Ich erinnere hier an das empathische Gedicht "Der Lindwurm und der Schmetterling" von Michael Ende.
Die schöne Sprache
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- Jörn Budesheim
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Das ist der Unterschied zwischen:Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 10:27mit Ausnahme des Gebots 4, denn das bedeutet ein sich auf die Seite der Macher schlagen
Der Park wurde begangen ... und
Lilith schlenderte durch den Park ...
Die Faustregel lautet: Die Leidensform (das Passiv) passt, wenn der Briefträger vom Hund gebissen wurde.
Das ist der Unterschied zwischen:Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 10:27mit Ausnahme [...] des Gebots 5, denn das hebt den Vorzug der deutschen Sprache [...] auf, auf eine Metaebene gehen zu können, indem Worte substantialisiert/nominalisiert werden
Die Begehung des Parks und
Lilith schlenderte durch den Park ...
Die Faustregel lautet: In jedem Wort auf "...ung" ist ein Verb gefangen, welches man befreien könnte. Bei Begehung ist es "gehen".
Wo ist hier der Einwand?Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 10:27mit Ausnahme [...] des Gebots 9, denn man muß immer mit der richtigen Brennweite das Thema in den Blick nehmen, ob etwas eine Abschweifung ist oder ein sinnvolles Erfassen eines größeren Kontextes, muß themenbezogen entschieden werden.
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Den Text würde ich auf die Schnelle so verbessern:Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 10:27Mein Einwand galt nicht (zumindest: weniger) den Regeln als regulativen Maßstäben für den guten Gebrauch der Sprache, die würde ich ja anerkennen, mit Ausnahme des Gebots 4, denn das bedeutet ein sich auf die Seite der Macher schlagen, des Gebots 5, denn das hebt den Vorzug der deutschen Sprache, die keine besonders schöne Sprache ist,* auf, auf eine Metaebene gehen zu können, indem Worte substantialisiert/nominalisiert werden, des Gebots 9, denn man muß immer mit der richtigen Brennweite das Thema in den Blick nehmen, ob etwas eine Abschweifung ist oder ein sinnvolles Erfassen eines größeren Kontextes, muß themenbezogen entschieden werden.
Mein Einwand richtet sich weniger gegen die Regeln als Maßstäbe für den guten Gebrauch der Sprache, die ich grundsätzlich anerkenne. Allerdings habe ich folgende Bedenken:
- Regel 4: Diese stellt sich auf die Seite der „Macher“ und sollte überdacht werden.
- Regel 5: Diese Regel hebt einen wichtigen Vorteil der deutschen Sprache auf, nämlich die Möglichkeit, auf eine höhere Ebene zu gehen, indem Worte in Substantive umgewandelt werden.
- Regel 9: Ob etwas eine Abschweifung ist oder ein sinnvoller Bezug auf einen größeren Zusammenhang, sollte themenbezogen entschieden werden. Die Regel scheint hier zu starr zu sein.
Auch unschön sind zu große Entfernungen zwischen gewissen Ausdruckshälften, wo deren zweite Hälfte den erwarteten Sinn des Satzes am Ende ins Gegenteil verkehrt:
Die robuste Paula schlug den Erwin gestern auf dem Schulhof wegen seiner Kritik an dem neuen Stundenplan als neuen Klassensprecher vor.
Das Bild zeigt die fröhliche Susi, die bekanntlich immer sehr fleißig bei der Arbeit ist und stets pünktlich kommt und geht, nicht.
Die robuste Paula schlug den Erwin gestern auf dem Schulhof wegen seiner Kritik an dem neuen Stundenplan als neuen Klassensprecher vor.
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Es gibt übrigens auch Verständlichkeitsforschung, deren Ergebnisse in vielerlei Hinsicht mit den rhetorischen Empfehlungen übereinstimmen dürften, schätze ich. Vor ein oder zwei Jahrzehnten habe ich mich aus beruflichen Gründen mit beiden Themen beschäftigt. Dabei geht es unter anderem um Phänomene wie doppelte Verneinungen, die schwer verständlich sind – es sei denn, man kommt aus Bayern ("nie nicht"). Wichtige Kriterien für Verständlichkeit sind: Einfachheit, Gliederung, Kürze und Stimulanz und ähnliches.
Doch warum sind Texte überhaupt "schön" oder "hässlich"? Wenn wir Terminatoren wären, wäre uns das sicher egal.
