08

Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 14:35
Wenn dann aber das Vertrauen gebrochen wird...
Nachwievor verstehe ich nicht, und wofür du Position ergreifst :(




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Jörn Budesheim
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So 18. Apr 2021, 15:12

Ins unreine gesprochen: vielleicht muss man verschiedene Formen oder Ausprägungen oder Facetten des Vertrauens Begriffs unterscheiden? Wenn ein Kind von der hohen Mauer in die Arme der Mutter springt, dann ist Vertrauen im Spiel. Wenn ich mich darauf verlassen kann, dass die Anderen sich an die Verkehrsregeln halten, dann ist das auch eine Form von Vertrauen. Nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, dass es hier einen Unterschied gibt. Ist es nur ein Unterschied im Grad oder auch in der Art?




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So 18. Apr 2021, 15:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:00
Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 12:37
Wenn die Gesellschaft (fast) ideal wäre, warum sollte man dann noch kritisch sein müssen? Oder ist sie doch nicht so ideal?
Stellen wir uns vor, unsere utopische ideale Gesellschaft wäre von einer Naturkatastrophe bedroht, in wenigen Jahren steht ein Meteoriteneinschlag bevor, der alles Leben auf dem Planeten Stück zerstören könnte. Nun beginnen die Planungen, wie das Unglück abzuwehren ist. Dabei werden verschiedene Vorschläge gemacht und Argumente und Gegenargumente dafür kritisch gewürdigt. Denn auch in einer idealen Gesellschaft wären Menschen endlich und irrtumsanfällig. Gegenseitige Kritik würde in diesem Szenario vermutlich dazu führen, dass die Chance das Problem zu meistern wächst, während gegenseitiges Misstrauen eher kontraproduktiv wäre.

In dem Beispiel geht es jetzt nicht um die Wahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit von Meteoriteneinschlägen, sondern darum, die Unterschiede der beiden Begriffe möglichst anschaulich darzustellen.
Gehst du bei deiner Gesellschaft von echten Menschen aus und wenn ja, inwieweit?
Sind alle gleichwertig und hat keiner Vorteile gegenüber anderen? Wenn ja, wie werden dann die Nachteile (Kosten, Arbeitseinsatz usw. bis hin zu möglichen Menschenopfern durch die Katastrophe) fair verteilt? Geht das überhaupt? Ich fürchte nicht, solange wie wirklich Menschen sind...
... und gerade deshalb würde mich wundern, wenn sich einige "gleichere" Menschen Vorteile gegenüber den anderen verschaffen würden, und das bzw. diese Idee führt leicht zu Misstrauen der anderen Menschen.

Sicher, Misstrauen kann kontraproduktiv sein, nur wie willst du es wirklich vermeiden bzw. ausschließen können? Zumindest volle Transparenz wäre wohl nötig, und eine solche ist in unserer Welt wirklich nicht gerade oft zu finden... auch eine solche ideale kann ich mir kaum vorstellen, solange wir wirklich Menschen mit (z.T. unterschiedlichen) Gefühlen sind.



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So 18. Apr 2021, 15:22

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:08
Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 14:35
Wenn dann aber das Vertrauen gebrochen wird...
Nachwievor verstehe ich nicht, und wofür du Position ergreifst :(
U.a. dafür, dass vollkommenes Vertrauen oft eher theoretisch ist, vor allem, wenn man über alles kritisch nachdenkt.
Auch erfordert Vertrauen andere Dinge wie Toleranz (z.B. in der Partnerschaft).

Ok, man könnte auch sagen: Vertrauen können vor allem Leute, die nicht zu viel nachdenken - ähnlich wie man sagt, dass dumme Leute die glücklicheren Leute sind bzw. sein sollen.



