PS. zu Elke Heidenreich, Rassismus usw.

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Fr 5. Nov 2021, 23:23

Was meint eigentlich Jemand damit, wenn er sagt "Hast Du andere wie mich gesehen?"
Ist eine solche Frage zulässig? Was ist dieses "wie mich" und wo kommt das her?



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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Fr 5. Nov 2021, 23:35

Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 23:02
Rassismus liegt vor, wenn Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Merkmale (z.B. Hautfarbe, Herkunft, Religion) als homogene Gruppen konstruiert, negativ bewertet und ausgegrenzt werden.
Dieser Defintion nach wäre die Aussage "Alle Weißen sind Rassisten" rassiistisch, weil sie eine Einteilung und Zuschreibung aufgrund der Hautfarbe vornimmt.
Interessanter Weise ist das aber gerade nicht das was Hasters schreibt.

Die Autorin Alice Hasters äußerte sich auf die Kritik von Dieter Nuhr an ihrem Buchtitel ebenfalls und erklärte die Aussage ihres Buches noch einmal im Detail: "Alle Menschen sind rassistisch sozialisiert, weiße Menschen sind durch Rassismus privilegiert", erklärte sie. "Das ist es, was sie oft nicht hören wollen, aber wissen sollten."

Außerdem führte sie aus, dass die Bezeichnung "weiß" genau wie andere Rassifizierungen ein soziales Konstrukt sei, kein biologischer Fakt. Auch sie selbst könne in bestimmten Kontexten "weiß" sein.

„Weiß“ ist, wie alle anderen Rassifizierungen auch, ein soziales Konstrukt und kein biologischer Fakt. Ob man in die Kategorie „weiß“ fällt, kann kontextabhängig sein. Auch ich kann in manchen Kontexten weiß sein. Dieter Nuhr ist in jedem Kontext weiß.

— Alice Hasters (@alicehasters) November 15, 2020


Es brennt mir unter den Fingernägeln mich mit ihren Begriffen kritisch auseinanderzusetzen.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 6. Nov 2021, 00:04, insgesamt 2-mal geändert.



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NaWennDuMeinst
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Fr 5. Nov 2021, 23:44

Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 23:02
Ich denke, hierauf lässt sich Friederikes Aussage, dass Gruppen neu gedacht werden können, beziehen.
Das hat aber nichts mit dem zu tun was ich schrieb. Ich schrieb ja bloß, dass es eben diese tatsächlichen Merkmale gibt die man beobachten kann.
Das enthält weder eine Wertung noch sonstwas.
Wenn ich sage es gibt Menschen mit weißer und Menschen mit schwarzer Haut dann ist das einfach nur eine Feststellung und kein Rassismus. Und das ist auch keine "gemachte" Gruppierung (höchstens von der Natur oder vom lieben Gott gemacht), sondern das ist schlicht eine Beobachtung.
Es gibt dann natürlich noch die Zuschreibung: "Ah, schwarze Haut. Dieser Mensch hat einen Migrationshintergrund".
Und da kann man jetzt drüber streiten ob das zulässig ist das anzunehmen.
Ich finde es ist zulässig, denn idR stimmt das ja in unseren Breiten.
Und die entscheidende Frage ist dann ob man einen Menschen damit ausgrenzt, dass man von einem seiner Merkmale auf ein anderes seiner Merkmale schliesst.
Das wäre doch nur der Fall, wenn man diese Merkmale als negativ und nicht zugehörig (im Sinne von "hat hier nichts zu suchen, gehört nicht hierher") ansehen würde.
Und ich sehe nicht wie das hier zutreffen könnte. Wenn ich sage "dieser Mensch ist anders" dann sage ich damit nicht "dieser Mensch gehört nicht hierher", denn ich kann ja gerade der Meinung sein, dass das andere hierher gehört.
Zu glauben dass es in unserer Gesellschaft viele sich unterscheidende Gruppen von Menschen gibt, heißt nicht gleichzeitig dass man meint diese Unterschiede gehörten nicht hierher.
Jemanden zu fragen wo er herkommt ist doch eine andere Frage als die was er hier zu suchen hat.



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Burkart
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Sa 6. Nov 2021, 00:10

Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 19:32
Vor kurzem sah ich einen kurzen Bericht über eine Familie, die als "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen sind. Interviewt wurde die Enkelin, kann auch sein, es war die Urenkelin. Das Mädchen, gerade eingeschult, wurde gefragt, wie es ihr denn so in der Schule gefällt.
Es gefällt ihr gut, es wären alle nett, sie wäre ja schon aufgrund ihres Namens ein Ausländer. Nachfrage der Reportern, ob sie sich als Ausländer ansieht. Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer.

