40 shades of consciousness
- Jörn Budesheim
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Was würde, ja könnte denn nicht existieren? Nichts. Was, umgekehrt, existiert überhaupt? Alles. (Andreas Luckner und Sebastian Ostritsch, Existenz, Grundthemen Philosophie, de Gruyter)
Hier gibt es den entsprechenden Faden zum Thema Existenz und der Frage, was alles existiert.
Hier gibt es den entsprechenden Faden zum Thema Existenz und der Frage, was alles existiert.
Man kommt in der Philosophie weiter, wenn man erwägt, dass es Menschen im Ernst gibt
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Unsere Sinne sind uns das Nächste – könnte man meinen. Doch bei der Frage, wie viele Sinne wir haben, scheiden sich bereits die Geister. Manche Physiker zählen nur bis 3: chemische, mechanische und Licht-Reize. Aristoteles zählt bis 5: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Manche Neurowissenschaftler zählen bis 6: Sehen, Hören, Gleichgewicht, Fühlen, Schmecken und Riechen. Vertraut man Google, findet man in der Regel 10 Sinne. Andere Quellen sprechen sogar von 30 Sinnen!
Hier eine Liste, die ich vor sehr vielen Jahren mal so ähnlich für einen Vortrag recherchiert hatte, ohne Garantie auf wissenschaftliche oder philosophische Vollständigkeit und letztgültige Korrektheit:
Wahrnehmung von Atmosphären und Situationen – Hier spielen vermutlich mehrere Sinne zusammen, vielleicht auch subtile kognitive Prozesse. Man könnte es als eine Fähigkeit bezeichnen, die Dynamik einer Situation oder die Stimmung in einem Raum zu erfassen. Auch das geht über die fünf klassischen Sinneswahrnehmungen hinaus.
Bestimmt finden sich irgendwo im Internet ausführlichere und besser dokumentierte Listen.
Nicht eigens thematisieren, aber immerhin erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass der deutsche Philosoph Markus Gabriel auch das Denken zu den Sinnen rechnet. Gemäß seiner Definition ist ein Sinn / eine Sinnesmodalität "eine fehleranfällige Kontaktaufnahme mit Gegenständen, die diese über Bewusstseinslücken hinweg wiedererkennen kann." (Markus Gabriel)
Hier eine Liste, die ich vor sehr vielen Jahren mal so ähnlich für einen Vortrag recherchiert hatte, ohne Garantie auf wissenschaftliche oder philosophische Vollständigkeit und letztgültige Korrektheit:
- Sehen
- Hören
- Riechen
- Schmecken
- Fühlen (Tastsinn)
- Gleichgewichtssinn – Wahrnehmung von Schwerkraft und Bewegung durch das Vestibularsystem im Innenohr.
- Temperatursinn (Thermozeption) – Wahrnehmung von Wärme und Kälte, oft durch die Haut.
- Schmerzsinn (Nozizeption) – Wahrnehmung von Schmerz, sei es durch Verletzungen, Hitze oder Druck.
- Körpersinn (Propriozeption) – Wahrnehmung der Lage und Bewegung des Körpers im Raum, vermittelt durch Rezeptoren in Muskeln und Gelenken.
- Viszeraler Sinn – Die Wahrnehmung unserer inneren Organe - die uns wohl auch Empfindungen wie Hunger, Durst, Frische oder Mattigkeit spüren lässt.
- Sexualsinn – gemäß dem Philosophen Reinhard Brandt.
- Immunsystem – Einige Wissenschaftler argumentieren, dass auch unser Immunsystem als eine Art 'Sinn' betrachtet werden kann.
- ...
Wahrnehmung von Atmosphären und Situationen – Hier spielen vermutlich mehrere Sinne zusammen, vielleicht auch subtile kognitive Prozesse. Man könnte es als eine Fähigkeit bezeichnen, die Dynamik einer Situation oder die Stimmung in einem Raum zu erfassen. Auch das geht über die fünf klassischen Sinneswahrnehmungen hinaus.
Bestimmt finden sich irgendwo im Internet ausführlichere und besser dokumentierte Listen.
Nicht eigens thematisieren, aber immerhin erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass der deutsche Philosoph Markus Gabriel auch das Denken zu den Sinnen rechnet. Gemäß seiner Definition ist ein Sinn / eine Sinnesmodalität "eine fehleranfällige Kontaktaufnahme mit Gegenständen, die diese über Bewusstseinslücken hinweg wiedererkennen kann." (Markus Gabriel)
Man kommt in der Philosophie weiter, wenn man erwägt, dass es Menschen im Ernst gibt
Du sprichst hier von Körperempfindungen oder Körpergefühlen, an deren Zustandekommen besondere Sinnesrezeptoren (Interozeptoren) innerhalb des Körpers beteiligt sind. Die Interozeption ist sinnliche innere Selbstwahrnehmung.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Sa 12. Okt 2024, 17:45…Aber es gibt daneben auch Erfahrungen, bei denen ich ohne Sinnesorgane erlebe: Beispiele wären Hunger, Frische, Behaglichkeit, Mattigkeit u.v.m. Hunger oder Mattigkeit kann ich nicht sehen, hören, tasten, riechen oder schmecken - und doch erlebe ich sie unmittelbar leiblich. Ich will damit sagen, dass es bewusste Erfahrungen gibt, die keine im klassischen Wortsinn 'sinnlichen' oder 'durch Sinne vermittelten' Erfahrungen sind. Dazu gehören übrigens auch so Sachen wie die Wahrnehmung von Gefahr oder überhaupt die Wahrnehmung von Situationen und Atmosphären.
"Interorezeptoren [von latein. interus = der innere], Interozeptoren, Rezeptoren zur Wahrnehmung des gesamten inneren Zustands des Organismus. Dazu gehören die Propriorezeptoren (Bewegungs-, Stellungs- [Gelenkrezeptoren, Haltungssinne] und Kraftsinn; Tiefen-Sensibilität [Kinästhesie], Propriozeption) sowie die Rezeptoren zur Wahrnehmung der inneren Organe, die ihre Meldungen über die visceralen Nerven an das Zentralnervensystem weiterleiten. Gegensatz: Exterorezeptoren."
Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/biologi ... oren/34327
"Interozeption, umfaßt die Aufnahme innerer, von Organen bzw. Organfunktionen ausgehender Reize, die u.a. von Mechano- und Druckrezeptoren, Thermorezeptoren, Chemorezeptoren, Schmerzrezeptoren (d.h. Enterorezeptoren innerer Organe und Propriorezeptoren der Lage- und Bewegungs-Kontrollsysteme) ausgehen (Sinne) und über die faserreichen Afferenzen des vegetativen und des motorischen Systems an das Gehirn vermittelt werden. Erst durch diese Afferenzen sind Homöostaseregulationen, Haltung, Bewegung und Funktionsanpassungen des Organismus möglich. Nur ein kleiner Ausschnitt dieser Afferenzen ist unter normalen Bedingungen als Interozeption körperlicher Veränderungen ("Wahrnehmung" von Körperprozessen) bewußtseinsfähig, doch beeinflußt die Interozeption wahrscheinlich das Befinden, die Stimmung und globale Gefühle körperlicher Spannung bzw. Entspannung, Frische bzw. Müdigkeit usw.…"
Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/psychol ... ption/7372
"Interoception is the body-to-brain axis of signals originating from the internal body and visceral organs (such as gastrointestinal, respiratory, hormonal, and circulatory systems). It plays a unique role in ensuring homeostasis. Interoception therefore refers to the sensing of the state of the inner body and its homeostatic needs, to the ever- fluctuating state of the body beneath its sensory (exteroceptive) and musculoskeletal sheath."
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"Interozeption ist die Achse von Körper und Gehirn für Signale, die aus dem Körperinneren und den viszeralen Organen (wie dem Magen-Darm-Trakt, den Atemwegen, dem Hormonsystem und dem Kreislaufsystem) stammen. Sie spielt eine einzigartige Rolle bei der Sicherstellung der Homöostase. Interozeption bezieht sich daher auf die Wahrnehmung des Zustands des Körperinneren und seiner homöostatischen Bedürfnisse, auf den ständig schwankenden Zustand des Körpers unterhalb seiner sensorischen (exterozeptiven) und muskuloskelettalen Hülle." [Übersetzt von Google Translate]
(Manos Tsakiris, & Helena De Preester, eds. The Interoceptive Mind: From Homeostasis to Awareness. Oxford: Oxford University Press, 2019. p. v)
"Interoception is a multidimensional construct, broadly encompassing the processing of afferent (sensory) information arising from internal organs, tissues, and cells of the body. This afference contributes to the regulation of homeostatic reflexes, and…more broadly to the generation and regulation of cognitive and emotional behaviors.
Interoception can be encompassed by the broader construct of bodily afference. The latter includes both visceral afference and somatic afference. We use the term visceral afference to refer to the processing of internal sensory information derived from interoceptors that are located in the organs and tissues of the main cavities of the body (i.e. the viscera), as well as from olfactory and gustatory receptors, all being generally associated with the limbic system and the autonomic nervous system. We use the term somatic afference to refer to the processing of sensory information (e.g. proprioceptive input and tactile sensitivity) derived from components of the somatic system (e.g. muscles, joints, skin). This distinction between somatic and visceral afference does not imply a complete independence. Indeed, in many cases, there is an integration of multiple modes of bodily or somatosensory information derived, for example, from metabolic changes in active muscle tissue. Hence, the term somatovisceral afference is more appropriately applied to integrated, multimodal, or otherwise nonspecific internal sensory input from within the body. In these regards, the construct of interoception itself is more specifically aligned with that of visceral afference, referring to the processing of sensory information from interoceptors that are located within the visceral organs and from interoceptors located elsewhere in the body that provide for local energy needs. Thus, in contrast to exteroceptors, interoceptors are tuned to sense internal events.
The so-called general visceral afferents (GVAs) that relay internal sensory information from interoceptors are carried by several cranial nerves, the most notable being the vagus nerve. These afferents carry information (e.g. pressor receptor activity from blood vessels) originating from the gut and the viscera more generally (i.e. organs and tissues located in the thoracic, abdominal, and pelvic cavities, as well as blood vessels and muscles). By comparison, special visceral afferents (SVAs) convey gustatory senses (i.e. taste) and olfaction (i.e. smell and pheromonal senses). Although the SVAs detect environmental stimuli, they do so by virtue of those stimuli impinging on the internal bodily environment. Hence, they differ from exteroceptors; for example, conveying information related to touch or audition. Furthermore, the visceral senses have common central projections to cell groups in the brainstem, including the nucleus tractus solitarius (NTS), midbrain, and thalamus, that are distinct from those of somatic exteroceptors, and they link anatomically and functionally with a distinct set of central neural systems and processes. Moreover, they share biochemical markers in common with GVAs and with autonomic neurons. There are other classes of sensory systems, such as proprioceptors, that sense joint position, and vestibuloceptors, that sense body orientation in gravitational space. These might be considered interoceptors as they are internal to the body. Yet, they are closely linked with somatic motor systems anatomically and functionally, and they have biochemical markers more in concert with somatic motor systems. Hence, they are sometimes considered within the unique class of proprioceptors, or otherwise just included within the general class of exteroceptors.
What is important to consider is that both exteroceptive and interoceptive information can powerfully influence cognitive and emotional processes, and, importantly, vice versa."
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"Interozeption ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das im Großen und Ganzen die Verarbeitung afferenter (sensorischer) Informationen umfasst, die aus inneren Organen, Geweben und Zellen des Körpers stammen. Diese Afferenz trägt zur Regulierung homöostatischer Reflexe bei und…allgemeiner zur Erzeugung und Regulierung kognitiver und emotionaler Verhaltensweisen.
Interozeption kann durch das breitere Konstrukt der körperlichen Afferenz erfasst werden. Letztere umfasst sowohl viszerale als auch somatische Afferenz. Wir verwenden den Begriff viszerale Afferenz, um uns auf die Verarbeitung innerer sensorischer Informationen zu beziehen, die von Interozeptoren stammen, die sich in den Organen und Geweben der Haupthöhlen des Körpers (d. h. den Eingeweiden) befinden, sowie von olfaktorischen und gustatorischen Rezeptoren, die alle im Allgemeinen mit dem limbischen System und dem autonomen Nervensystem in Verbindung stehen. Wir verwenden den Begriff somatische Afferenz, um uns auf die Verarbeitung sensorischer Informationen (z. B. propriozeptive Eingabe und taktile Sensibilität) zu beziehen, die aus von Komponenten des somatischen Systems (z. B. Muskeln, Gelenke, Haut). Diese Unterscheidung zwischen somatischer und viszeraler Afferenz bedeutet keine vollständige Unabhängigkeit. Tatsächlich gibt es in vielen Fällen eine Integration mehrerer Arten körperlicher oder somatosensorischer Informationen, die beispielsweise aus Stoffwechselveränderungen im aktiven Muskelgewebe stammen. Daher wird der Begriff somatoviszerale Afferenz eher auf integrierte, multimodale oder anderweitig unspezifische interne sensorische Eingaben aus dem Körper angewendet. In dieser Hinsicht ist das Konstrukt der Interozeption selbst spezifischer auf das der viszeralen Afferenz ausgerichtet und bezieht sich auf die Verarbeitung sensorischer Informationen von Interozeptoren, die sich in den viszeralen Organen befinden, und von Interozeptoren, die sich an anderen Stellen im Körper befinden und für den lokalen Energiebedarf sorgen. Im Gegensatz zu Exterozeptoren sind Interozeptoren daher darauf eingestellt, interne Ereignisse wahrzunehmen.
