Orange Day

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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So 24. Nov 2024, 22:44

Pressemitteilung UN Women Deutschland

2023 fand in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid* statt (BKA)

Bonn, 21.11.2024. Am 25. November ist der Internationale Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Start der 16-tägigen, weltweiten "Orange The World"-Kampagne, die in Deutschland von UN Women Deutschland e.V. durchgeführt wird.

UN Women Deutschland macht vom 25.11. bis 10.12. gemeinsam mit Partner*innen in ganz Deutschland auf die Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam und ruft Politik und Gesellschaft dazu auf, Gewalt gegen Frauen und Mädchen als strukturell bedingtes, gesamtgesellschaftliches Problem anzuerkennen und dagegen aktiv zu werden. Der Fokus der Kampagne liegt in diesem Jahr auf Partnerschaftsgewalt und Tötungen im Kontext von Partnerschaften. 2023 wurde fast jeden zweiten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Jeden Tag fand ein Tötungsversuch statt. Den Femiziden ging in der Regel körperliche, sexualisierte und psychische Partnerschaftsgewalt voraus. „Gewalt gegen Frauen und Mädchen geht uns alle an. Der Schutz vor Gewalt ist keine freiwillige Leistung, sondern eine menschenrechtliche Verpflichtung! Deshalb duldet das Gewalthilfegesetz keinen Aufschub!“, sagt Elke Ferner, Vorstandsvorsitzende von UN Women Deutschland.

Politische Forderungen

UN Women Deutschland fordert in diesem Zusammenhang die schnelle Verabschiedung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Gewalthilfegesetzes, das nächste Woche im Kabinett beschlossen werden soll. Einem von UN Women Deutschland und dem Deutschen Frauenrat initiierten Brandbrief zur Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes an die deutsche Bundesregierung haben sich 30 Fachverbände und knapp 70.000 Einzelpersonen angeschlossen (Stand: 21.11.2024). UN Women Deutschland fordert von Bund und Ländern eine gesamtpolitische Strategie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. Neben der Verabschiedung und Umsetzung des Gewalthilfegesetzes braucht es dafür Gleichstellung auf allen Ebenen und in allen Gesellschaftsbereichen. UN Women Deutschland setzt sich für Gewaltprävention ab dem Kindesalter und den Abbau von sexistischen Stereotypen ein.

Gewalt gegen Frauen in Deutschland
  • Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen - auch in Deutschland.
  • 2023 fand in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid statt: 360 Frauen und Mädchen wurden getötet. (BKA)
  • 155 Frauen wurden im letzten Jahr durch ihren (Ex-)Partner getötet: fast alle zwei Tage eine Frau. Jeden Tag fand ein Tötungsversuch statt. (BKA)
  • Alle vier Minuten wird ein Mann seiner (Ex-)Partnerin gegenüber gewalttätig.(BKA)
  • Alle zwei Stunden erfährt eine Frau sexualisierte Gewalt durch ihren (Ex-)Partner.(BKA)
  • Die Zahl der politisch motivierten frauenfeindlichen Straftaten stieg 2023 um 56,3 Prozent. (BKA)
Femizide weltweit

Laut UN Women gab es 2023 weltweit 85.000 Femizide. Alle 10 Minuten wurde eine Frau oder ein Mädchen von ihrem Partner oder einem Familienmitglied getötet. Der vollständige Report erscheint am 25.11.

Hintergrund

Die UN-Kampagne „Orange The World“ macht seit 1991 auf Gewalt aufmerksam: vom Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. Sie ist seit 2008 Teil der „UNiTE to End Violence against Women“ Kampagne des UN-Generalsekretärs, die von UN Women durchgeführt wird. Die Farbe Orange symbolisiert hierbei das Versprechen für eine bessere, leuchtende Zukunft ohne Gewalt.

Quelle: https://unwomen.de/presse/

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*"Ein 'Femizid' ist ein Tötungsdelikt an einer Frau, ein Mord, Totschlag oder eine Körperverletzung mit Todesfolge, das maßgeblich mit dem weiblichen Geschlecht des Opfers in Zusammenhang steht."




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Stefanie
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So 24. Nov 2024, 22:44

Ab morgen ist Orange Day.