Nach NWDM müsste sie jetzt wahrscheinlich die Diskriminierung beweisen, dabei ist das was sie beschreibt, sowas von offensichtlich diskriminierend.
Mich würde ich diesem Zusammenhang mal interessieren, ob ihr Diskriminierung als etwas auf jeden Fall Negatives anseht oder ggf. auch nur als ein neutrales Attribut.
Denn die Aussage der (Ur-)Enkelin "Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer." mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen o.ä.), muss aber überhaupt keine Wertung beinhalten, kann nur ein neutraler, "harmloser" Fakt sein. (Leider geht das aus der Reprtage insoweit nicht hervor, sodass jeder reininterpretieren kann, was er möchte.)
Zum Vergleich: Mit 2,06 m werde ich halt als großer Mensch diskriminiert, i.a. ohne echte, relevante Wertung.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Nauplios

Sa 6. Nov 2021, 00:17

Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 23:02
Amnesty-Broschuere-Alltagsrassismus-Maerz2017.pdf

Vielleicht liest es jemand....
Ich hab' mit dem Lesen begonnen und es nach dieser Passage aus dem ersten Beitrag von Marieme Agne eingestellt:

"Es ist wichtig, sich mit den eigenen rassistischen Handlungen und Denkweisen auseinanderzusetzen. Mit der eigenen Sprache und dem eigenen Unwissen, aber auch mit der eigenen Ignoranz."

Ich, der Leser, bin "unwissend" und "ignorant". Wußte man das nicht immer schon? ;)




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Sa 6. Nov 2021, 01:59

ZEIT Campus ONLINE: Wenn jemand einer schwarzen Person ungefragt in die Haare fasst oder wenn ein Nazi jemanden tötet– die Spannbreite, in der sich Rassismus äußert, ist groß. Ist es richtig, alles unter einem Begriff zu fassen?

Hasters: Natürlich gibt es hinsichtlich des Gewaltausmaßes oder der Intention Unterschiede, also zwischen nicht böse gemeinten Handlungen und rechtsextremen gewaltvollen Übergriffen. Doch es gibt eben auch viel Spielraum dazwischen. Und alles entspringt dem gleichen Denken, dass weiße Menschen mehr wert sind als schwarze. Was in der Geschichte immer wieder so festgeschrieben wurde, wie in der Zeit des Kolonialismus. Ich will, dass die Leute die Verbindung dazwischen verstehen.


Ich habe mal einen Satz unterstrichen der mich besonders aufregt und zwar deshalb weil das ein ziemlich starker Vorwurf ist de so und in ähnlicher Form immer wieder bei ihr auftaucht..
Sie behauptet da in den Köpfen der Menschen herrsche das Denken vor dass weiße Menschen mehr wert sind als schwarze.
Wie kommt sie darauf sowas zu behaupten? Wo sind die Beweise dafür? In unserem Grundgesetz, wie auch in den Menschenrechten steht etwas anderes. Und diese Gesetze wurden doch auch von den Menschen verfasst denen sie hier pauschal wirklich schlimme Dinge unterstellt. Wieso muss sich eine ganze Gesellschaft von ihr sowas pauschal unterstellen lassen?
Nur weil es in einer Gesellschaft rassistische Ereignisse gibt heißt das doch nicht, dass jeder glauben würde dass schwarze Menschen weniger wert sind als weiße.
Also ich finde das echt ungeheuerlich was die Frau da behauptet.
Weil Menschen anderen Menschen ungefragt durch die Haare fahren ist eine ganze 80 MIllionen Gesellschaft der Ansicht das schwarze Menschen weniger wert sind als weiße Menschen?
Wir haben Anti-Diskriminierungsgesetze. Was ist das für sie?

Ich finde solche starken Behauptungen muss man auch belegen können, ansonsten ist das für mich einfach nur pure Verleumdung.
Und nein, aus dem Umstand, dass Rassismus vorkommt folgt nicht -weder logisch noch sonst wie - dass alle Menschen oder auch nur eine Mehrheit der Menschen glaubt, dass schwarze Menschen weniger wert sind als weiße.
Also ich glaube das nicht und ich habe das auch nie geglaubt. Ihr etwa?



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Sa 6. Nov 2021, 02:37

Ich weiß noch damals, als ich ein kleiner Junge war kam der "Weihnachtsmann" zu uns in den Kindergarten.
Er stand mit einem Sack voll Geschenken im Raum und die Kinder um ihn herum, mit nach den Geschenken ausgestreckten Armen.
Und er hat dann ein Geschenk nach dem anderen aus seinem Sack geholt und sie den Kindern überreicht.
Irgendwann holte er ein Geschenk heraus das mir gefiel und das ich haben wollte (Ich glaube es waren Bundstifte).
Ich bin also einen Schritt näher ran, versuchte zwischen den anderen Kindern nach dem Geschenk zu greifen und dann wurde ich von einem schwarzen Jungen ziemlich heftig beiseite gestossen und er schnappte mir das Geschenk weg.
Damals - und das war das einzige Mal in meinem Leben - hatte ich gedacht : "Du Arschlochkind. Sei doch froh, dass Du überhaupt hier sein darfst und dass wir dir was abgeben."
Ich habe das nur gedacht und nicht gesagt. Und ich weiß dass ich mich noch wochenlang für diesen Gedanken geschämt habe.
Denn mir ist abends im Bett der Vorfall nochmal durch den Kopf gegangen und mir wurde klar, dass meine Gedanken falsch waren.
Ich bin heute noch stolz darauf, dass ich als kleines Kind schon begriffen habe, dass ich das rüde Verhalten dieses Jungen unzulässig mit seiner Hautfarbe und seiner Herkunft verknüpft hatte.