Die sogenannten allgemeinen viszeralen Afferenzen (GVAs), die interne sensorische Informationen von Interozeptoren weiterleiten, werden von mehreren Hirnnerven übertragen, von denen der Vagusnerv der bekannteste ist. Diese Afferenzen übertragen Informationen (z. B. Pressorrezeptoraktivität von Blutgefäßen), die aus dem Darm und den Eingeweiden im Allgemeinen stammen (d. h. Organe und Gewebe in den Brust-, Bauch- und Beckenhöhlen sowie Blutgefäße und Muskeln). Im Vergleich dazu übertragen spezielle viszerale Afferenzen (SVAs) Geschmackssinne (d. h. Geschmack) und Geruchssinn (d. h. Geruchs- und Pheromonsinne). Obwohl die SVAs Umweltreize erkennen, tun sie dies aufgrund der Wirkung dieser Reize auf die innere Körperumgebung. Daher unterscheiden sie sich von Exterozeptoren; sie übertragen beispielsweise Informationen im Zusammenhang mit Berührung oder Hören. Darüber hinaus haben die viszeralen Sinne gemeinsame zentrale Projektionen zu Zellgruppen im Hirnstamm, einschließlich des Nucleus tractus solitarius (NTS), des Mittelhirns und des Thalamus, die sich von denen der somatischen Exterozeptoren unterscheiden, und sie sind anatomisch und funktionell mit einer bestimmten Reihe zentraler neuronaler Systeme und Prozesse verbunden. Darüber hinaus haben sie gemeinsame biochemische Marker mit GVAs und mit autonomen Neuronen. Es gibt andere Klassen sensorischer Systeme, wie Propriozeptoren, die die Gelenkposition erfassen, und Vestibulozeptoren, die die Körperausrichtung im Gravitationsraum erfassen. Diese könnten als Interozeptoren betrachtet werden, da sie sich im Körperinneren befinden. Dennoch sind sie anatomisch und funktionell eng mit somatischen motorischen Systemen verbunden, und sie haben biochemische Marker, die stärker mit somatischen motorischen Systemen übereinstimmen. Daher werden sie manchmal der einzigartigen Klasse der Propriozeptoren zugeordnet oder andernfalls einfach der allgemeinen Klasse der Exterozeptoren zugerechnet.
Wichtig ist, dass sowohl exterozeptive als auch interozeptive Informationen kognitive und emotionale Prozesse stark beeinflussen können und, was wichtig ist, umgekehrt." [Übersetzt von Google Translate]
(Berntson, Gary G., Peter J. Gianoros, & Manos Tsakiris. "Interoception and the Autonomic Nervous System: Bottom-up meets Top-down." In The Interoceptive Mind: From Homeostasis to Awareness, edited by Manos Tsakiris & Helena De Preester, 3-23. Oxford: Oxford University Press, 2019. pp. 3-4)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Leider sind Wörter wie "Erleben"/"Erlebnis" und "Erfahrung" auch nicht eindeutig. In den folgenden Beispielen sind sie keine Synonyme von "(phänomenales) Bewusstsein":RoloTomasi hat geschrieben : ↑Sa 12. Okt 2024, 21:08Was ich mit meinem letzten Post einfach sagen wollte, ist, dass man auf eine weder sinnliche noch irgendwie metaphysische Weise etwas erlebt. Es geht mir nur um die Beschreibung von Erlebnissen, nicht um deren (wissenschaftliche) Erklärung. Das Erleben wird bei der Beschreibung von Bewusstsein zwar immer wieder als ein wichtiger Faktor genannt, aber die Beschreibung des Erlebens findet dann oft gar nicht statt. Und es ist doch gerade bei diesem Thema wichtig, nicht nur darauf zu schauen, was Philosophen oder Wissenschaftler objektivierend darüber schreiben, sondern eben darauf, was man subjektiv erlebt.
– "Er hat die Hochzeit seiner Tochter leider nicht mehr erlebt."
– "Unsere Urlaubsreise war ein tolles Erlebnis."
– "Er hat viel Erfahrung in seinem Beruf."
Zur Vereindeutigung hinsichtlich des (phänomenalen) Bewusstseins ist oft von subjektiver, innerer, unmittelbarer Erfahrung die Rede.
Doppeldeutig ist übrigens auch das Wort "Erscheinung".
"Die Äquivokation, welche es gestattet, als Erscheinung nicht nur das Erlebnis, in dem das Erscheinen des Objektes besteht (z. B. das konkrete Wahrnehmungserlebnis, in dem uns das Objekt vermeintlich selbst gegenwärtig ist), sondern auch das erscheinende Objekt zu bezeichnen, kann nicht scharf genug betont werden. Der Trug dieser Äquivokation verschwindet sofort, sowie man sich phänomenologische Rechenschaft darüber gibt, was denn vom erscheinenden Objekt im Erlebnis der Erscheinung reell vorfindlich sei. Die Dingerscheinung (das Erlebnis) ist nicht das erscheinende Ding (das uns vermeintlich 'Gegenüberstehende'); in dem Bewusstseinszusammenhang erleben wir die Erscheinungen, als in der phänomenalen Welt seiend erscheinen uns die Dinge. Die Erscheinungen selbst erscheinen nicht, sie werden erlebt."
(Husserl, Edmund. Logische Untersuchungen. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Halle: Niemeyer, 1901. S. 328)
"Der phänomenologische und populäre Erlebnisbegriff.