16 Days vom 25. November bis 10. Dezember

Die UN-Kampagne „Orange the World“ macht seit 1991 auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam: vom Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte. Sie ist seit 2008 Teil der „UNiTE to End Violence against Women“ Kampagne des UN-Generalsekretärs, die von UN Women durchgeführt wird.

https://unwomen.de/orange-the-world/

https://unwomen.de/gewalt-gegen-frauen-in-deutschland/



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Mo 25. Nov 2024, 01:25

Stefanie hat geschrieben :
So 24. Nov 2024, 22:44
https://unwomen.de/gewalt-gegen-frauen-in-deutschland/
Jeder Mord an einer Frau oder einem Mädchen ist einer zu viel; aber mich stört der empirisch-statistisch unbegründete und damit ideologisch tendenziöse Gebrauch des Neuwortes Femizid, wenn damit nicht einfach die Tötung einer weiblichen Person (aus welchem Grund auch immer) gemeint ist, sondern die Tötung einer weiblichen Person aus dem Grund, dass sie eine weibliche Person ist.
"Fast jeden Tag findet in Deutschland ein Femizid statt. Die Zahl der versuchten Femizide lag 2023 bei 938. Davon wurden 360 vollendet. (Die WHO definiert Femizid als die Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist.) [Betonung hinzugefügt]"

Quelle: https://unwomen.de/gewalt-gegen-frauen-in-deutschland/
"Im Sinne des allgemeinen Verständnisses sind „Femizide“ Tötungsdelikte an Frauen, die getötet werden, weil sie Frauen sind. Der Täter wird von der Annahme einer geschlechtsbezogenen Ungleichwertigkeit von Frauen zu seiner Tat motiviert. In Deutschland treten unter anderem Tötungsdelikte zum Nachteil von Frauen sowohl in Form von Tötungen aus Frauenhass (Misogynie) als auch als Trennungstötung bzw. als Delikte auf, „die im Kontext patriarchalisch geprägter Familienverbände oder Gesellschaften vorrangig von Männern an Frauen verübt werden, um die aus Tätersicht verletzte Ehre der Familie oder des Mannes wiederherzustellen“ (Quelle: Oberwittler, D. / Kasselt, J. (2011). Ehrenmorde in Deutschland. Eine systematische Untersuchung ehrbezogener Tötungsdelikte in Familien und Partnerschaften zwischen 1996 und 2005 (Polizei + Forschung, Bd. 42, hrsg. vom Bundeskriminalamt)). Da für Femizide bislang keine einheitliche Definition existiert und die tatauslösende Motivation in der PKS nicht erfasst wird, wird im Lagebild die Gesamtzahl der weiblichen Opfer von Tötungsdelikten angegeben. [Betonung hinzugefügt]
Insgesamt registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 938 weibliche Opfer von Tötungsdelikten, neun mehr als im Jahr zuvor. 360 Frauen und Mädchen wurden dabei Opfer eines vollendeten Tötungsdelikts. Ein Großteil dieser vollendeten Taten (68,6%) ist dem Bereich der Häuslichen Gewalt zuzuordnen. Im Jahr 2023 wurden 853 Tatverdächtige von Tötungsdelikten bei Fällen mit mindestens einem weiblichen Opfer erfasst."

Quelle: https://www.bka.de/SharedDocs/Kurzmeldu ... n2023.html
Wenn in Bezug auf die 360 getöteten Frauen/Mädchen "die tatauslösende Motivation in der PKS nicht erfasst wird", dann gibt es keine objektive Rechtfertigung für die Behauptung, dass es sich um 360 Femizide im Sinn der WHO-Definition handelt – das heißt, dass alle 360 weiblichen Opfer deshalb getötet wurden, weil sie Frauen/Mädchen sind.



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Stefanie
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Mo 25. Nov 2024, 09:17

Mit dieser Reaktion hatte ich gerechnet.
Diese jetzt vorgelegte Statistik ist die erste (!) dieser Art. Im Jahr 2024. Und irgendwie auch typisch deutsch. Bloß nicht festlegen auf Begrifflichkeiten, die vielleicht nicht ins Bild passen, oder sich noch nicht eingebürgert haben. Hier sind andere Länger viel viel weiter, und nicht nur im Bereich der statistischen Darstellung. Spanien erhebt Daten seit 2007.

Im Bereich Menschenhandel/Prostitution dürfte die Sache eindeutig sein. Frauen sind Ware, bei denen es egal und keine Rolle spielt ist, ob die Ware Frau verletzt oder gar getötet werden.