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So 18. Apr 2021, 15:23

Das Szenario habe ich erfunden, um den Unterschied der Begriffe zu illustrieren. In einem idealen Philosophie Forum könnte ich darauf vertrauen, dass du versuchen würdest, es zu verstehen :)




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So 18. Apr 2021, 15:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:23
Das Szenario habe ich erfunden, um den Unterschied der Begriffe zu illustrieren. In einem idealen Philosophie Forum könnte ich darauf vertrauen, dass du versuchen würdest, es zu verstehen :)
Dein Szenario ist ja schön und gut, nur leider fern der Realität und schon bei einer kleinen Abweichung kann man die Begriffe eben nicht mehr so klar trennen.
Willst du mögliches Misstrauen in deinem Szenario völlig verbieten oder wie soll das gehen?

Ok, eine (noch nicht sehr gute) KI könnte vielleicht nur kritisch sein, ohne auch gleichzeitig misstrauen zu können, aber soweit sie besser (umfassender) wird, bin ich mir da nicht mehr so sicher.



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So 18. Apr 2021, 15:49

Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:43
Willst du mögliches Misstrauen in deinem Szenario völlig verbieten oder wie soll das gehen?
Ich will nur eins: ich will die Begriffe so konturieren, dass du begreifst worin ich den Unterschied sehe.




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So 18. Apr 2021, 18:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:49
Burkart hat geschrieben :
So 18. Apr 2021, 15:43
Willst du mögliches Misstrauen in deinem Szenario völlig verbieten oder wie soll das gehen?
Ich will nur eins: ich will die Begriffe so konturieren, dass du begreifst worin ich den Unterschied sehe.
Ich denke schon, dass ich de(ine)n Unterschied verstanden habe. Nur was soll daraus das Ergebnis sein? Dass Misstrauen etwas "Böses" ist? Das sähe ich nicht so.



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Mo 19. Apr 2021, 06:24

Habe gerade mal unter dem Stichwort "Vertrauen und Philosophie" gegoogelt und dabei folgendes gefunden.
Martin Hartmann, Vertrauen, Die unsichtbare Macht hat geschrieben : Vertrauen ist wie die Luft zum Atmen. Solange alles in Ordnung ist, bemerken wir sie gar nicht. Wir bemerken nicht einmal unser Atmen, wir tun es einfach. Erst wenn Schwierigkeiten auftreten, fällt auf, was sonst unbemerkt bleibt. Wir erkälten uns, und das Atmen fällt schwerer. Die Luft ist verschmutzt und erzeugt ein Kratzen im Hals. Oder sie wird dünner und erzwingt ein anderes, viel angestrengteres Atmen. Plötzlich bemerken wir, was wir die ganze Zeit schon tun, plötzlich drängt es sich auf und verliert seine Selbstverständlichkeit. So ist es mit dem Vertrauen, wenn es intakt ist, wenn es »gesund« ist. Wir leben in ihm, wir zehren von ihm, wir brauchen es, wir atmen es gleichsam ein und aus – erst wenn Schwierigkeiten auftreten, wenn es weg ist oder zerstört wird, fällt es uns auf, und wir fangen an, darüber nachzudenken, überlegen, was es eigentlich ist und warum es sich uns plötzlich aufdrängt. Man kann fast sagen, dass das Nachdenken über Vertrauen nicht zum Vertrauen gehört, denn zum Vertrauen gehört in einem ganz profunden Sinne ein gehöriges Maß an Gedankenlosigkeit. Es lebt davon, unbemerkt und so unauffällig wie nur möglich zu bleiben. All die guten Wirkungen, die Vertrauen hat, hat es, weil es unsichtbar ist und keine eigene Arbeit verlangt.




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Mo 19. Apr 2021, 06:37

Gestern Abend habe ich noch überlegt, ob man den Begriff "Vertrauen" überhaupt definieren könnte. Wirklich zu einem Ergebnis gekommen bin ich natürlich dabei nicht. Ich habe an den arallel-Thread zu Hermeneutik gedacht und an Hans-Georg Gadamers "Vorgriff auf Vollkommenheit", dabei geht es um die Wahrheit, die man unterstellen muss als Grundlage des Verstehens. Vertrauen ist vielleicht ebenso eine Form des Vorgriffs und zwar auf das Gute und Richtige.