In gleicher Absicht weisen wir noch darauf hin, dass unser Begriff von Erlebnis nicht übereinstimmt mit dem populären, wobei wieder die eben angedeutete Unterscheidung zwischen reellem und intentionalem Inhalt ihre Rolle spielt. Sagt jemand, ich habe die Kriege von 1866 und 1870 erlebt, so ist das, was in diesem Sinne 'erlebt' heißt, eine Komplexion äußerer Vorgänge, und das Erleben besteht hier aus Wahrnehmungen, Beurteilungen und sonstigen Akten, in welchen die Vorgänge zu gegenständlicher Erscheinung und öfters zu Objekten einer gewissen, auf das empirische Ich bezogenen Setzung werden. Das erlebende Ich oder Bewusstsein, in dem für uns maßgebenden phänomenologischen Sinne, hat diese Vorgänge, wie die an ihnen betheiligten Dinge natürlich nicht in sich als seine 'psychischen Erlebnisse', als seine reellen Bestandstücke oder Inhalte. Was es in sich findet, was in ihm reell vorhanden ist, das sind die betreffenden Akte des Wahrnehmens, Urteilens u. s. w. mit ihrem wechselnden Empfindungsmaterial. Und so bedeutet hier auch das Erleben etwas ganz anderes als dort. Die äußeren Vorgänge erleben, das hieß: gewisse auf diese Vorgänge gerichtete Akte des Wahrnehmens, des (wie immer zu bestimmenden) Wissens u. dgl. haben. Dieses Haben ist sogleich ein Beispiel für das ganz andersartige Erleben in dem innerlichen Sinne. Es besagt nicht mehr, als dass gewisse Inhalte Bestandstücke in einer Bewusstseinseinheit, in einem 'erlebenden' psychischen Subjekt sind. Dieses selbst ist ein reales Ganzes, das sich aus mannigfachen Teilen reell zusammensetzt, und jeder solche Teil heißt 'erlebt'. In diesem Sinne ist das, was das Ich oder das Bewusstsein erlebt, eben sein Erlebnis. Zwischen dem erlebten oder bewussten Inhalt und dem Erlebnis selbst ist kein Unterschied. Das Empfundene z. B. ist nichts Anderes als die Empfindung. 'Bezieht sich' aber ein Erlebnis auf einen von ihm selbst zu unterscheidenden Gegenstand, wie z. B. die äußere Wahrnehmung auf den wahrgenommenen, die nominale Vorstellung auf den genannten Gegenstand u. dgl., so ist dieser Gegenstand in dem hier festzulegenden Sinne nicht erlebt oder bewusst, sondern eben wahrgenommen, genannt u. s. f.
Diese Sachlage berechtigt ja zu der Rede von Inhalten, die hier eine durchaus eigentliche ist. Der normale Sinn des Wortes Inhalt ist ein relativer, er weist ganz allgemein auf eine umfassende Einheit hin, die in dem Inbegriff der zugehörigen Teile ihren Inhalt besitzt. Was immer an einem Ganzen sich als Teil auffassen lässt und es in Wahrheit mitkonstituiert, gehört zum Inhalte des Ganzen. In der üblichen psychologischen Rede von Inhalten ist der verschwiegene Beziehungspunkt, d. h. das entsprechende Ganze, die reelle Bewusstseinseinheit. Ihr Inhalt ist der Gesamtinbegriff der präsenten 'Erlebnisse' und unter Inhalten im Plural versteht man dann diese Erlebnisse selbst; d. i. alles, was als reeller Teil das jeweilige Ich oder Bewusstsein konstituiert."
(Husserl, Edmund. Logische Untersuchungen. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Halle: Niemeyer, 1901. S. 329-31)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Ja, man kann das vieldeutige Wort "Bewusstsein" umgehen und auf der Grundlage der eigenen inneren Erfahrungen direkt über (Körper-)Empfindungen, (Körper-)Gefühle (wie Hunger und Durst), Gedanken und Vorstellungen sprechen.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Sa 12. Okt 2024, 22:53@Consul: "Leider sind Wörter wie "Erleben"/"Erlebnis" und "Erfahrung" auch nicht eindeutig". Ganz richtig, aber das 'leider' verstehe ich nicht. Den Wunsch nach Eindeutigkeit verstehe ich ja, aber der ist oft nicht zu erfüllen. Alles Definieren und Theoretisieren führt ja von den Phänomenen oft auch weg; und gerade im Falle von Bewusstsein hat das dann fast eine unfreiwillige Komik.)
Mir geht es nicht um Begriffe und Worte, sondern z.B. um "Hunger" - eine doch durchaus bekannte Erfahrung; ein Erleben in einem ganz unwissenschaftlichen Sinne des Wortes 'erleben'. Ich muss ja nicht erst wieder 'Erfahrung' und 'Erlebnis' definieren oder klären, bevor ich über Hunger sprechen kann. Vielleicht sprichst Du ja einfach mal unmittelbar darüber, wie Du persönlich Hunger erlebst, ganz ohne große Theorie und Theoretiker. (Aber nein, das musst Du natürlich nicht! Ich will damit nur sagen, dass das auch ein legitimer Weg ist, über einen Aspekt des Bewusstseins zu sprechen. Und es ist in der Tat gar nicht so leicht zu beschreiben, was man wirklich erlebt bei Hunger, Frische, Mattigkeit oder Gefahr...also mal ganz unabhängig von philosophisch oder wissenschaftlich vorgeformten Konzeptionen oder Termini.)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Das Wort "Zeichentrickfilmtier" ist an sich ontologisch neutral, weil es sich entweder auf ein zeichentrickfilmisch dargestelltes reales Tier oder auf ein zeichentrickfilmisch dargestelltes irreales Tier bezieht, wohingegen Fabeltiere grundsätzlich irreale Tiere sind.Körper hat geschrieben : ↑Sa 12. Okt 2024, 10:08Ist hier "Fabeltier" eine Existenzaussage?Consul hat geschrieben : ↑Fr 11. Okt 2024, 20:32Wenn ein Begriff definiert wird, dann sollte die Frage, ob der Begriffsumfang die leere Menge ist oder nicht, nicht per definitionem beantwortet werden. Deshalb gefällt mir die folgende DUDEN-Definition von "Einhorn" nicht, die genau dies tut, indem Einhörner darin als Fabeltiere und damit als nichtexistente Tiere bezeichnet werden. Dass die Menge der Einhörner die leere Menge ist, ist also Teil der Definition von "Einhorn":
"Einhorn = pferde- oder ziegenähnliches Fabeltier mit einem langen geraden Horn in der Mitte der Stirn" - DUDEN
Wir wissen zwar, dass es keine Einhörner gibt, aber dieses Wissen kann nicht a priori aus einer Definition von "Einhorn" gewonnen werden.
Mir ist das Thema "Einhorn" über einen Zeichentrickfilm bekannt geworden.
D.h. ich gehe davon aus, dass "Fabeltier" hier eher eine Quellenangabe, als eine Existenzaussage ist.
Würde man für mich formulieren...
"Einhorn = pferde- oder ziegenähnliches Zeichentrickfilmtier mit einem langen geraden Horn in der Mitte der Stirn"
...dann würde diese Definition rein aus Tatsachen bestehen und ich könnte mich somit nicht beschweren.
(Wenn in einer Fabel Exemplare einer realen Tierart erwähnt werden—z.B. Hunde—, dann sind jene keine Fabeltiere im eigentlichen Sinn des Wortes.)