Ich weiß was falsch und richtig ist. Und das schon seit Kindesbeinen an. Und ich muss mir von einer "Autorin" nicht ins Gewissen reden oder erklären lassen ich sei ein Rassist.
Ganz ehrlich, ich finde das unerhört. Was bildet diese Frau sich ein so und in dieser pauschalen Form über andere Menschen zu urteilen?
Was glaubt sie denn zu welchen Urteilen ihre persönlichen Erfahrungen sie befähigen?
Vielleicht muss hier einfach mal wieder der wirkliche Hass und Rassismus vollumfänglich und weitflächig grassieren, damit deutlich wird wie das denn aussähe wenn wir wirklich alle der Meinung wären ein schwarzes Leben sei nichts oder weniger wert.
Die Frau scheint einfach nicht zu verstehen, dass wenn sie Sätze wie diesen

Und alles entspringt dem gleichen Denken, dass weiße Menschen mehr wert sind als schwarze.

vom Stapel lässt, dass sie dann den Eindruck erweckt als wolle sie Leute, die sich für die Rechte der Schwarzen (und anderer Minderheiten) einsetzen und völlig durchgeknallte Leute die ihren Rassenwahn zelebrieren in einen einzigen Rassismus-Topf werfen. Denn genau das tut sie wenn sie sagt es gäbe nur einen graduellen Unterschied, aber letztlich käme aus dem Mund aller Weißen der selbe "tradierte", "systematische" Rassismus.



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Stefanie
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Sa 6. Nov 2021, 08:10

Aus der Amnesty International PDF
Sorry die Formatierung klappte nicht, in der PDF ist es besser.

