Was ist Geist?

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Jörn Budesheim
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Di 3. Okt 2017, 06:24

Wir sind hier im Bereich analytische Philosophie und Philosophie des Geistes. Nach meiner Ansicht beschäftigt sich die Philosophie des Geistes in aller Regel jedoch nicht mit dem Geist, sondern mit dem Bewusstsein. Wobei unter Bewusstsein zumeist das Bewusstsein eines Einzelnen gemeint ist und z.b. nicht so etwas wie Klassenbewusstsein oder dergleichen mehr.

Im Lexikon findet sich folgendes: Philosophen sprechen in verschiedener Hinsicht vom Geist - unter anderem, "wenn sie überindividuelle Bewusstseinsinhalte oder die den Einzelnen überragende psychologische, soziale oder kulturelle Realität im Sinn haben." Das heißt: die Frage "Was ist Geist?" gehört in einer gewissen Hinsicht gar nicht in den Bereich Philosophie des Geistes :)

Was gehört zu diesen Realitäten? Sind die Tasse, die Tastatur oder das Telefon, welche ich gerade wahrnehme und nutze, Produkte des Geistes und/oder gehören sie selbst in diese Realität? (Unter Produkte des Geistes soll hier nicht der antirealistische Sinn dieser Formulierung gemeint sein.)

Von einem Kunstwerk zu sagen, es gehöre in die Welt des Geistes, fällt noch vergleichsweise leicht. Gehört dann nicht der Stuhl, auf dem ich gerade sitze, ebenso in diese Welt? Die Frage des Threads lautet also "Was ist Geist?" Was alles gehört zum Reich der Freiheit? Gedanken, Sprache, Handeln, soziale Institutionen, Glaube, politische Ordnung, Kunstwerke, Gebrauchsgegenstände... Ist es verfehlt, all das in eine Kategorie zu packen? Und in welcher Hinsicht ist das alles real, wenn es denn real ist?




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Tarvoc
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Di 3. Okt 2017, 22:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 3. Okt 2017, 06:24
Sind die Tasse, die Tastatur oder das Telefon, welche ich gerade wahrnehme und nutze, Produkte des Geistes und/oder gehören sie selbst in diese Realität?
Bei Marx gibt es den Gedanken, dass die Art und Weise, wie sich der Geist ausdrückt, tatsächlich selbst bereits der Geist ist. Dieser Gedanke ist schon bei Hegel angelegt und findet sich im 20. Jahrhundert u.A. bei Wittgenstein wieder, aber so wie ich das sehe, vertritt Marx die bisher stärkste Fassung dieses Gedankens. Das führt dazu, dass Marx den Geist schlichtweg mit der Tätigkeit der Menschen selbst identifiziert, und zwar sowohl mit ihrer produktiven Tätigkeit als auch mit ihrem sprachlichen Austausch untereinander, worin sich gerade die Vielschichtigkeit des Begriffs "Geist" zeigt. In der Deutschen Ideologie gibt es eine Passage, in der Marx den Geist geradezu mit der menschlichen Sprache identifiziert. Insofern die Tasse, Tastatur oder das Telefon Produkte menschlicher Tätigkeit sind, die sowohl reflektierte produktive Tätigkeit als auch Sprache und innovatives Denken zu ihrer Voraussetzung haben, wären sie dementsprechend auch Ausdrücke des menschlichen Geistes.



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Jörn Budesheim
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Mi 4. Okt 2017, 06:04

Du hast nicht zufälligerweise Quellen griffbereit? Oder sonstige Hinweise? :)




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Tarvoc
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Mi 4. Okt 2017, 17:28

Also bezüglich Marx fiele mir als erstes das Feuerbach-Kapitel in der Deutschen Ideologie ein.
Jetzt erst, nachdem wir bereits vier Momente, vier Seiten der ursprünglichen, geschichtlichen Verhältnisse betrachtet haben, finden wir, daß der Mensch auch "Bewußtsein" hat. Aber auch dies nicht von vornherein, als "reines" Bewußtsein. Der "Geist" hat von vornherein den Fluch an sich, mit der Materie "behaftet" zu sein, die hier in der Form von bewegten Luftschichten, Tönen, kurz der Sprache auftritt. Die Sprache ist so alt wie das Bewußtsein - die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen.
(Marx Engels Werke 3, S. 30)

Weitere Zitate von Marx zum Thema "Geist" müsste ich erst heraussuchen.



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Jörn Budesheim
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Mi 4. Okt 2017, 18:54

Danke für das Zitat!

Meines Erachtens ist es auch für den Herr und Knecht Faden von Belang. Denn wie anders als durch körperliche Äußerungen sollen Herr und Knecht denn kommunizieren und sich gegenseitig Achtung erweisen oder auch nicht?