Das Wissen, dass wir Gehirne (zentrale Nervensysteme) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Extrospektion (der äußeren Sinneswahrnehmung); und das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Introspektion (der inneren Wahrnehmung), die in diesem Punkt nicht minder vertrauenswürdig ist als die Extrospektion. Wir finden introspektiv Arten innerer Phänomene in uns vor, deren Tatsächlichkeit/Wirklichkeit zweifelsfrei feststeht, und die unter dem Sammelbegriff phänomenales Bewusstsein oder subjektives Erleben zusammengefasst werden.Körper hat geschrieben : ↑Sa 12. Okt 2024, 10:08Man kann eine festgelegte Reaktion nicht als "Wissen" und/oder als "Quelle" einstufen, denn du kannst ja gar nicht anders reagieren.
…
Der einzig vorliegende Startpunkt, das einzige vorliegende Werkzeug, ist das Nervensystem und die dortigen Reaktionen.
Sämtliche ontologischen Erklärungsversuche springen ins Nebulöse und kommen (aktuell) nirgendwo an.
Eine Definition von "Bewusstsein" darf kein Wissen suggerieren, das gar nicht vorliegt.
Mit "Bewusstsein existiert" lauf die dort aktiven Piraten exakt in einen derartigen Suggestionshafen ein und sie bringen ihre jeweils eigene Enterhaken-Motivation mit.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Jein.Consul hat geschrieben : ↑Mo 14. Okt 2024, 07:21Das Wissen, dass wir Gehirne (zentrale Nervensysteme) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Extrospektion (der äußeren Sinneswahrnehmung); und das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Introspektion (der inneren Wahrnehmung), die in diesem Punkt nicht minder vertrauenswürdig ist als die Extrospektion.
Du liegst richtig, dass es in beiden Fällen um Wahrnehmung geht.
Du liegst nicht richtig, keinen Unterschied zwischen den beiden Varianten darzustellen, denn der elementar wichtige Unterschied lautet "Interaktivität".
Ohne Interaktivität würden die "schrägen Linien" nicht entlarvt werden.
Die "Extrospektion" verläuft hier in einer festgelegten Reaktion und erst durch die Interaktivität wird erkannt, dass es eine Festlegung ist und dass diese Reaktion nicht dem entspricht, was vorliegt.
Bei der "Introspektion" findet keinerlei Interaktivität statt, d.h. dieses Kontrollwerkzeug steht gar nicht zur Verfügung.
Die Funktion von "Bewusstsein" ist sicherlich da, denn es funktioniert ja.
Es geht letztlich um diese eigenartige Phänomenalüberzeugung und um die geht es auch explizit bei den "schrägen Linien", entspricht aber nicht dem, was dort vorliegt.
Es geht also um den Punkt, dass die Überzeugung aus der Wahrnehmung von dem abweicht, das vorliegt.
Wahrnehmung ist kein alleiniges Werkzeug, um eine 1:1 Sicherheit zu erreichen.
Erst in Kombination mit Interaktivität kommt es zu einer Qualitätssteigerung.
Das ist für mich eine Darstellung in der poetische Anteile als Präzision suggeriert werden. Für eine Definition wäre das nicht geeignet.
Ich "finde keine Phänomene in mir vor", sondern ich reagiere in einer festgelegten Form.
Das ist ein enormer Unterschied, denn hier stellt sich die Frage, auf welche Weise sich die Festlegung ergibt.
Das Prinzip bei dieser Phänomenüberzeugung ist, dass der Mensch nicht beschreibend damit umgehen kann (er kann eigentlich nicht sagen, was es ist - deshalb ja das Wort "Phänomen") und dennoch muss er die Reaktion nie bewusst lernen, hat keine Alternative und macht auch nie einen Fehler.
Du kannst in Anbetracht dieser Konstellation keinerlei "zweifelsfreies Feststehen" behaupten.
Man kann sagen:
weil die Phänomenüberzeugung im Menschen eine grundlegende Funktionsweise ist, steht dem Menschen aus sich selbst heraus keine Analysemöglichkeit zur Verfügung.
Er kann keine Situation erreichen, in der er unabhängig zu seiner Funktionsweise, aber dennoch mit seiner Funktionsweise, das eigentlich Vorliegende wahrnimmt.
Es ist wie bei den "schrägen Linien", man kann nicht anders reagieren, auch wenn man es auf Basis von Denk-Einsicht gar nicht will (weil analytisch klar ist, dass dort etwas anderes auf dem Papier ist).
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Neugeborene haben zwar schon ein phänomenales Bewusstsein, vermutet man, aber wissen sie auch, dass sie eines haben? (Von welchen Formen des Wissens sprechen wir?) Etwas zu hören und sich dessen bewusst zu sein, dass man sich etwas bewusst ist, sind doch zwei verschiedene Dinge. Ich wäre nicht überrascht, wenn dieses Wissen in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung einer Theory of Mind (der Fähigkeit, die mentalen Zustände anderer zu verstehen) steht. Diese Fähigkeit entwickelt sich in der frühen Kindheit und beinhaltet das Begreifen, dass andere Menschen ebenfalls eine eigene Perspektive auf die Wirklichkeit haben. Gehört diese „Differenz“ (meine Perspektive ist anders als ihre Perspektive) nicht auch zum Erkennen des eigenen Bewusstseins dazu? Besteht der gemeinschaftliche Bewusstseinsraum nicht aus einer solchen andauernden "Triangulation" und "Differenzen"?Consul hat geschrieben : ↑Mo 14. Okt 2024, 07:21Das Wissen, dass wir Gehirne (zentrale Nervensysteme) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Extrospektion (der äußeren Sinneswahrnehmung); und das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben, stammt aus der Erkenntnisquelle der Introspektion (der inneren Wahrnehmung), die in diesem Punkt nicht minder vertrauenswürdig ist als die Extrospektion. Wir finden introspektiv Arten innerer Phänomene in uns vor, deren Tatsächlichkeit/Wirklichkeit zweifelsfrei feststeht, und die unter dem Sammelbegriff phänomenales Bewusstsein oder subjektives Erleben zusammengefasst werden.
Das Erkennen des eigenen Bewusstseins basiert daher womöglich nicht ausschließlich auf Introspektion, sondern umfasst auch soziale Dimensionen, also Formen der "Extrospektion"?