„Das wird man
ja wohl noch
sagen dürfen“
Rassismus in unserer Sprache ist ein regelmäßiges Streitthema. Die Fronten wirken verhärtet, eine Auseinandersetzung mit rassismus-kritischer Sprache lohnt sich dennoch. „Folgen Sie dem Ruf exotischer Frauen, rassiger Zigeuner und mutiger Stierkampfhelden nach Spanien, dem Land der Sonne und Kastagnetten“: Was sich wie eine übersteigerte Auflistung rassistischer Stereotype liest, stammt tatsächlich aus der Einladung zu den „Opern & Operetten Festspiele“ Magdeburg 2005.
Gut zehn Jahre später ist zwar einiges besser, aber nicht vieles anders geworden. Seien es nun gut gemeinte Kulturveranstaltungen oder Medienberichte, Schulbücher oder unser ganz alltäglicher Sprachgebrauch – in vielen Bereichen finden sich rassistische Benennungen und Redewendungen, die benutzt werden, teilweise ohne dass den Sprechenden die Problematik bewusst ist. Das wird etwa deutlich, wenn man den Begriff „Afrikafest“ googelt: Die Trefferliste beinhaltet unterschiedlichste Kulturveranstaltungen, bei denen in bester Absicht ein rassistisches Vorurteil ans andere gereiht wird. Da ist von „rhythmischen Trommeln“ und „exotischen Genüssen“ die Rede, während sich auf den Veranstaltungsplakaten Elefanten, halb bekleidete Schwarze Menschen und Savannenlandschaften finden – wenige Worte und Bilder genügen, um einen ganzen Kontinent auf gängige Klischees zu reduzieren. Diese Etiketten sind das Ergebnis eines unbedachten, im schlimmsten Fall ignoranten Umgangs mit Sprache, der Menschen diskriminiert.
Welche Auswirkungen derartige Benennungen haben können, zeigte sich etwa in der sogenannten Kinderbuchdebatte im Dezember 2012: Damals wurde quer durch die Feuilletons und in der breiten Öffentlichkeit über rassistische Sprache in Kinderbüchern gestritten, ausgelöst durch den Leserbrief der kleinen Ishema Kane an Die Zeit. Zuvor hatte die Wochenzeitung einen Artikel veröffentlicht, der sich gegen die Tilgung des N-Wortes aus Kinderbüchern ausspricht – eine Position, die die Neunjährige verletzte, wie sie schrieb.
Im Alltag begegnen einem immer wieder Menschen, die es treffend finden, von „rassigen Tänzerinnen“ und „exotischen Trommel-klängen“ zu schwärmen: Adjektive, die durch Rassentheorie und Kolonialzeit geprägt wurden und so nicht nur aufgrund ihres pauschalisierenden Charakters problematisch sind.
Und selbst Begriffe wie „Mohrenkopf“ oder „Zigeunerschnitzel“ erweisen sich als hartnäckige, sprachliche Wiedergänger.Obwohl diese Bezeichnungen aus ganz unterschiedlichen Kontexten stammen, haben sie doch eines gemeinsam: Sie machen deutlich, wie fest verankert Rassismen in unserem täglichen Sprachgebrauch sind; Bemühungen, sie aufzugeben, verursachen Debatten. Schnell fällt das Wort von der „Sprachpolizei“, wird übersteigerte Sensibilität diagnostiziert oder aber gleich eine vermeintliche „Sprachdiktatur“ angeprangert.„Stell dich nicht so an …“
Das haben zum Beispiel die Neuen deutschen Medienmacher (NdM) erfahren, als sie 2014 ihr Glossar mit „Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland“ vorstellten. Die NdM sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Medienschaffenden mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die sich als gemeinnütziger Verein seit 2008 für mehrVielfalt in den Medien migrantische Perspektiven in der Berichterstattung sowie einen diskriminierungsfreien öffentlichen Diskurs einsetzen. Ebenjener Diskurs soll durch das Glossar gefördert werden, indem etwa problematische Begriffe aus den Themenbereichen „Flucht und Asyl“, „Migration“ oder „Islam“ vorgestellt werden, erläutert wird, worin die Problematik besteht, und alternative Benennungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Ausdrücklich als „Debattenbeitrag“ und „Hilfestellung“ für die tägliche Redaktionsarbeit eingeführt, gab es den noch einige Kritiker_innen, die der Publikation als Ganzem vorwarfen, eine überbordende Political Correctness zu propagieren, die Sprache gleichschalten zu wollen oder übertriebenes „Gutmenschentum“ zu fördern. Ein weiterer häufiger Vorwurf: Man solle sich nicht so „anstellen“, es gehe schließlich nur um Worte. Diese Haltung verkennt die Bedeutung und Wirkung von Sprache. Sprache beeinflusst unsere Wahrnehmung und damit auch unsere gesellschaftliche Realität. Sie findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern ist immer auch Ausdruck von (Macht-)Verhältnissen. Und: Sprache ist niemals neutral. So verschleiert beispielsweise das vermeintlich objektive Wort von der „Entdeckung Amerikas“, dass eine brutale und unzählige Menschenleben kostende Kolonialisierung stattfand. Noch deutlicher wird das Problem beim Begriff „Reichskristallnacht“: Obwohl weit verbreitet, handelt es sich doch um die beschönigende Bezeichnung der Reichspogromnacht, welche den Auftakt der systematischen Judenvernichtung bildete.Mehr als ein Werkzeug. Gerade aktuelle Diskussionen folgen dabei einem immer gleichen Muster: Jemand äußert Kritik an diskriminieren dem Sprachgebrauch, es folgt eine heftige Diskussion, die Kritik wird als übertrieben diffamiert und die Debatte schläft wieder ein. Oft genug wird der Streit dabei auf einer Ebene ausgefochten, die Sprache als bloßes Werkzeug sieht – als Instrument, dessen Regeln sich im korrekten Gebrauch des „Dudens“ und der Beherrschung von Grammatik und Zeichensetzung erschöpfen, als wertfreies Mittel der Informationsvermittlung.
Doch Sprache ist viel mehr als das: Sie ist eine Grundlage unseres menschlichen Miteinanders, ihr bewusster Gebrauch ein Zeichen gegenseitigen Respekts. Zu jenem Respekt gehört, jeder und jedem zuzugestehen, dass sie oder er selbst bestimmt, wann eine Bezeichnung als diskriminierend erlebt wird. Wenn also etwa Schwarze Menschen das N-Wort als rassistisch empfinden, dann hat das nichts mit Zensur, Überempfindlichkeit oder Denkvorschriften zu tun, sondern ist einfach das legitime Einfordern von Respekt und Ausdruck einer Selbstverständlichkeit in unserer heutigen pluralen Gesellschaft.
Doch warum ist der Widerstand gegen solche Selbstverständlichkeiten so heftig? Kritik an diskriminie rungssensiblem Sprachgebrauch reiht sich oft ein in eine ganze Liste antimodernistischer Tendenzen, zu denen nicht selten ebenso Antifeminismus, Rechtspopulismus oder Homophobie gehören. Gemein ist ihnen die Ablehnung von Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz – Eigenschaften, die von den entsprechenden Gesinnungsgenossen als anstrengend, weltfremd und überflüssig bezeichnet werden. Das gemeinsame Mantra lässt sich in den meisten Fällen auf ein „Früher war alles besser“ herunterbrechen. Tatsächlich scheint gerade beim Thema „Rassismus und Sprache“ die Vergangenheit einfacher gewesen zu sein: Kritischer Sprachgebrauch war einmal eine fast ausschließlich akademisch geführte Diskussion. Doch einfacher heißt in diesem Fall nicht besser. Es mag sein, dass die Sprache früher weniger Fallstricke bot, doch wurden auch viel mehr Menschen durch unbedachten Sprachgebrauch verletzt. Der Unterschied: Heute erheben diese Menschen ihre Stimme und benennen rassistische Zu- und Beschreibungen in unserer Sprache deutlich. Dass wir uns nun öffentlich darüber streiten, ob es einen Unterschied zwischen „Migranten“, „Einwanderern“ und „Zuwanderern“ gibt, ob es „Flüchtling“ oder „Geflohener“ heißen sollte und wann ein „besorgter Bürger“ doch einfach nur ein „Nazi“ ist, kann insofern schon fast als Fortschritt bezeichnet werden. Denn Stück für Stück rückt so ins öffentliche Bewusstsein, dass Sprache verschiedene, komplexe Dimensionen hat. Entsprechend geht es nicht immer nur darum, was gesagt wird, sondern auch um das „Wie?“ und um die Frage, wer mit wem über wen spricht. Sprache wird vor diesem Hintergrund zu einer täglichen Chance, Einfluss auf unsere Gesellschaft und ihre Werte zu nehmen. In dem Maße, in dem Sprache Wirklichkeit formt, bietet sie schließlich auch die Möglichkeit, an dieser Formung teilzuhaben – im Guten wie im Schlechten. Denn schon der von den Nazis verfolgte jüdische Romanist und Politiker Victor Klemperer bemerkte, dass Wörter wie winzige Arsendosen wirken können: „Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach
einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“