Spannend ist auch, dass wir (zumindest einige von uns) gerne Texte lesen, die "unverständlich" sind, wie es bei vielen Gedichten der Fall ist. Uns fasziniert oft das Offene, Rätselhafte, das, was sich nicht sofort erschließt.
Doch warum sind Texte überhaupt "schön" oder "hässlich"? Wenn wir Terminatoren wären, wäre uns das sicher egal.
Spannend ist auch, dass wir (zumindest einige von uns) gerne Texte lesen, die "unverständlich" sind, wie es bei vielen Gedichten der Fall ist. Uns fasziniert oft das Offene, Rätselhafte, das, was sich nicht sofort erschließt.
Du liest zu viel Hegel, Wolfgang :-)Mein Einwand galt nicht (zumindest: weniger) den Regeln als regulativen Maßstäben für den guten Gebrauch der Sprache, die würde ich ja anerkennen, mit Ausnahme des ...
"Nicht gelten" und "weniger gelten" -- das kann auf "weniger gelten" gekürzt werden. Wenig ist nicht nichts.
Regeln, Regulative, Maßstäbe -- das ist eine Dreier-Tautologie.
Ich spiele jetzt mal mit und übersetze Forenkommentare in meinem Stil:
"Einige jener Regeln für guten Sprachgebrauch erkenne ich an. Ablehnen möchte ich ..."
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Gemäß Wolf Schneider liegen die Dinge so: Viele Menschen glauben, dass vor jedem Substantiv eine Leerstelle ist, die mit einem Adjektiv gefüllt werden muss. Bei entsprechender Clanzugehörigkeit muss das ein Fremdwort sein. Auf diese Weise kommt man zu "regulativen Maßstäben" :-)
Was meint Stimulanz in diesem Zusammenhang?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 14:17Wichtige Kriterien für Verständlichkeit sind: Einfachheit, Gliederung, Kürze und Stimulanz und ähnliches.
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Das, was anregend ist: Was zum Denken anregt und die Aufmerksamkeit aufrechterhält, Sprachbilder, Beispiele, lebendige Sprache, ggf. Bilder (Illustrationen), kleine Pointen, Texte sollten nicht langweilig sein :-) Ich bin allerdings weit entfernt davon, da ein Fachmann zu sein. Ich hab mich seinerzeit etwas damit beschäftigt, aber das ist sehr lange her!
Das ist eine normale Reaktion. In dem Buch Macheiners werden die Strukturen des Deutschen und des Englischen ausführlich untersucht und verglichen. Im Englischen steht eben das Prädikat immer weit vorne, man muss also anders als im Deutschen nicht lange auf die Information warten. Im Deutschen hingegen kann man warten, bis man schwarz wird, womit bekanntlich der berühmte Satz Twains über den Misthaufen spielt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 13:42Ja, finde ich auch. Ich glaube, Mark Twain hat sich oft bissig über die deutsche Sprache geäußert. Wenn ich mich richtig entsinne, fand ich das öfters lustig.
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Das stelle ich mir auch für Simultandolmetscher schwer vor :-)
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Ich glaube, eine wichtige Voraussetzung für schöne Texte ist: Man muss es wollen :-)
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Schön ist auch die Liebe. Mit Liebe Geschriebenes ist schön.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 16:01Ich glaube, eine wichtige Voraussetzung für schöne Texte ist: Man muss es wollen :-)
"Hahlo pabba, ich froie das du komen tusd."
Grundsätzlich vielleicht schon. Meine Erfahrung ist allerdings so, dass in Kursen übers Schreiben viele sitzen, die das wollen, dabei aber nicht verstehen, dass das Schreiben von Geschichten aus 10 % Inspiration und 90 % Transpiration besteht, wie Eco das einmal ausgedrückt hat. Sie sehen das umgekehrt - und daran scheitern sie. Eine weitere Voraussetzung, die vielen, die schreiben wollen, völlig abgeht, ist das Lesen. Ich kenne immer mehr „Wollende“ die einen Roman schreiben wollen und es versuchen, selbst aber sogar nicht einmal ein einzigen oder sehr, sehr wenige gelesen haben. Um gute literarische Texte zu verfassen, muss man auch gute literarische Texte gelesen haben.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 30. Sep 2024, 16:01Ich glaube, eine wichtige Voraussetzung für schöne Texte ist: Man muss es wollen
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Das unterschreibe ich alles - bis auf das Verhältnis von Inspiration zu Transpiration, da würde ich sagen, die Transpiration liegt bei 95% :)