Man kommt in der Philosophie weiter, wenn man erwägt, dass es Menschen im Ernst gibt
Durch soziale Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen gelangt man zu dem Schluss, dass jene wie man selbst Bewusstsein besitzen. Bei nichtmenschlichen Tieren (die nicht zu unseren nächsten tierischen Verwandten oder anderen höheren Säugetieren gehören) muss man sich allerdings vor einer vorschnellen anthropozentrischen Bewusstseinsprojektion hüten.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 14. Okt 2024, 13:13Neugeborene haben zwar schon ein phänomenales Bewusstsein, vermutet man, aber wissen sie auch, dass sie eines haben? (Von welchen Formen des Wissens sprechen wir?) Etwas zu hören und sich dessen bewusst zu sein, dass man sich etwas bewusst ist, sind doch zwei verschiedene Dinge. Ich wäre nicht überrascht, wenn dieses Wissen in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung einer Theory of Mind (der Fähigkeit, die mentalen Zustände anderer zu verstehen) steht. Diese Fähigkeit entwickelt sich in der frühen Kindheit und beinhaltet das Begreifen, dass andere Menschen ebenfalls eine eigene Perspektive auf die Wirklichkeit haben. Gehört diese „Differenz“ (meine Perspektive ist anders als ihre Perspektive) nicht auch zum Erkennen des eigenen Bewusstseins dazu? Besteht der gemeinschaftliche Bewusstseinsraum nicht aus einer solchen andauernden "Triangulation" und "Differenzen"?
Das Erkennen des eigenen Bewusstseins basiert daher womöglich nicht ausschließlich auf Introspektion, sondern umfasst auch soziale Dimensionen, also Formen der "Extrospektion"?
Eine zentrale Frage in der Bewusstseinspsychologie ist, ob es kognitiv unbewusstes phänomenales Bewusstsein geben kann, d.h. Zustände des phänomenalen Bewusstseins (Empfindungen, Gefühle, Stimmungen, Gedanken, Vorstellungen), deren sich ihr Subjekt in keiner Weise bewusst ist—von denen ihr Subjekt gar nicht weiß, dass es sie hat?
Kann es subjektive Erfahrnisse/Erlebnisse/Empfindnisse geben, die von ihrem Subjekt überhaupt nicht innerlich wahrgenommen, bemerkt oder beachtet werden?
Kann es phänomenal bewusste extrospektive/extrovertierte Perzeptionen ohne introspektive/introvertierte Apperzeptionen der Perzeptionen geben?
Meine Antwortet lautet nein!
Wenn ich recht habe, und die kognitive Fähigkeit zur Introspektion oder Apperzeption (zum introspektiven/apperzeptiven Bewusstsein) eine notwendige Bedingung des phänomenalen Bewusstseins ist, dann ist die Anzahl phänomenal bewusster Lebewesen viel niedriger, als wenn diese Bedingung nicht besteht.
Apperzeption ist laut Leibniz eine "bessere, mit Aufmerksamkeit und Gedächtnis verbundene Wahrnehmung" ("perceptio melior, cum attentione et memoria coniuncta"). Er unterscheidet zwischen "petites perceptions" = "perceptions sans apperception" ("kleinen Wahrnehmungen" = äußeren Wahrnehmungen ohne innere Wahrnehmung der äußeren Wahrnehmung) und apperceptions (inneren Wahrnehmungen der äußeren Wahrnehmungen)."Ainsi se distingue, par le fait de conscience, ou l'observation de nous-mêmes, la perception qui est l'état intérieur de le monade, représentant les chose externes, et l'apperception qui est la conscience ou la connaissance réflexive de cet état intérieur, laquelle n'est point donneée à toutes les ames, ni toujours à la même ame."
———
"It is well to make the distinction between perception, which is the internal state of the monad representing external things, and apperception, which is consciousness or the reflexive knowledge of this internal state itself and which is not given to all souls, nor at all times to the same soul."
———
"Es ist gut, den Unterschied zu machen zwischen Perzeption, die der innere Zustand der Monade ist, der die äußeren Dinge repräsentiert, und Apperzeption, die das Bewusstsein oder die reflexive Erkenntnis dieses inneren Zustands selbst ist und die nicht allen Seelen und nicht zu allen Zeiten derselben Seele gegeben ist." [Übersetzt von DeepL]
(Leibniz, Principles of Nature and Grace, par. 4, G VI 600: L 637)
Die "kleinen Wahrnehmungen" sind phänomenal unbewusste Wahrnehmungen, d.i. Wahrnehmungen ohne subjektive Empfindungen oder Eindrücke, die als innere Erscheinungen des äußeren Wahrnehmungsgegenstandes fungieren.
Es gibt unterschiedliche Grade oder Intensitäten der Aufmerksamkeit. Innerhalb eines subjektiven Bewusstseinsfeldes wird zwischen dem (Aufmerksamkeits-)Zentrum und der (Aufmerksamkeits-)Peripherie unterschieden, wobei es dazwischen keine scharfe Grenze gibt."Den durch eigentümliche Gefühle charakterisierten Zustand, der die klarere Auffassung eines psychischen Inhalts begleitet, nennen wir die Aufmerksamkeit, den einzelnen Vorgang, durch den irgendein psychischer Inhalt zu klarer Auffassung gebracht wird, die Apperzeption."
(Wundt, Wilhelm. Grundriss der Psychologie. 7. Aufl. Leipzig: W. Engelmann, 1905. S. 252)
Innerhalb des Aufmerksamkeitsbereichs des phänomenalen Bewusstseins wirken unterschiedliche Aufmerksamkeitsgrade oder -intensitäten; aber wenn der Aufmerksamkeitsgrad 0 ist, dann ist ein inneres Ereignis nicht Teil des phänomenalen Bewusstseinsfeldes und damit gar kein bewusstes Ereignis. Dies bedeutet, dass es kein inneres Erleben ohne innere Aufmerksamkeit (ohne ein bestimmtes Mindestmaß an innerer Aufmerksamkeit) gibt; denn das phänomenale Bewusstseinsfeld ist seinem Umfang nach mit dem introspektiven/apperzeptiven Aufmerksamkeitsfeld identisch.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
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Das war eigentlich nicht mein Punkt. Es ging mir darum, dass Bewusstsein nicht etwas "rein" Privates ist, sondern auch soziale Dimensionen hat.
Gehört das jetzt noch zu der Antwort auf meine Gedanken? Oder ist das ein neues Thema? Über Bewusstseinspsychologie hab ich schließlich gar nicht gesprochen.
Ich will es noch mal skizzieren: Wenn ein kleines Kind, einen Vogel zwitschern hört, welches Wissen hat es dann? Darum ging es ja: "das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben" (Consul). Weiß es, dass der Vogel zwitschert, ja vermutlich. Weiß es, dass es ein Bewusstsein davon hatte? Sicher nicht in dieser expliziten Form. Aber wie? Es geht ja hier um eine bestimmte Form von "Selbstbewusstsein", also Bewusstsein des eigenen Bewusstseins.