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Stefanie
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Sa 6. Nov 2021, 08:28

Burkart hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 00:10
Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 19:32
Vor kurzem sah ich einen kurzen Bericht über eine Familie, die als "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen sind. Interviewt wurde die Enkelin, kann auch sein, es war die Urenkelin. Das Mädchen, gerade eingeschult, wurde gefragt, wie es ihr denn so in der Schule gefällt.
Es gefällt ihr gut, es wären alle nett, sie wäre ja schon aufgrund ihres Namens ein Ausländer. Nachfrage der Reportern, ob sie sich als Ausländer ansieht. Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer.

Nach NWDM müsste sie jetzt wahrscheinlich die Diskriminierung beweisen, dabei ist das was sie beschreibt, sowas von offensichtlich diskriminierend.
Mich würde ich diesem Zusammenhang mal interessieren, ob ihr Diskriminierung als etwas auf jeden Fall Negatives anseht oder ggf. auch nur als ein neutrales Attribut.
Denn die Aussage der (Ur-)Enkelin "Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer." mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen o.ä.), muss aber überhaupt keine Wertung beinhalten, kann nur ein neutraler, "harmloser" Fakt sein. (Leider geht das aus der Reprtage insoweit nicht hervor, sodass jeder reininterpretieren kann, was er möchte.)
Zum Vergleich: Mit 2,06 m werde ich halt als großer Mensch diskriminiert, i.a. ohne echte, relevante Wertung.
Die Verwendung des Wortes "Ausländer" ist schon die Wertung. Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch. Du bist außerhalb von uns.
Du schreibst "mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen ) (...)."
Also, wer keinen vermeintlichen deutschen Namen hat und auch keine helle Hautfarbe hat, kann ja nur ein Ausländer sein.
Da ist nichts neutral dran.
Ein Mädchen in der Grundschule, ein Kind, muss sich im Jahr 2021 immer noch anhören, sie sei nicht von hier und gehört nicht zu uns?
Das sollte einem zu denken geben.



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Burkart
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Sa 6. Nov 2021, 08:33

Ich frage mich hier langsam (mal wieder), worum es uns (Denkern) hier überhaupt geht.
Natürlich gibt es Rassismus, aber was würde einer für uns Negatives einem beliebigen anderen Menschen, ob nun dunkelhäutig oder wie auch immer, wirklich antun? Vermutlich nichts, schlimmstenfalls irgendwann freundlich nach seiner Herkunft fragen, wenn es sich dann ergibt. Oder ist hier z.B. jemand Arbeitgeber, der einen Menschen aus so einem Grunde nicht einstellt? (Erwähnte ich schon, dass ich mich sehr freue, wieder mit meiner vietnamesischen Kollegin zusammenarbeiten zu können?)
Warum regen wir uns über unsere unterschiedliche Perspektiven auf? Vielleicht weil wir von gewissen Medien und dahinterstenden Menschen dazu gebracht wurden? Vielleicht weil man daraus so schönes Thema zum Polarisieren machen kann? Warum wird das Thema hier bei uns in Deutschland (nicht in den USA, die haben echte Probleme damit) hochgekocht?



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Burkart
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Sa 6. Nov 2021, 08:38

Stefanie hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 08:28
Burkart hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 00:10
Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 19:32
Vor kurzem sah ich einen kurzen Bericht über eine Familie, die als "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen sind. Interviewt wurde die Enkelin, kann auch sein, es war die Urenkelin. Das Mädchen, gerade eingeschult, wurde gefragt, wie es ihr denn so in der Schule gefällt.
Es gefällt ihr gut, es wären alle nett, sie wäre ja schon aufgrund ihres Namens ein Ausländer. Nachfrage der Reportern, ob sie sich als Ausländer ansieht. Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer.