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»Seit ich klein war, hatte mein Vater mir beigebracht, dass die Welt schlecht ist. Die Welt ist schlecht, und der Mensch ist auch schlecht. Trau keinem, geh nicht mit Fremden und so weiter. Das hatten mir meine Eltern erzählt, das hatten mir meine Lehrer erzählt, und das Fernsehen erzählte es auch. Wenn man Nachrichten guckte: Der Mensch ist schlecht. Wenn man Spiegel TV guckte: Der Mensch ist schlecht. Und vielleicht stimmt das ja auch, und der Mensch war zu 99 Prozent schlecht. Aber das Seltsame war, dass Tschick und ich auf unserer Reise fast ausschließlich dem einen Prozent begegneten, das nicht schlecht war. Da klingelte man nachts um vier irgendwen aus dem Bett, weil man gar nichts von ihm will, und er ist superfreundlich und bietet auch noch seine Hilfe an. Auf so was sollte man in der Schule vielleicht auch mal hinweisen, damit man nicht völlig davon überrascht wird.« Wolfgang Herrndorf, Tschick
Das Motto des Buches




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Stefanie hat geschrieben :
Mi 14. Apr 2021, 22:15
Im Grunde bestätigt der Missbrauch des Vertrauens und dessen Folgen, dass es ohne Vertrauen das gesellschaftliche Zusammenleben nicht funktioniert.
Martin Hartmann, Vertrauen, Die unsichtbare Macht hat geschrieben : Die besten philosophischen Schriften zum Vertrauen stammen von der feministischen Philosophin Annette Baier, die in einem ihrer berühmtesten Texte die Ungleichheit in der Ehe zum Anlass nimmt, um über Vertrauen nachzudenken. Ein bekannter Satz von ihr lautet: »Es waren die Kriminellen, nicht die Philosophen, die eine Expertise für die verschiedenen Formen des Vertrauens entwickelt haben.« Der Kriminelle muss das Vertrauen seiner Opfer gewinnen, wenn er nicht gleich gewalttätig sein will, das macht ihn zum Experten des Vertrauens. Wer vertraut, macht sich verletzlich, das ist das, was manchmal als Risiko des Vertrauens bezeichnet wird. Der Vertrauenswürdige nutzt diese Verletzbarkeit nicht aus, aber nicht jeder ist vertrauenswürdig ...




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Wie würde ein Leben ohne Vertrauen aussehen? Man wäre vor Angst gelähmt. Man könnte nichts tun, nicht einmal in seinem Bett könnte man sich vor allem verstecken, weil das ein gewisses Vertrauen in diesen Ort voraussetzt. Das dürfte wohl der schlimmste Horror sein, den man sich überhaupt vorstellen kann.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 19. Apr 2021, 07:52
Stefanie hat geschrieben :
Mi 14. Apr 2021, 22:15
Im Grunde bestätigt der Missbrauch des Vertrauens und dessen Folgen, dass es ohne Vertrauen das gesellschaftliche Zusammenleben nicht funktioniert.
Eingeschränkt darauf, dass weniger Vertrauen das gesellschaftliche Zusammenleben erschwert, stimme ich zu (ganz "ohne Vertrauen" ist ja unrealistisch zu extrem).
Wie würde ein Leben ohne Vertrauen aussehen? Man wäre vor Angst gelähmt. Man könnte nichts tun, nicht einmal in seinem Bett könnte man sich vor allem verstecken, weil das ein gewisses Vertrauen in diesen Ort voraussetzt
Das könnte man mit großen Depressionen bzw. Burnout vergleichen; da fehlt einem zumindest Selbst-Vertrauen.
Aber wie oben gesagt, "ganz ohne" macht in dem Extremen kaum Sinn, aber dafür um so mehr im eingeschränkten Vertrauen, z.B. hinsichtlich unserer Geld-/Macht-Elite, unserer Politiker usw. (Ich denke, diese können sich nur solange toleriert fühlen, wenn die Bevölkerung wie ein Frosch im immer heißer werdenden Wasser verbrüht wird und nur langsam immer mehr Rechte/Geld/Macht der Elite u.ä. überlässt; so kann mal nur hoffen, dass sie eben nicht wie der Frosch ist und irgendwann mal wirklich aufwacht...)