Man kommt in der Philosophie weiter, wenn man erwägt, dass es Menschen im Ernst gibt
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@Rolo Tomasi, ich denke, ich bin mit fast allem einverstanden. Ich für meinen Teil habe ich richtige Allergie gegen die "Innen/Außen" Unterscheidung entwickelt. Dennoch könnte man einräumen, dass die "vorphilosophische" Verwendung der beiden Ausdrücke okay (=verständlich) ist. Wenn Hans zu seiner Frau sagt, ich frage mich, was gerade in dir vorgeht, dann ist das durchaus verständlich. Er will halt wissen, woran sie gerade denkt, was sie plant oder ähnliches.
Philosophisch ist es allerdings genauso fragwürdig, wie du es darstellst.
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@ Rolo Tomasi, @ Jörn Budesheim
Selbstverständlich ist Bewußtsein ein sinnvoller Begriff für einen Teil der Kognition, nämlich das Selbstwahrnehmen, das Fremdwahrnehmen, Gewahrsein von objektiven äußerlichen oder inneren Sachverhalten, unmittelbar oder vermittelt durch Sinngebung oder Interpretation, im Repräsentationsraum der Kognition. Denn es gibt in der Kognition unbewußtes, nicht wahrgenommenes, aber gleichwohl wirksames (ohne Wirksamkeit gäbe es kein Unbewußtes). Es macht einen großen Unterschied, ob ich atme oder bewußt atme, ob es implizit in mir denkt, oder ich mich als Denkenden weiß. Der körperliche Schmerz ist eine innere Wahrnehmung, die unterbunden werden kann, wenn die Nervenverbindung von der Schmerzquelle zur Kognition unterbunden wird. Psychische Schmerzen entstehen als Reaktion auf äußere oder innere Sachverhalte und können nur psychologisch bearbeitet werden.
Man kann Bewußtsein nicht ohne materielle Verankerung denken, es ist immer an physiologische Vorgänge im Körperinneren gebunden, aber es ist nicht durch diese Materialität bestimmt. Wäre es das, hätte es keine biologische Funktion, wäre überflüssig, würde nur sinnlos Energie verbrauchen und könnte nicht mehr evolutionistisch erklärt werden.
Nein. Bewußtsein ist immer inneres Bewußtsein, auch Kollektivbewußtsein ist ein Bewußtsein im inneren des Kollektivs. Oder etwas genauer: Der Träger des Bewußtseins ist immer das kognitive Organ des Menschen oder der Menschengruppe. Bewußtsein von äußerer Realität ist immer abgebildetes Sein (in Gedankenobjekten), oder selbstgesetztes, konstruiertes Gedankenobjekt, als unmittelbares Sein ist es ein physiologischer Sachverhalt.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 12:19
Ich glaube, man kann die Begriffe 'innen' und 'außen' im Kontext der Bewusstseinstheorie ganz weglassen. Denn gerade Bewusstsein ist doch das Phänomen, welches diesen Gegensatz neutralisiert.
Selbstverständlich ist Bewußtsein ein sinnvoller Begriff für einen Teil der Kognition, nämlich das Selbstwahrnehmen, das Fremdwahrnehmen, Gewahrsein von objektiven äußerlichen oder inneren Sachverhalten, unmittelbar oder vermittelt durch Sinngebung oder Interpretation, im Repräsentationsraum der Kognition. Denn es gibt in der Kognition unbewußtes, nicht wahrgenommenes, aber gleichwohl wirksames (ohne Wirksamkeit gäbe es kein Unbewußtes). Es macht einen großen Unterschied, ob ich atme oder bewußt atme, ob es implizit in mir denkt, oder ich mich als Denkenden weiß. Der körperliche Schmerz ist eine innere Wahrnehmung, die unterbunden werden kann, wenn die Nervenverbindung von der Schmerzquelle zur Kognition unterbunden wird. Psychische Schmerzen entstehen als Reaktion auf äußere oder innere Sachverhalte und können nur psychologisch bearbeitet werden.
Man kann Bewußtsein nicht ohne materielle Verankerung denken, es ist immer an physiologische Vorgänge im Körperinneren gebunden, aber es ist nicht durch diese Materialität bestimmt. Wäre es das, hätte es keine biologische Funktion, wäre überflüssig, würde nur sinnlos Energie verbrauchen und könnte nicht mehr evolutionistisch erklärt werden.
Ich bin 2m gross und wiege 100kg.
Ich kann nicht damit angeben, dass mir nicht klar ist, was "ich" bedeutet.
"Bewusstsein" ist meine Handlung und diese läuft tatsächlich in mir ab. (wir erinnern uns an Anästhesie und die dortigen Tatsachen!)
Mit "innerhalb meines Bewusstseins" drücke ich aus, dass die jeweiligen Zusammenhänge in meiner Reaktion beachtet werden, also "Teil meiner Reaktion sind".
Mit "ausserhalb meines Bewusstseins" drücke ich aus, dass die jeweiligen Zusammenhänge nicht in meiner Reaktion beachtet werden, also "nicht Teil meiner Reaktion sind".
Bei "Ich", "innen" und "aussen" gibt es keinerlei Verständnisschwierigkeiten.
Ich kann nicht damit angeben, dass mir nicht klar ist, was "ich" bedeutet.
"Bewusstsein" ist meine Handlung und diese läuft tatsächlich in mir ab. (wir erinnern uns an Anästhesie und die dortigen Tatsachen!)
Mit "innerhalb meines Bewusstseins" drücke ich aus, dass die jeweiligen Zusammenhänge in meiner Reaktion beachtet werden, also "Teil meiner Reaktion sind".
Mit "ausserhalb meines Bewusstseins" drücke ich aus, dass die jeweiligen Zusammenhänge nicht in meiner Reaktion beachtet werden, also "nicht Teil meiner Reaktion sind".
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"Ihr" nehmt das Objekt aus der Rechnung heraus, von dem ich sage, dass es das Subjekt ist.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 20:29Mit dem Bewusstsein sowie auch mit dessen Subjekt haben wir als Theoretiker viele Probleme
Die dann vorliegenden Probleme sind für mich nicht erstaunlich.
Wie würdest du mir gegenüber begründen, dass man den Körper herausnimmt?
Es ist sicherlich eine alte Tradition, bei der man wohl irgendwann auf den Begriff "Seele" (Anaximander/Anaximenes -> Luft) eingeschwungen ist und weil das (also die Luft-Behauptung) bestimmt sehr peinlich wurde, hat man sich nur die Lufteigenschaften mit dem Wort "Geist" beibehalten und die Existenz ins Nirgendwo "versetzt".
So eine Tradition ist aber halt keine Begründung.
Bist du dir im Klaren, dass der Körper der Einzige ist, der nicht wissen muss, wie man den Körper steuert (einzelne Nervenimpulse für einzelne Muskelstränge)?
Wenn du nicht der Körper sein möchtest, aber dennoch nicht weisst, wie du gerade den Körper steuerst, dann hast du doch eher schlechte Karten - oder nicht?