Die in der Fußnote benannten alten Quellen verwenden noch die Begrifflichkeit "Ehrenmorde". Dies ist doppelt falsch. Geht es um die "Ehre", wenn ein Mann meint, eine Frau habe seine Ehre verletzt, weil sie was will, was er nicht will? Es geht wie so oft um Macht. Und zum anderen wird damit ein anderer Kulturraum in Verbindung gebracht. Die vorlegte Statistik zeigt, dass zwei Drittel der betroffenen Frauen die deutsche Staatsangehörigkeit hatten, die der Täter/Verdächtigten ebenso.

Wie willst Du es denn nennen, wenn in der häuslichen Umgebung bzw. in Partnerschaften, Frauen der Gewalt des Partners ausgesetzt sind, bis hin zur Tötung?
Weil sie nicht gut genug geputzt hatten, weil sie arbeiten gehen wollen, sich mit Freundinnen treffen wollen, den Mann verlassen wollen, eine andere Meinung haben, mehr Geld aus der Haushaltskasse brauchen, einfach nur widersprechen usw.?
Ehrenmorde? Partnerschaftliche Streitigkeiten? Familientragödie? Diese Begriffe werden der Situation noch nicht mal ansatzweise gerecht.
Sie werden angegangen, weil sie Frauen sind.

Die eigenen vier Wände sind ein Hochrisikogebiet für Frauen. Mehr noch als dunkle Ecken, Discos, Cafes, Karneval.
Deutschland hinkt hier sowas von hinten dran.
Frauenhäuser sind chronisch unterfinanziert und es wird noch weniger werden, Beratungsstellen sind ebenfalls unterfinanziert. Polizei und sonstige Behörden sind schlecht bis gar nicht geschult. Prävention findet nicht statt. Für Frauen nicht, aber vor allem auch nicht Jungen und Männer. Diese werden nicht mitgenommen.

https://www.spiegel.de/ausland/femizide ... eb60e1e413

Spanien ist auf einem viel besseren Weg. Seit 25 Jahren. Es gibt es klare Zuständigkeiten und es wird Geld in die Hand genommen. Es ist ein gesellschaftlicher Konsens entstanden. Hier in Deutschland diskutiert man wahrscheinlich erstmal 25 Jahre über den passenden Begriff.



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Mo 25. Nov 2024, 09:31

Selbst bei sogenannten "Ehrenmorden" stellt sich die Frage, ob die weiblichen Opfer ermordet wurden, weil sie Frauen sind, oder weil sie Frauen sind, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzten. Denn "Ehrenmörder" unterscheiden sich hinsichtlich ihres Tatmotivs doch von Mördern, die Frauen aus einem allgemeinen Frauenhass heraus töten. Das Tatmotiv Ersterer ist weibliche Insubordination–(versuchte) weibliche (Selbst-)Befreiung aus unterdrückerischen sexistischen Familien- und Gesellschaftsstrukturen—und nicht die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht als solche.
"BOX 1. DEFINITIONS OF FEMICIDE
Femicide is generally understood to involve intentional murder of women because they are women, but broader definitions include any killings of women or girls.
This information sheet focuses on the narrower definition commonly used in policies, laws and research: intentional murder of women. Femicide is usually perpetrated by men, but sometimes female family members may be involved. Femicide differs from male homicide in specific ways. For example, most cases of femicide are committed by partners or ex-partners, and involve ongoing abuse in the home, threats or intimidation, sexual violence or situations where women have less power or fewer resources than their partner."
———
Unter Femizid versteht man im Allgemeinen den vorsätzlichen Mord an Frauen, weil sie Frauen sind, aber breitere Definitionen umfassen alle Tötungen von Frauen oder Mädchen.
Dieses Informationsblatt konzentriert sich auf die engere Definition, die in Richtlinien, Gesetzen und der Forschung häufig verwendet wird: vorsätzlicher Mord an Frauen. Femizid wird normalerweise von Männern begangen, aber manchmal können auch weibliche Familienmitglieder beteiligt sein. Femizid unterscheidet sich in bestimmter Weise von männlichem Mord. So werden die meisten Fälle von Femizid von Partnern oder Ex-Partnern begangen und beinhalten anhaltenden Missbrauch zu Hause, Drohungen oder Einschüchterungen, sexuelle Gewalt oder Situationen, in denen Frauen weniger Macht oder Ressourcen haben als ihr Partner."
[Übersetzt von Google Translate]

Quelle: https://iris.who.int/bitstream/handle/1 ... 38_eng.pdf (PDF)



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Mo 25. Nov 2024, 09:47

Stefanie hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 09:17
Mit dieser Reaktion hatte ich gerechnet.
Diese jetzt vorgelegte Statistik ist die erste (!) dieser Art. Im Jahr 2024. Und irgendwie auch typisch deutsch. Bloß nicht festlegen auf Begrifflichkeiten, die vielleicht nicht ins Bild passen, oder sich noch nicht eingebürgert haben.
Wenn das Wort "Femizid" im engeren Sinn von "Mord an einer Frau/einem Mädchen mit dem Motiv Frauen-/Mädchenhass oder -verachtung" gebraucht wird, dann darf man unter Berufung auf die Tötungsstatistik nicht von 360 Femiziden in diesem Sinn des Wortes sprechen, weil darin die Tatmotive gar nicht erfasst sind.