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Tarvoc
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Mi 4. Okt 2017, 22:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 4. Okt 2017, 18:54
Meines Erachtens ist es auch für den Herr und Knecht Faden von Belang. Denn wie anders als durch körperliche Äußerungen sollen Herr und Knecht denn kommunizieren und sich gegenseitig Achtung erweisen oder auch nicht?
Ja, ist es. Die Frage ist, inwieweit das in Hegels eigener Darstellung an dieser Stelle tatsächlich Thema wird. Dafür müsste ich das Kapitel vielleicht nochmal in Ruhe durchgehen.



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Jörn Budesheim
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Do 12. Okt 2017, 06:30

Der Geist ist nicht zu fassen.

Nehmen wir ein kleines Beispiel. Vielleicht ist der Umstand, dass es von einem Ich ausgeht schon der falsche Ansatz, aber seis drum. Wo ist die Grenze zwischen mir, Geist und Welt? Nehmen wir an, wir sitzen da und schreiben und zwar mit einem Stift. Üblicherweise, so könnte man meinen, ist die Grenze zwischen uns und der Welt die Hautoberfläche, vielleicht sogar der Stoff aus dem die Kleider sind, wer weiß das schon.

Wenn wir einen Stift oder ein anderes Gerät in die Hand nehmen, dann ändert sich das zumindest phänomenal. In einer gewissen Hinsicht wird dieser Stift dann ein Teil des Körpers. Phänomenal ist es sicherlich so. Aber wie steht es mit dem Geschriebenen? Endet der neue phänomenale Körper (Leib) an der Spitze des Schreibgerätes? Gehört nicht der Text, den wir schreiben in einer gewissen Hinsicht in diese neue Einheit? Nun ist allerdings der Text, den ich gerade schreibe, ein Teil des Deutschen... In welchen Bereich gehört dieser Text dann? Und was alles ist in diesem kleinen Moment des Schreibens umfasst? Wenn man am Tisch sitzt und schreibt, wer sitzt da alles mit am Tisch?

Wo soll da der Geist "anfangen" und wo soll er "enden"? In welchem Verhältnis stehen der individuelle und der objektive Geist, wenn ich mir diesen Begriff mal ausleihen darf.

Dieser kleine Gedanke soll, so hoffe ich zeigen, dass die Idee, der Geist befände sich irgendwo im Kopf, komplett antiintuitiv ist.




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Tarvoc
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Fr 13. Okt 2017, 05:51

Ich hatte ja vorgeschlagen, den Geist als seine eigene Äußerung aufzufassen. Er würde dann in der Tat auch deinen Umgang mit dem Stift und dein Schreiben umfassen (insbesondere letzteres, da sich hier der Geist bewusst äußert). Dass das irgendwo "im Kopf" stattfindet, ist in der Tat unplausibel. Es findet einfach in der Welt statt, nämlich immer da, wo wir es mit der Praxis der Äußerung rationaler Akteure zu tun haben.



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Jörn Budesheim
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Fr 13. Okt 2017, 06:30

Das Wort Äußerungen ist dabei interessant. Denn es suggeriert schließlich, dass etwas von innen nach außen kommt, also geäußert wird, der Geist mithin in irgendeinem Innen ist. Man mag da an ein Innenleben denken, dass etwas zum Ausdruck bringt, vielleicht so ähnlich wie man eine Tube ausdrückt. :)

Mir gefällt jedoch folgender Gedanke von Hogrebe: "Geist ist außen, bricht aber innen durch." Auf die Situation des Schreibens angewandt, könnte man sich das vielleicht so vorstellen, dass wir es nicht (nur) mit einer Bewegung von innen nach außen zu tun haben, sondern (ineins) mit einer Bewegung von außen nach innen.




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Tarvoc
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Fr 13. Okt 2017, 06:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 13. Okt 2017, 06:30
Das Wort Äußerungen ist dabei interessant.
Ja, da kämpft der Monismus damit, dass die deutsche Sprache selbst in diesem Feld dualistisch konstruiert ist. Wenn wir annehmen, dass der Geist seine Äußerung ist, dann müssten wir eigentlich für das, was wir da "Äußerung" nennen, ein neues Wort finden. Oder wir fassen "Geist" und "Äußerung" als zwei Momente des selben (etwa Geist-Äußerung bzw. Äußerungs-Geist).



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Jörn Budesheim
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Fr 13. Okt 2017, 06:55

Mag sein, dass die Sprache hier dualistisch ist und uns auf eine falsche Fährte lockt. Ganz sicher bin ich da nicht... Ich stelle mir nämlich gerade vor, dass der Schreiberling eine Erinnerung ausdrückt :) in solchen Fällen ist die Dialektik, um die es geht, vielleicht nicht schlecht in Worte gefasst.




