Woran erkennt man Qualität, Seriosität und fundierte Argumente?

Dieses Unterforum beschäftigt sich mit dem Umfang und den Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit sowie um die speziellen Gesichtspunkte des Systems der modernen Wissenschaften.
Tosa Inu
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Di 20. Mär 2018, 15:14

Medien und Journalismus

Das natürliche Bindeglied zwischen der Wissenschaft, aber auch anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen, wie Politik, Wirtschaft usw. und der Gesellschaft ist die Presse. Die Alphatiere des Journalismus sind sich dessen bewusst. Dem ehemaligen saarländischen Ministerpräsidenten und jetzigen Bundesverfassungsrichter Peter Müller wurde mal gesagt, es sei nicht wichtig, was er zu etwas meine, sondern wie darüber geschrieben wird. Klare Ansage.
Doch wenn die Presse auch weiß, wie man die Machtverhältnisse verschiebt, auch die Presse wird manipuliert, gerne mal, von der Wissenschaft.
Und längst nicht jeder Journalist gehört zur ersten Garde, die mit Leitartikeln oder Spitzeninterviews etwas bewirkt, wenn von der Eröffnung eines Geflügelbörse oder der Inbetriebnahme einer Ampelanlage berichtet wird oder den neuen Optiker im Ort vorstellt.

Doch gleichzeitig ist es ihre Funktion ein wichtiges gesellschaftliches Korrektiv zu sein. Die Presse kann wie oben ausgeführt auch sehr kritisch über Entwicklungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik berichten und tut das zuweilen auch in großartiger Weise. Ohne, dass ihr dies gedankt würde. Journalisten gehören zu den unbeliebtesten Mitgliedern der Gesellschaft. Der prominente Vorwurf war der der Lügenpresse.
Hier ist allerdings auch zu fragen, ob wir nicht belogen werden wollen:
psyheu.de hat geschrieben : Der Vorwurf

Der Vorwurf lautet kurz gesagt, dass es in der Presselandschaft, vor allem in den sogenannten Leitmedien, eine verzerrte Darstellung einiger Themen gibt. Es wird nicht wertfrei berichtet, was ist, sondern es wird eine bestimmte Linie verfolgt und damit soll eine spezifische Stimmung erzeugt werden und andere, real existierende Stimmungen bestimmter Gruppen unterdrückt werden. Extreme Vertreter dieser Sichtweise glauben der Berichterstattung der Leitmedien aus Prinzip nichts mehr und kehren das, was diese berichten ins Gegenteil um. Grob gesagt wird aus Schwarz dann Weiß, aus Gut wird Böse und umgekehrt.
Das Problem der Haltung, aus Schwarz einfach Weiß zu machen ist weniger der Inhalt, als viel mehr die Tatsache, dass man noch immer an der ursprünglichen Lesart haftet, nur eben von der anderen Seite. Das ist so ein wenig, wie bei den psychologischen Doppelbindungen, die Paul Watzlawick treffend analysierte. Bei Scheinalternativen wie: „Haben sie endlich aufgehört ihre Frau zu schlagen?“ oder „Trinken sie eigentlich inzwischen angemessene Mengen Alkohol?“, kann man mit Ja/Nein oder Schwarz/Weiß nicht gewinnen. Man kann nur den Schritt heraus machen und eine Metaposition einnehmen, die Doppelbindung erkennen und zurückweisen. „Ehrlich gesagt, habe ich nie meine Frau geschlagen und finde ihre Frage irritierend bis unverschämt.“ So zieht man Doppelbindungen den Zahn. Und auch bei den Meldungen in der Presse und über die Presse ist man gut beraten, sich sein eigenes Bild zu machen.

Die Sache mit der Wahrheit

Die Wahrheit ist ein überaus kompliziertes Thema, was einen zunächst verwundern könnte, zählt sie doch zu den gebräuchlichsten und intuitiv klarsten Begriffen, die wir kennen. Ein eigener Versuch einen Artikel über das Thema zu schreiben ist bislang daran gescheitert, dass das Thema förmlich explodiert ist und zu umfangreich wurde. Und doch kann man Wahrheit auf eine einfache Formel für den Alltag runterbrechen, die praktikabel ist. ...

Quelle und kompletter Artikel
Mit Lügen oder zumindest krassen Zuspitzungen macht Bild seit ewigen Zeiten Stimmung und Politik in Deutschland, so heißt es, neuerdings mit schwindendem Einfluss und seit Jahren treu begleitet von bildblog.de, die den gröbsten Unsinn richtig stellen wollen.
Aber ist es so leicht Bild pfui und Der Spiegel, das Sturmgeschützt der Demokratie, hui?
Zumindest bei der online Ausgabe ist oder war das fragwürdig. Ich habe mal in einem Buch, dass die Welt in Grphiken und Statistiken darstellte, eine Gegenüberstellung von Bild und SPON gesehen, inklusiver bluttriefender Rhetorik und SPON war in allen Kategorien schlimmer, hat jetzt aber glaube wieder etwas Seriosität zurückgewonnen.