Nach NWDM müsste sie jetzt wahrscheinlich die Diskriminierung beweisen, dabei ist das was sie beschreibt, sowas von offensichtlich diskriminierend.
Mich würde ich diesem Zusammenhang mal interessieren, ob ihr Diskriminierung als etwas auf jeden Fall Negatives anseht oder ggf. auch nur als ein neutrales Attribut.
Denn die Aussage der (Ur-)Enkelin "Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer." mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen o.ä.), muss aber überhaupt keine Wertung beinhalten, kann nur ein neutraler, "harmloser" Fakt sein. (Leider geht das aus der Reprtage insoweit nicht hervor, sodass jeder reininterpretieren kann, was er möchte.)
Zum Vergleich: Mit 2,06 m werde ich halt als großer Mensch diskriminiert, i.a. ohne echte, relevante Wertung.
Die Verwendung des Wortes "Ausländer" ist schon die Wertung.
Nur, wenn man es unbedingt gewertet sehen möchte; für mich ist es nur ein Fakt.
Natürlich kann man jedem Wort eine persönliche oder scheinbar allgemeine(re) Wertung zuordnen, aber das macht oft keinen Sinn, weil die Wertigkeiten sehr unterschiedlich einschließlich neutral sein können. Außer natürlich, man möchte gerade Gefühle hochkochen lassen...
Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch.
Ein reiner Fakt.
Du bist außerhalb von uns.
Das ist deine Wertung.
Du schreibst "mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen ) (...)."
Also, wer keinen vermeintlichen deutschen Namen hat und auch keine helle Hautfarbe hat, kann ja nur ein Ausländer sein.
Wer sagt denn das? Ich jedenfalls nicht. Das ist für mich eine klare Übertreibung. (Ok, vielleicht mag das Mädchen es so sehen, dazu siehe meinen restlichen Text.)
Da ist nichts neutral dran.
Nur, wenn man es so sehen will.
Ein Mädchen in der Grundschule, ein Kind, muss sich im Jahr 2021 immer noch anhören, sie sei nicht von hier und gehört nicht zu uns?
Das sollte einem zu denken geben.
Hat sie gesagt "gehört nicht zu (uns)"? Davon hattest du nichts geschrieben (oder wo ggf?) und ist ziemlich entscheidend.
Klar, ein Kind drückt nicht alles explizit aus. Immerhin sagte sie doch "Alle wären nett" in "Es gefällt ihr gut, es wären alle nett, sie wäre ja schon aufgrund ihres Namens ein Ausländer. " - nichts von wegen negativem Blick auf Ausländer o.ä.



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Stefanie
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Sa 6. Nov 2021, 09:00

Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch.

Ein reiner Fakt.
Es ist also ein reiner Fakt, dass Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch.
Wieso sagt man dann zu einem Mädchen, das hier aufgewachsen ist, genauso wie ihre Mutter, fließend deutsch spricht, Deutsche ist, Ausländer?

Oder wieso wird jemand als Ausländer bezeichnet, der hier geboren wurde, wie die Eltern und Großeltern auch, eine dunkle Hautfarbe hat und deutsche Staatsangehörigkeit hat?



Der, die, das.
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Burkart
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Sa 6. Nov 2021, 09:35

Stefanie hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 09:00
Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch.

Ein reiner Fakt.
Es ist also ein reiner Fakt, dass Ausländer meint, Du bist nicht von hier, Du bist nicht deutsch.
Wieso sagt man dann zu einem Mädchen, das hier aufgewachsen ist, genauso wie ihre Mutter, fließend deutsch spricht, Deutsche ist, Ausländer?
Das muss du die sagende Person fragen. Vielleicht, weil sich die Person getäuscht hat aufgrund ihres Vorurteils?
Aber ja, natürlich benutzen einige Menschen "Ausländer" auch als Schimpfwort, ähnlich wie man sich als "Bohnenstange" nicht gerade freundlich angesprochen fühlt.
Oder wieso wird jemand als Ausländer bezeichnet, der hier geboren wurde, wie die Eltern und Großeltern auch, eine dunkle Hautfarbe hat und deutsche Staatsangehörigkeit hat?
Das ist dann nicht korrekt. Vielleicht will derjenige auch nur auf ausländische Wurzeln anspielen, die ihm da zu sein scheinen.
Wenn allerdings z.B. einige Türken oder andere sich auch in zweiter oder dritter Generation abkapseln und ggf. sich gar noch eher als Türken o.ä. fühlen, machen sie sich diese quasi selbst zu Ausländern. Das sind aber wohl eher andere Menschen, weniger die mit dunkler Hautfarbe.