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Alethos
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Fr 13. Okt 2017, 09:39

Spannende Diskussion.

Wenn ihr Geist in seinen Äusserungen 'verortet', sagt ihr damit implizit, dass Geist einen Ort hat?



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Jörn Budesheim
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Fr 13. Okt 2017, 11:05

Schwer zu sagen. Der Bleistift hat (so scheint es) einen raumzeitlichen Ort. Ich selbst offensichtlich auch. Allerdings haben wir beide (Bleistift und ich) auch Kon-Texte. Und das sind nicht in jeder Hinsicht Orte dieser Art, schätze ich.




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Alethos
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Fr 13. Okt 2017, 12:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 13. Okt 2017, 11:05
Schwer zu sagen. Der Bleistift hat (so scheint es) einen raumzeitlichen Ort. Ich selbst offensichtlich auch. Allerdings haben wir beide (Bleistift und ich) auch Kon-Texte. Und das sind nicht in jeder Hinsicht Orte dieser Art, schätze ich.
Ich teile die Auffassung, dass sowohl der Bleistift und die damit gezeichneten Linien und Figuren als auch das zeichnende Subjekt raumzeitlich verortet sind. Sie kommen als Phänomene in der Welt vor. Geist zeigt sich in den Äusserungen.

Wenn Geist eine Äusserung ist (was er vielleicht ist) also eine Aussage der Art: 'Geist ist die Handlung von Subjekten, die in der Welt ihr Tätigwerden sichtbar werden lässt', dann haben wir ja erstmal die phänomenologische Dimension beschrieben, d.h. diese sichtbare Seite von Geist aufgezeigt. Gibt es aber auch Geist ohne Manifestationen? Ist Geist an handelnde Subjekte oder tätigwerdende Entitäten geknüft, ohne die Geist nicht ist?

Dein Hinweis auf die andere Art von Örtlichkeit der Kontextualität dieser raumzeitlichen Erscheinungen eröffnet auch mehr Fragen, als sie beantwortet :). Welcher Art ist diese Kontextualität?

Ihr selbst habt die dialektische Implikation des Äusseren genannt: Wo ein Äusseres, da auch ein Inneres. Zu sagen, das Innere werde im Äusseren sichtbar, heisst in dieser dialektischen Deutung, dass das Äussere nicht das Innere ist. Ob das so ist, ist auch nicht ganz klar.



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Schimmermatt
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So 15. Okt 2017, 12:36

Traditionell scheint mir "Geist" innerhalb der Leib-Seele-Debatte oftmals als die Disposition zu beobachtbaren oder nicht-beobachtbaren Handlungen verstanden zu sein und insofern einer phänomenologischen Betrachtung nur streckenweise und indirekt zugängig. So spricht man bei politisch inkorrekten Sprechakten davon, dass diese "zeigten, wes Geistes Kind" jemand sei. Demnach sind körperlich vollzogene Handlungen schon zeitlich niemals mit ihrer geistigen Anbahnung gleichzusetzen.

Der Begriff scheint heutzutage außerdem eng an den Begriff der Individualität angelehnt. Die Didaktik spricht von "individuellen" Zugängen zu diversen Thematiken und eröffnet mithilfe der "Kompetenzorientierung" des Sportpsychologieprofessors Weiner eine Geistdefinition ohne diesen metaphysisch uneindeutigen und offenkundig schwer zu umreißenden Begriff des Geistes zu verwenden. Eine Kompetenz ist demnach eine dem Individuum verfügbare volitionale, motivationale und sachlich-fachliche Disposition, Probleme einer definierten Thematik zu lösen. Da Volition und Motivation und Wissen/Können relativ problemlos dem Bereich des Geistigen zurechenbar sind (zum Beispiel per Ausschluss, wenn man handelsüblicher Dualist ist: Leib im engen Sinne isses wohl nicht), dürfte auch dieser Beitrag in die Geistdebatte gehören. Auf kleinstem gemeinsamem Nenner mit Weiner ist individueller Geist dann jenes, was etwas Wollen und Können kann. Wenn man da mitgeht, kann man nur sehr schwer phänomenologisch, outputorientiert, Geist beschreiben und/oder bewerten. Die Deskription muss induktive Spekulationen enthalten, weil man Menschen nur "vor den Kopp" gucken kann, salopp gesagt.