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Mo 25. Nov 2024, 09:57

Stefanie hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 09:17
Wie willst Du es denn nennen, wenn in der häuslichen Umgebung bzw. in Partnerschaften, Frauen der Gewalt des Partners ausgesetzt sind, bis hin zur Tötung?
Weil sie nicht gut genug geputzt hatten, weil sie arbeiten gehen wollen, sich mit Freundinnen treffen wollen, den Mann verlassen wollen, eine andere Meinung haben, mehr Geld aus der Haushaltskasse brauchen, einfach nur widersprechen usw.?
Ehrenmorde? Partnerschaftliche Streitigkeiten? Familientragödie? Diese Begriffe werden der Situation noch nicht mal ansatzweise gerecht.
Sie werden angegangen, weil sie Frauen sind.
Die eigenen vier Wände sind ein Hochrisikogebiet für Frauen. Mehr noch als dunkle Ecken, Discos, Cafes, Karneval.
Gewiss. Doch wenn ein Mann gegenüber seiner Partnerin häusliche Gewalt ausübt, dann ist das Opfer logischerweise eine Frau (es sei denn, es handelt sich um eine "Transfrau"); aber daraus folgt nicht, dass er sie deshalb misshandelt oder gar tötet, weil sie eine Frau ist. Vielleicht tut er das nicht, weil sie eine Frau ist und er Frauen hasst, sondern weil diese eine besondere Frau aus irgendeinem Grund seinen Zorn erregt hat, der nichts mit ihrer bloßen Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht zu tun hat.



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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2024, 10:06

"Wird in Deutschland jemand von seinem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet, ist in über 90 Prozent der Fälle das Opfer weiblich." (Quelle Tagesschau)




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Stefanie
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Mo 25. Nov 2024, 10:12

Echt jetzt?
Frauen werden unterdrückt, weil sie Frauen sind. Es liegt nicht an ihrem individuellen Charakter, nicht an ihren Vorlieben, nicht an der Haarfarbe, dem Aussehen, den Kochkünsten, etc. Sie werden unterdrückt, weil sie Frauen sind. Die konsequenteste Unterdrückung ist die Tötung.
Allein schon der Ausdruck "weibliche Insubordination".
Abwertender kann es nicht sein.



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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2024, 10:26

Consul hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 09:31
Selbst bei sogenannten "Ehrenmorden" stellt sich die Frage, ob die weiblichen Opfer ermordet wurden, weil sie Frauen sind, oder weil sie Frauen sind, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzten. Denn "Ehrenmörder" unterscheiden sich hinsichtlich ihres Tatmotivs doch von Mördern, die Frauen aus einem allgemeinen Frauenhass heraus töten. Das Tatmotiv Ersterer ist weibliche Insubordination–(versuchte) weibliche (Selbst-)Befreiung aus unterdrückerischen sexistischen Familien- und Gesellschaftsstrukturen—und nicht die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht als solche.
Wenn eine Frau ermordet wird, weil sie versucht hat, sich aus unterdrückerischen sexistischen Familien- und Gesellschaftsstrukturen zu befreien, oder weil sie eine Frau ist, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzt, dann wurde sie ermordet, weil sie eine Frau ist.




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Consul
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Mo 25. Nov 2024, 11:47

Stefanie hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 10:12
Echt jetzt?
Frauen werden unterdrückt, weil sie Frauen sind. Es liegt nicht an ihrem individuellen Charakter, nicht an ihren Vorlieben, nicht an der Haarfarbe, dem Aussehen, den Kochkünsten, etc. Sie werden unterdrückt, weil sie Frauen sind. Die konsequenteste Unterdrückung ist die Tötung.
Allein schon der Ausdruck "weibliche Insubordination".
Abwertender kann es nicht sein.
Ich habe von "weiblicher Insubordination" (= Unterordnungs-, Gehorsamsverweigerung seitens weiblicher Personen) als Tatmotiv von "Ehrenmorden" gesprochen.