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Nauplios

Sa 6. Nov 2021, 10:29

"Kritik an diskriminierungssensiblem Sprachgebrauch reiht sich oft ein in eine ganze Liste antimodernistischer Tendenzen, zu denen nicht selten ebenso Antifeminismus, Rechtspopulismus oder Homophobie gehören. Gemein ist ihnen die Ablehnung von Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz – Eigenschaften, die von den entsprechenden Gesinnungsgenossen als anstrengend, weltfremd und überflüssig bezeichnet werden. Das gemeinsame Mantra lässt sich in den meisten Fällen auf ein 'Früher war alles besser' herunterbrechen." (aus der Amnesty International PDF)

Was ist Antifeminismus? - Die Amadeu-Antonio-Stiftung schreibt dazu:

"Antifeminismus ist eine zentrale Ideologie im Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Das Erstarken extrem rechter Bewegungen und menschenfeindlicher Weltanschauungen in den letzten Jahren in Deutschland geht daher auch mit einem Erstarken von Antifeminismus einher."

Was ist Homophobie? - Dazu schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung

"Dieses Fremdwort heißt übersetzt Feindseligkeit gegenüber Menschen, die homosexuell, also schwul oder lesbisch sind, oder eine andere sexuelle Orientierung haben. Menschen, die homophob eingestellt sind (so heißt das Adjektiv vom Wort 'Homophobie'), sind ablehnend bis feindlich gegenüber homosexuellen Menschen. Sie äußern sich abwertend und verhöhnen homosexuelle Menschen durch hässliche Bemerkungen, Witze und Sprüche."

Die "ganze Liste antimodernistischer Tendenzen" ist mit Antifeminismus, Homophobie und Rechtspopulismus natürlich noch nicht fertig; da kommen noch weitere Scheußlichkeiten dazu. Aber von diesen dreien weiß Amnesty International zu berichten, daß sie nicht weit sind, sollte jemand auf die Idee kommen, "Kritik an diskriminierungssensiblem Sprachgebrauch" zu üben. Das hatte ich eigentlich für heute vor. Zumindest wäre "Kritik an diskriminierungssensiblem Sprachgebrauch" bei der Besprechung von Alice Hasters Buch nicht ausgeschlossen gewesen.

Aber jetzt weiß ich, daß ich mich damit unter die "entsprechenden Gesinnungsgenossen" eingereiht hätte, die "nicht selten" feindlich gegenüber homosexuellen Menschen sind, mit dem Antifeminismus eine menschenfeindliche Weltanschauung vertreten und ohnehin rechtspopulistisch sind.

Möchte jemand mein Exemplar von Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten haben? ;)




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Sa 6. Nov 2021, 11:01

Stefanie hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 08:28
Burkart hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 00:10
Stefanie hat geschrieben :
Fr 5. Nov 2021, 19:32
Vor kurzem sah ich einen kurzen Bericht über eine Familie, die als "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen sind. Interviewt wurde die Enkelin, kann auch sein, es war die Urenkelin. Das Mädchen, gerade eingeschult, wurde gefragt, wie es ihr denn so in der Schule gefällt.
Es gefällt ihr gut, es wären alle nett, sie wäre ja schon aufgrund ihres Namens ein Ausländer. Nachfrage der Reportern, ob sie sich als Ausländer ansieht. Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer.

Nach NWDM müsste sie jetzt wahrscheinlich die Diskriminierung beweisen, dabei ist das was sie beschreibt, sowas von offensichtlich diskriminierend.
Mich würde ich diesem Zusammenhang mal interessieren, ob ihr Diskriminierung als etwas auf jeden Fall Negatives anseht oder ggf. auch nur als ein neutrales Attribut.
Denn die Aussage der (Ur-)Enkelin "Nein, ich bin deutsch, aber die anderen sehen mich als Ausländer." mag ja faktisch so sein (aufgrund Hautfarbe, Namen o.ä.), muss aber überhaupt keine Wertung beinhalten, kann nur ein neutraler, "harmloser" Fakt sein. (Leider geht das aus der Reprtage insoweit nicht hervor, sodass jeder reininterpretieren kann, was er möchte.)
Zum Vergleich: Mit 2,06 m werde ich halt als großer Mensch diskriminiert, i.a. ohne echte, relevante Wertung.
Die Verwendung des Wortes "Ausländer" ist schon die Wertung
Das finde ich nicht. Dann müsste ja so ein Satz wie "In Deutschland leben soundso viele Ausländer" bereits eine Wertung sein.
Oder es müsste eine Wertung sein, wenn ich zu Dir sage: "Du bist eine Frau".
Da könnte man dann auch sagen, mit der Bezeichnung würde der Sprecher Menschen aufgrund ihres Geschlechts ausgrenzen wollen (Du bist eben kein MANN!).
Aber das ist ja Quatsch. Er will ja einfach nur einen Fakt widergeben.
"Du bist Ausländer" kann auch einfach heißen "Du bist aus dem Ausland hierher gekommen" oder "Deine Familie hat ausländische Wurzeln".
Was in dem Fall wo Jemand ausländische Wurzeln hat einfach nur eine Tatsachenbeschreibung ist.