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Friederike
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So 15. Okt 2017, 14:50

@Schimmermatt, ich möchte nur nachfragen, ob ich Dich richtig verstanden habe. Du plädierst dafür, die Entität "Geist" langsam aus unserem Vokabular -dem philosophischen und alltagssprachlichen- herauszunehmen, weil der Begriff "Geist" einer Erkenntnis über den Menschen und die Welt eher nur im Wege steht? Neues Wissen über die Tätigkeiten und die Fähigkeiten des Individuums sowie der Menschen allgemein kann man besser unter Zuhilfenahme und Anwendung eines anderen Begriffsinstrumentariums gewinnen? Das ergibt sich aus Deiner historischen Betrachtungsweise und der Beobachtung des umgangssprachlichen Gebrauches von "Geist"?




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Schimmermatt
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Mo 16. Okt 2017, 11:57

Hi Friederike,

ich möchte im ersten Teil die Gleichsetzung zwischen Geist und Handlung ablehnen und im zweiten Teil andeuten, dass man auch mithilfe einer "moderneren" Begriffskiste nicht an den metaphysischen Spekulationen der Thematik "Geist" vorbei schiffen kann. Verzeih' bitte meine knappe Ausführung.

Ich vermute, dass Weiner auf die Neurodidaktik baute, dass sie ihm alsbald ein naturwissenschaftliches Konzept zur Umgehung dieser metaphysischen Spekulationen liefere. Leider ist die Neurodidaktik ein belächelter Emporkömmling ohne viel Substanz, eine junge Disziplin, nicht weiter als die Physik zur Zeit Newtons. Selbst der positivistischste Naturwissenschaftler würde das nicht als Dechiffrierung des Geistes verstanden wissen wollen.



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Friederike
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Mi 10. Apr 2019, 10:31

Benötigen wir den Begriff "Geist", weil mit diesem Begriff ein Bereich, eine Qualität, ein "etwas" erfaßt wird, das wir ohne diesen Begriff nicht erfassen würden?

Verhält sich "Geist" zu "Denken" wie "Stimmung" zu "Emotion" (nicht auf ein Objekt gerichtet/auf ein Objekt gerichtet)?

Ist "Geist" eine Energie wie beispielsweise die Luft, die uns mit der Welt verbindet, indem wir sie (die Luft) atmen?

@Jörn, der von Dir gerne zitierte Satz von Hogrebe, der Geist sei außen, bräche aber innen durch (Du hast ihn vor wenigen Tagen in einem anderen Thread, Gott für Atheisten? erwähnt, hier steht er auch bereits) - er ist auf einmal zum Ausgangspunkt für einige Überlegungen zum "Geist" geworden. Achso ja, das "Pfingstwunder" im "Verstehensthread" ist ein weiterer Anstoß gewesen.




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Friederike
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Mi 10. Apr 2019, 15:22

Im Christentum hat der "Heilige Geist" einen festen Platz. Gott, Christus und Heiliger Geist - die Trinität.

In der analytischen "Philosophie des Geistes", wie zu Beginn des Threads (von Jörn) erwähnt, bedeutet "mind" (= "Geist") genau genommen "Bewußtsein".

"Geist", so wie wir umgangssprachlich reden, meint meistens etwas Atmosphärisches oder die generelle Haltung eines Menschen.




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Jörn Budesheim
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Sa 13. Apr 2019, 07:57

Friederike hat geschrieben :
Mi 10. Apr 2019, 15:22
"Geist", so wie wir umgangssprachlich reden, meint meistens etwas Atmosphärisches oder die generelle Haltung eines Menschen.
Reden wir so? Wie fächern sich die Geisteswissenschaften auf? Welche verschiedene Gegenstände haben sie? Z.b. Geschichte, Sprache, Kunst und Philosophie. Nichts davon bezieht sich allein auf das Individuum oder oder die generelle Haltung eines Menschen. Wir sprechen auch vom Zeitgeist, auch hier ist der Bezug nicht primär und nicht allein der oder die Einzelne.

Der Begriff Geist wird natürlich extrem vielschichtig gebraucht. Aber gerade im Deutschen ist immer auch die Möglichkeit des "objektiven Geistes" semantisch mit inbegriffen, meine ich. Geist ist zumindest in der deutschen Sprache und Denktradition keine Kopfsache.

Fast egal, wo wir sind in der Philosophie, wir scheinen immer auf der Unterschied zwischen innen und außen zu sprechen zu kommen: Gefühle sind nicht einfach innen, Wahrnehmungen sind nicht einfach innen, Gründe sind nicht einfach innen, Sinn ist nicht einfach innen, Gedanken sind nicht einfach innen, Werte sind nicht einfach innen, Schönheit ist nicht innen, Bedeutung sind nicht im Kopf ... Masken sind nichts bloß äußerliches - man kann das nachgerade beliebig fortführen. Geist ist jedoch außen, bricht aber innen durch.




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