Frauen werden als Frauen Opfer männlicher Unterdrückung und männlicher Gewalt; aber die pauschale Begründung, "weil sie Frauen sind," erklärt eigentlich nichts. Warum werden z.B. die Frauen in Afghanisten und dem Iran so extrem unterdrückt? Nicht "weil sie Frauen sind," sondern weil die dort herrschenden bärtigen Barbaren eine ultrapatriarchistische und ultrasexistische Vorstellung von der sozialen Rolle (den Rechten und Pflichten) der Frau haben.



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Thomas
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Mo 25. Nov 2024, 12:01

Im Gespräch hier fiel u.a. der Begriff "Frauenhass". Meine Frage ist: Was soll das sein: Frauenhass? Mir fehlt dazu echt die Phantasie. Wieso sollte man denn Frauen hassen? Ich meine so Frauen ganz allgemein? Hassen kann man doch eigentlich nur jemanden (egal ob Mann oder Frau) ganz persönlich; und dann natürlich immer auch aus ganz besonderen Gründen. Ich bin diesbezüglich eher auf der Linie der Argumente von Consul. Ich wüsste jedenfalls gar nicht, was man da allgemein an Frauen (oder auch an Männern) hassen kann. Der Begriff 'Frauenhass' klingt für mich irgendwie seltsam, sofern er etwas Pauschales oder Generelles meinen sollte. Und er sagt ja auch gar nichts darüber aus, dass Frauenhass nicht auch von Frauen stammen kann; was ja im konkreten Fall doch gut möglich ist. Übrigens sogar zwischen Feministinnen: Ich habe neulich bei YouTube ein Gespräch aus den 1970ern zwischen Alice Schwarzer und Esther Vilar angeschaut, da hatte ich schon den Eindruck eines (allerdings sehr kultivierten) Hasses der beiden Frauen aufeinander.

Kann mir das mit dem Frauenhass mal jemand erklären? Ich meine aber eher so ganz locker, im Kaffeestübchen-Modus.




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Consul
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Mo 25. Nov 2024, 12:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 10:26
Wenn eine Frau ermordet wird, weil sie versucht hat, sich aus unterdrückerischen sexistischen Familien- und Gesellschaftsstrukturen zu befreien, oder weil sie eine Frau ist, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzt, dann wurde sie ermordet, weil sie eine Frau ist.
Nein, sie wurde ermordet, weil sie eine Frau war, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzte – und nicht einfach deshalb, weil sie eine Frau war. Denn der Mordgrund ist nicht ihr Frausein an sich, sondern ihre Weigerung, die Männerherrschaft und die Fremdbestimmung durch Männer hinzunehmen.
"Ehrenmorde" in Familien geschehen nicht aus einem allgemeinen, grundsätzlichen Frauenhass heraus; denn der Hass oder die Verachtung entsteht hier erst dann, wenn sich eine Frau nicht so verhält, wie es von ihr erwartet wird.
Es gibt natürlich auch andere Mordfälle, insbesondere bei Serienmorden, wo allgemeiner, grundsätzlicher Frauenhass das Tatmotiv ist.



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Mo 25. Nov 2024, 12:20

@thomas Es gibt Menschen, die hassen andere Menschen, weil sie schwarz sind. Meine Fantasie reicht dafür auch nicht, aber es ist dennoch eine Tatsache. Es gibt auch Menschen, die andere Menschen aufgrund ihrer Religion hassen ... all das gibt es. Und natürlich gibt es auch Frauenhass. Incels beispielsweise suchen sich - ähnlich wie Terroristen - ihre weiblichen Opfer meist willkürlich aus, die Ursache: Frauenhass.




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Mo 25. Nov 2024, 12:23

Thomas hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:01
Kann mir das mit dem Frauenhass mal jemand erklären? Ich meine aber eher so ganz locker, im Kaffeestübchen-Modus.
Frauenhass, Frauenfeindlichkeit, Frauenverachtung (Misogynie) gibt es durchaus als allgemeine, grundsätzliche Einstellung gegenüber Frauen. Gleichwohl kann man diese oder jene Frau hassen, ohne ein Frauenhasser im allgemeinen Sinn zu sein; und man kann diese oder jene Frau aus einem Grund hassen, der nichts mit ihrer Geschlechtszugehörigkeit zu tun hat.