Ich versehe aber was Du meinst. Oft genug sind solche Aussagen auch wertend oder ausgrenzend gemeint (und dann ist das natürlich nicht ok).
Aber ich finde diese zwei Dinge muss man schon auseinander halten.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 6. Nov 2021, 11:08, insgesamt 1-mal geändert.



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(William Butler Yeats)

Nauplios

Sa 6. Nov 2021, 11:04

"Rhythmische Trommeln" - als Musiker wird es mir schwerfallen, an eine Trommel die Erwartung zu haben, auf Rhythmik zu verzichten. ;)

Was Amnesty International nämlich nicht über afrikanische Trommeln hören will aber wissen sollte: Afrikanische Trommeln können regelrecht singen und sprechen. Die rhythmischen Strukturen, die mit ihnen erzeugt werden, sind der Sprache entlehnt. In der Musikwissenschaft heißen sie deshalb auch "Talking Drums", weil es mit ihnen möglich ist, sowohl die Tonhöhe als auch die Klangfarbe zu variieren. Die meisten afrikanischen Sprachen sind Tonsprachen und die Trommeln bilden mit ihren polyrhythmischen Formen diese Sprachstrukturen ab.




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Sa 6. Nov 2021, 11:13

Nauplios hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 10:29
Aber jetzt weiß ich, daß ich mich damit unter die "entsprechenden Gesinnungsgenossen" eingereiht hätte, die "nicht selten" feindlich gegenüber homosexuellen Menschen sind, mit dem Antifeminismus eine menschenfeindliche Weltanschauung vertreten und ohnehin rechtspopulistisch sind.
Das ist - finde ich - eine Form der Abschottung gegen Kritik. Du kannst überhaupt keine Kritik mehr üben, denn wenn Du sie übst unterstellt man dir eben mit den von dir aufgelisteten "scheusslichen Dingen" zu sympathisieren.
Clever ist das auf jeden Fall. Aber das lasse ich mit mir nicht machen.



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Nauplios

Sa 6. Nov 2021, 11:16

"Sprachpolizei" (Amnesty-International-PDF)

Mit "Sprachpolizei" ist das Amnesty-International-PDF recht gut umschrieben. Es zeigt eine Polizei, die den Sprachverkehr regeln will, ohne die Verkehrsregeln zu kennen. "Rechts vor links" hält sie für eine politische Losung, Sprachkritik kostet 3 Punkte in Flensburg und Afrikanern möchte sie das Trommeln beibringen. ;)




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Sa 6. Nov 2021, 11:30

Stefanie hat geschrieben :
Sa 6. Nov 2021, 08:10
Rassismus in unserer Sprache ist ein regelmäßiges Streitthema. Die Fronten wirken verhärtet, eine Auseinandersetzung mit rassismus-kritischer Sprache lohnt sich dennoch. „Folgen Sie dem Ruf exotischer Frauen, rassiger Zigeuner und mutiger Stierkampfhelden nach Spanien, dem Land der Sonne und Kastagnetten“: Was sich wie eine übersteigerte Auflistung rassistischer Stereotype liest, stammt tatsächlich aus der Einladung zu den „Opern & Operetten Festspiele“ Magdeburg 2005.
Ich schaue derzeit gerade viele Videos von Amerikanern die auf Youtube von ihren Einwanderungserfahrungen berichten. Amerikaner die nach Deutschland kommen (oder kommen wollen) um hier dauerhaft zu leben.
Dabei geht es um kulturelle Unterschiede aber auch um Stereotype. Der Deutsche mit der Lederhose ist das Beispiel das die meisten kennen (als ob alle Amerikaner Cowboys wären).
Und da gibt es auch positive Zuschreibungen. Wir Deutschen seien alle "fleißig" und "verlässlich" und "pünktlich" und wir sind "gute Handwerker" usw....
Man kann und soll darüber nachdenken, ob man dazu beitragen will solche Stereotype zu verbreiten oder sie zu korrigieren. Ich wäre für letzteres.
Aber ich finde allen Weißen Rassismus zu unterstellen ist doch genau das selbe. Hier wird pauschal einer Menschengruppe ein bestimmtes Verhalten oder Denkmuster zugeschrieben.
Weißt man darauf hin wird kurzerhand die Rassismusdefinition so umgeschrieben, dass es so etwas wie Rassismus gegen Weiße gar nicht mehr geben kann.
Rassismus liegt dann nur noch vor, wenn man Menschen wegen ihrer Hautfarbe seit Jahrhunderten systematisch unterdrücktt hat, was auf Weiße nicht zutrifft.
Sprich hier wird dann durch die Begriffsumdeutung (denn die meisten Menschen verstehen Rassismus ganz anders) versucht die argumentative Hoheit zu erlangen.




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Sa 6. Nov 2021, 11:47

Die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland.
Ein Interview mit Dieter Nuhr.



Fand ich sehr interessant.



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