Können wir dann nicht sagen, dass Metaphern unsere Begriffe zu erweitern versuchen? Begriffe gehen nicht in Opposition zu Metaphern und sie nicht zu Begriffen, aber Metaphern versuchen, begriffliche Paradoxien und Unschärfen zusammenzufassen. "Schaltzentrale" für Hirn stellt sich als Versuch dar, das nicht ganz begriffene und vielleicht nie zu begreifende Funktionieren des Hirns irgendwie thematisch zu machen in seiner ganzen Undeutlichkeit.Nauplios hat geschrieben : ↑Di 27. Aug 2019, 18:40In dem Band Permanentes Provisorium gibt es zum Aspekt der Technisierung einen lesenswerten Aufsatz von Alexander Friedrich: "Daseinsgrundprobleme. Blumenbergs Metaphorologie als Kultur- und Technikphilosophie" (S. 75ff); darin heißt es:
"Fortschreitende Technisierung stabilisiert und beschleunigt nicht nur Kommunikations-, Handlungs- und Produktionsabläufe. In Gestalt unerwünschter Technikfolgen produziert sie auch ˋerst die Bedrängnisse, denen abzuhelfen sie theoretisch entworfen war.´" (S. 86) -
"Fortschreitende Technisierung bringt, kurz gesagt, einen zunehmenden Kontrollverlust mit sich. Spätestens in der modernen Technik bekundet sich eine systematische Selbstüberforderung der anthropologischen Vernunft durch ihre eigenen Erfolge ..." (S. 86) -
Aktueller denn je wird in der Dialektik von Lebenswelt und Technisierung durch den Verbund von Neurowissenschaften und KI-Forschung der menschliche Selbst- und Weltbezug in Metaphern gefaßt, die das Gehirn als "Schaltzentrale", als antihierarchisches "Netzwerk" vorstellen.
Wenn bspw. die Folgen des Fortschritts für die Umwelt als 'Virus' dargestellt werden und der Planet als 'Wirt', versuchen wir doch das Problematische anzuzeigen und suggerieren zugleich, dass nicht alles am Fortschritt gut ist und dass wir 'Gegenmittel' suchen sollten, Gegensteuer geben müssten. Die Metapher scheint deshalb ein Versuch der Einstimmung zu sein auf Bilder, die sich einprägen lassen, weil sie symbolisch das in sich vereinigen, wofür wir entweder keinen Begriff haben, oder nur vage Intuitionen, oder, wo wir Begriffe haben, in schier unüberwindliche Widersprüche geraten. Sie dienen uns dann als eine Art Zwischenbilanz, die man zieht, um sich dank ihr neu zu verorten, neue Horizonte zu entdecken, sich über den 'Saldo in der Haushaltskasse unserer Hauswährung' Rechenschaft zu geben. Denn die Reise will fortgeführt sein und kostet den Preis von Einsichten, die wir begleichen müssen.