Auch Seiten wie uebermedien.de haben es sich zum Ziel gesetzt kritisch die eigene Zunft zu betrachten und sie tun das gut, doch irgendwann stellt sich die Frage, wieviel Nabelschau noch sinnvoll ist. Wenn wir diskutieren, wer was wie kommentiert hat, ist das eine sich selbst erhaltende Maschienerie, die, wenn sie nur noch um sich selbst kreist, vergisst, dass es auch noch eine Welt da draußen gibt.

Offline und sogar außerhalb der Reichweite der Massenmedien. Eklig können Masssenmedien noch auf andere Weise werden, davon demnächst.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Fr 30. Mär 2018, 18:24

Märkische Allgemeine hat geschrieben :
Bild
Gefälschte Fossilien, vergiftete Algenkulturen, frei erfundene Versuchspersonen: Mit Akribie und Witz untersucht Federico Di Trocchio haarsträubende und spannende Betrugsfälle aus der Wissenschaft. Sie dokumentieren, wie das System der "Big Science", der mit Millionen finanzierten Großforschung unserer Tage, zu einer erschreckenden Zunahme von Wissenschaftsfälschungen geführt hat.
Das Buch bringt Beispiel mogelnder Forscher: Der berühmte Ptolemäus schrieb astronomische Daten, die sich seinen eigenen Beobachtungen verdanken sollten, in Wirklichkeit von Hipparchos ab. Galilei soll viele seiner berühmten Experimente nie durchgeführt haben. Angeblich stieg er auf den schiefen Turm von Pisa, von dem er unterschiedliche Gewichte herabfallen ließ, die angeblich gleichzeitig unten aufschlugen. Vermutlich eine Legende. Hätte er es versucht, wären sie nicht gleichzeitig aufgekommen ... viele andere seiner berühmten Experimente gab es wahrscheinlich ebenso wenig.




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Alethos
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Fr 30. Mär 2018, 18:49

Was bedeuten diese Fälschungen in der Wissenschaft mit Blick auf die Wahrheiten, die sie uns vermittelte? Dieser neue Typus von Wissenschaftskritizismus dürfte das behagliche Leben des Wissenschaftsidyllikers jedenfalls irritieren.

Man darf sicherlich nicht von einigen Fälschern und Betrügern auf die Gesamtlage der Wahrheit schliessen, sie bleibt robust gegeben. Aber es zeigt doch einmal mehr, dass Eitelkeit uns manchmal die Sinne für das Wahre trübt.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

scilla
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Mi 11. Apr 2018, 19:47

Journalismus ist nicht Philosophie

journalistische Texte sind Verfügungsware
und werden als Auftragsarbeit zum Wohlwollen des Auftraggebers verfasst

erkennen tut man diese Mängel aber erst,
wenn man die journalistischen Textgattungen herauslesen
und den Inhalt des Artikels mit seinem eigenem umfangreichen Wissen über das Thema
vergleichen kann

je höher das eigene philosophische Niveau ist,
desto eher ist man bereit und in der Lage,
wertvolle Anregungen oder gar Thesen auch in 'Dreigroschen-Romanen' zu finden

nur Anfänger glauben,
daß das Buch des Professors X die Bibel sei




scilla
Beiträge: 71
Registriert: Mi 11. Apr 2018, 19:22

Mi 11. Apr 2018, 20:01

Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Mär 2018, 18:49
Was bedeuten diese Fälschungen in der Wissenschaft mit Blick auf die Wahrheiten, die sie uns vermittelte? Dieser neue Typus von Wissenschaftskritizismus dürfte das behagliche Leben des Wissenschaftsidyllikers jedenfalls irritieren.

Man darf sicherlich nicht von einigen Fälschern und Betrügern auf die Gesamtlage der Wahrheit schliessen, sie bleibt robust gegeben. Aber es zeigt doch einmal mehr, dass Eitelkeit uns manchmal die Sinne für das Wahre trübt.
momentan glaubt die Politik (und das stecken sicher Wissenschaftler dahinter),
daß die Bürgerdaten das Öl des 21. Jahrhunderts seien

wir werden sehen,
ob sich die Anhänger der Informationsdienstleistungen durchsetzen werden,
denn dieser Sektor wurde uns schon einmal zusammen mit den Finanzdienstleistung
als Sektor 4 und 5 präsentiert,
was damals aber gründlich in die Hosen ging (tec-DAX-Blase, Bankenrettung)




Anders
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Registriert: Sa 25. Apr 2020, 12:08

So 10. Mai 2020, 09:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 8. Mär 2018, 08:48
im Netz findet man folgende Kriterien für Qualitätsjournalismus:
  • Wahrhaftigkeit
  • Sorgfalt bei Recherche und Dokumentation
  • Sachlichkeit bei der Berichterstattung
  • Unparteilichkeit im Konfliktfall
  • Argumentation statt Meinungsinflation
  • Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit
  • Vertraulichkeit
https://www.journalistenkolleg.de/lexik ... urnalismus
Man schielt gerne prüfend auf die andere Seite, die ein Bild bietet, wie ein Zeitungsartikel. Doch die angeführten Kriterien sollte auch der Prüfende für sich einmal überdenken, ob sie Kriterien sind, um überhaupt seriös prüfen zu können.



'Meine Taten von gestern sind mein Schicksal von heute!'
aus: Rudolf Steiner, Wiedergeburt und Karma, Wie Karma wirkt

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