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Mo 25. Nov 2024, 12:42

Consul hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:10
Nein, sie wurde ermordet, weil sie eine Frau war, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzte – und nicht einfach deshalb, weil sie eine Frau war.
Doch, denn "patriarchalischen Erwartungen" beziehen sich einzig auf das Geschlecht. Allein das Frausein - und sonst nichts - ist der "Grund" für das gesamte System - inklusive Mord bei Widerstand.




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Thomas
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:20
@thomas Es gibt Menschen, die hassen andere Menschen, weil sie schwarz sind. Meine Fantasie reicht dafür auch nicht, aber es ist dennoch eine Tatsache. Es gibt auch Menschen, die andere Menschen aufgrund ihrer Religion hassen ... all das gibt es. Und natürlich gibt es auch Frauenhass.
Goethe hätte da wohl von einem nicht weiter zurückführbaren "Urphänomen" gesprochen: Frauenhass, Männerhass, Schwarzenhass, Weißenhass, Russenhass, Ukrainerhass und was nicht alles sonst noch. Hass, soweit das Auge reicht. Ich bin aber echt froh, Jörn, dass Dir dazu auch die Phantasie fehlt. Mir ist all das, jetzt ohne Mist, ziemlich unverständlich. Wieso soll ich denn irgendjemanden wegen Geschlecht, Hautfarbe, Alter, Nationalität, Parteizugehörigkeit oder sonstwas hassen?! :o

Klar: Wenn einer meiner Frau etwas antäte, da kann ich mir vorstellen, dass ich den hasse und ganz extreme Rachgelüste hätte. Aber selbst dann hasse ich ja nicht 'Männer', sondern diesen Mann wegen seiner abscheulichen Tat (nicht an 'Frauen', sondern an meiner Frau). Vielleicht fehlt mir einfach der Anlass oder die konkrete Erfahrung zum Hassen; aber ich kann mir schon vorstellen - und kenne aus meinem Umfeld auch solche Fälle - dass andere Menschen schon konkret Hassgefühle haben. Ich hoffe, dass ich nie jemanden hassen muss, und wünsche es auch keinem.




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Thomas hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:58
Wieso soll ich denn irgendjemanden wegen Geschlecht, Hautfarbe, Alter, Nationalität, Parteizugehörigkeit oder sonstwas hassen?!
Hier ein Beispiel:
Friedrich-Ebert-Stiftung hat geschrieben : Was bedeutet Incel?
Das Wort ist eine Neuschöpfung aus Abkürzungen für die englischen Begriffe „involuntary“ und „celibate men“. Incel steht für Männer, die „unfreiwillig“ im Zölibat leben, die also keinen Sex haben. Sie organisieren sich im Internet, bestätigen sich gegenseitig ihre Weltsicht in ihren Foren, tauschen Videos und Gewaltfantasien miteinander aus. Dreh und Angelpunkt ist ihr Hass gegen Frauen ...

https://www.fes.de/wissen/gender-glossar/incel




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:42
Consul hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 12:10
Nein, sie wurde ermordet, weil sie eine Frau war, die sich patriarchalischen Erwartungen/Forderungen (Normen) an Frauen widersetzte – und nicht einfach deshalb, weil sie eine Frau war.
Doch, denn "patriarchalischen Erwartungen" beziehen sich einzig auf das Geschlecht. Allein das Frausein - und sonst nichts - ist der "Grund" für das gesamte System - inklusive Mord bei Widerstand.
Nein, "der 'Grund' für das gesamte System" sind bestimmte soziale Normen (Regeln, Vorschriften), wie Frauen zu sein, sich zu verhalten haben. Frauen werden zur Bestrafung ermordet, weil sie sich diesen Normen widersetzen, und nicht einfach, weil sie Frauen sind. Letzteres wäre z.B. nur dann der Fall, wenn die Taliban einen "Gynozid" an allen Frauen verübten, egal ob sie sich an die patriarchalischen Regeln halten oder nicht.



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Es ist Teil des Systems, dass man bei "Fehlverhalten" ermordet wird. Und man ist davon betroffen, wenn man eine Frau ist, einen weiteren "Grund" gibt es nicht. Frausein reicht hin, Opfer des Systems zu sein. In solchen Fällen spricht man oft von einem strukturellen Femizid, da die Morde sowohl den Widerstand brechen als auch die patriarchale Unterdrückung von Frauen insgesamt aufrechterhalten sollen. Das Geschlecht spielt hier die zentrale Rolle.

Die Diskussion ist mit irgendwie zu zynisch, deswegen bin jetzt raus.




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