Die normale Bevökerung ist natürlich nicht ganz vor Angst gelähmt, aber Politik-Verdrossenheit geht immerhin in die Richtung. (Wenn es in Deutschland vernünftige Basis-Demokratie gäbe, würde sich einiges zeigen oder gar ändern können, aber davor hat man "da oben" vermutlich Angst...)

Zumindest zuletzt habt ihr nur von "(ganz) Vertrauen" oder "ohne Vertrauen" gesprochen.
Sind für euch nur die idealisierten Extreme interessant, nicht auch das Grau zwischen Schwarz und Weiß?



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Burkart hat geschrieben :
Mo 19. Apr 2021, 22:16
(ganz "ohne Vertrauen" ist ja unrealistisch zu extrem)
Genau. Aber gerade WEIL es nicht realistisch ist und WEIL es extrem ist, kann man mit dem kleinen Gedankenexperiment Erkenntnisgewinne erwirtschaften. Vieles, was unser Leben und Zusammenleben existenziell bestimmt, ist für uns so selbstverständlich, dass es uns kaum mehr oder nur selten auffällt. Oft ist gerade das Offensichtliche "unsichtbar". In solchen Fällen können einfache Gedankenexperimente das "unsichtbare" wieder "sichtbar" machen, in dem sie die Dinge ins Extreme steigern oder anders verfremden, sodass sich uns das Gewöhnliche wieder zeigt. Das ist eine ganz gängige Methode/Strategie der Erkenntnisarbeit nicht nur in Kunst und Philosophie, sondern generell.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 20. Apr 2021, 10:02
Burkart hat geschrieben :
Mo 19. Apr 2021, 22:16
(ganz "ohne Vertrauen" ist ja unrealistisch zu extrem)
Genau. Aber gerade WEIL es nicht realistisch ist und WEIL es extrem ist, kann man mit dem kleinen Gedankenexperiment Erkenntnisgewinne erwirtschaften. Vieles, was unser Leben und Zusammenleben existenziell bestimmt, ist für uns so selbstverständlich, dass es uns kaum mehr oder nur selten auffällt. Oft ist gerade das Offensichtliche "unsichtbar". In solchen Fällen können einfache Gedankenexperimente das "unsichtbare" wieder "sichtbar" machen, in dem sie die Dinge ins Extreme steigern oder anders verfremden, sodass sich uns das Gewöhnliche wieder zeigt. Das ist eine ganz gängige Methode/Strategie der Erkenntnisarbeit nicht nur in Kunst und Philosophie, sondern generell.
Hm, kann man so sehen (so wie 1+1 ideal immer 2 ist, praktisch aber ein großes Steak und noch ein großes Steak zu einer Mahlzeit in (m)einem Magen nicht einen zwei-fachen Gewinn bringt ;) ), nur sollte man die Realität nicht vergessen, um sich nicht zu weit vom ggf. leider Normalen zu entfernen.
Wenn ich z.B. das unrealistische "alle Menschen sind gleich" nehme, ist das ein netter idealisierter Zustand, von dem man aber nur träumen kann.
Also während du Vertrauen vielleicht als idealisiert normal ansehen kannst und magst, ist Gleichheit leider weit weg von normal - die Realitäten (Vertrauen gegen Gleichheit) sind halt verschieden.



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Meines Erachtens vergisst man die Realität nicht, wenn man sie besser erkennt.




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