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Bewußtsein ist immer Bewußtsein eines individuellen Subjekts, aber die Bewußtseinsinhalte verdanken sich sozialen Prozessen und konvergieren um gruppen- und gesellschaftsspezifische Bedeutungskerne. Die natürliche Sprache ist das kollektive Sprachbewußtsein einer Sprachgemeinschaft. Es existiert, solange es Menschen gibt, die über es verfügen, es realisieren. Ohne Gemeinschaft gibt es keine Sprache und kein Bewußtsein. Sprache ist die fundamentalste Koordinierungsebene der Menschen als soziale Wesen, als Kollektive.
Bewußtsein ohne materiellen Träger, also einen identifizierbaren raumzeitlichen Ort, existiert nicht, ist die Fantasie von Menschen, die an unabhängiges Übersinnliches glauben.
Gleichwohl, ich sagte es schon, hat der Bewußtseinsinhalt nichts mit der Materialität des Bewußtseinsträgers zu tun. Daher kann das Geistige nur als neue, emergente Stufe des Seins gesehen werden. Daß das so ist, ist für mich evident, daß bzw wie das möglich ist, muß nicht, könnte jedoch unerklärlich sein.
Zur vorstehenden Diskussion von Rolo Tomasi und Körper:
Man kann den Geist nicht von seinem Körper bzw seiner Verkörperung lösen. Geist ist ein Komplex aus einem materiellen Träger und einem geistigen Inhalt, ersterer ist ein extensionales Objekt, letzteres ist ein intensionales Objekt. Als letzteres hat es keine Verortung und Ausdehnung, aber es ist eben an ersteres gebunden, ohne diese Bindung gibt es keinen Geist.
Als Mensch bin ich Körper und Geist. Es dürfte schwerfallen, einen Menschen ohne Geist, also hirnlos oder hirntot, noch als Menschen zu bezeichnen. Das ICH bezeichnet die bewußte Einheit von Körper und Geist. Freilich gibt es Formen mehr oder weniger pathologischer Schwächen dieser Einheit.
Bewußtsein ohne materiellen Träger, also einen identifizierbaren raumzeitlichen Ort, existiert nicht, ist die Fantasie von Menschen, die an unabhängiges Übersinnliches glauben.
Gleichwohl, ich sagte es schon, hat der Bewußtseinsinhalt nichts mit der Materialität des Bewußtseinsträgers zu tun. Daher kann das Geistige nur als neue, emergente Stufe des Seins gesehen werden. Daß das so ist, ist für mich evident, daß bzw wie das möglich ist, muß nicht, könnte jedoch unerklärlich sein.
Zur vorstehenden Diskussion von Rolo Tomasi und Körper:
Man kann den Geist nicht von seinem Körper bzw seiner Verkörperung lösen. Geist ist ein Komplex aus einem materiellen Träger und einem geistigen Inhalt, ersterer ist ein extensionales Objekt, letzteres ist ein intensionales Objekt. Als letzteres hat es keine Verortung und Ausdehnung, aber es ist eben an ersteres gebunden, ohne diese Bindung gibt es keinen Geist.
Als Mensch bin ich Körper und Geist. Es dürfte schwerfallen, einen Menschen ohne Geist, also hirnlos oder hirntot, noch als Menschen zu bezeichnen. Das ICH bezeichnet die bewußte Einheit von Körper und Geist. Freilich gibt es Formen mehr oder weniger pathologischer Schwächen dieser Einheit.
Worin bestehen diese? Ein "Wolfskind" kann sich aufgrund des fehlenden sozialen Kontaktes geistig nicht normal entwickeln, aber es besitzt nichtsdestoweniger ein privates phänomenales Bewusstsein.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 10:10Das war eigentlich nicht mein Punkt. Es ging mir darum, dass Bewusstsein nicht etwas "rein" Privates ist, sondern auch soziale Dimensionen hat.
Bewusstsein ist immer das Bewusstsein eines Individuums und niemals eines Kollektivs von Individuen.
(Wir könnten allerdings über denkbare Science-Fiction-Szenarien einer Verschmelzung zweier getrennter Bewusstseinsfelder in zwei Personen durch eine neurotechnologische Verbindung und Vereinigung diskutieren. Zum Beispiel: https://pacific-rim.fandom.com/de/wiki/Drift)
Wenn ein Kind vermöge seiner Höreindrücke weiß, dass da ein Vogel zwitschert, dann muss es auch irgendwie wissen, dass es Höreindrücke hat, weil es sich sonst nicht um bewusstes Hören von etwas handeln würde. Letzteres (introspektives/apperzeptives) Wissen muss sich aber nicht explizit in gedachten Aussagesätzen der inneren Sprache äußern wie "Ich erlebe gerade Hörempfindungen (der Art X)".Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 10:10Ich will es noch mal skizzieren: Wenn ein kleines Kind, einen Vogel zwitschern hört, welches Wissen hat es dann? Darum ging es ja: "das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben" (Consul). Weiß es, dass der Vogel zwitschert, ja vermutlich. Weiß es, dass es ein Bewusstsein davon hatte? Sicher nicht in dieser expliziten Form. Aber wie? Es geht ja hier um eine bestimmte Form von "Selbstbewusstsein", also Bewusstsein des eigenen Bewusstseins.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Wenn ich mir einer Türe perzeptiv bewusst bin, d.h. sie wahrnehme, dann ist die Türe als Wahrnehmungsgegenstand "da draußen" (außerhalb meines Gehirns/Körpers) nicht Teil meines Wahrnehmungsinhaltes "hier drinnen" (innerhalb meines Gehirns/Körpers). Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 12:19@Consul: Ich habe Probleme mit Deiner Betonung von "innerer" Erfahrung. Ich kann mit den Worten innen/außen (oder auch Introspektion und Extrospektion) in Bezug auf das Bewusstsein keinen Sinn verbinden. Wörtlich genommen verstehe ich diese Redeweise natürlich schon; nämlich dann, wenn man die Haut des Körpers als eine Innen-Außen-Grenze auffasst: ein Auto z.B. ist dann außen (nicht zu meinem Körper gehörend), die Leber oder das Gehirn sind dann innen (zu meinem Körper gehörend). Aber das kannst Du ja wohl mit Innen oder Außen nicht meinen, oder?
Ich glaube, man kann die Begriffe 'innen' und 'außen' im Kontext der Bewusstseinstheorie ganz weglassen. Denn gerade Bewusstsein ist doch das Phänomen, welches diesen Gegensatz neutralisiert. Sehr einfach gesagt: Das Auto steht vor der Tür, aber es steht doch nicht 'vor' dem Bewusstsein. Und das Gehirn ist in meinem Körper, aber es ist ja nicht 'in' meinem Bewusstsein. Sobald wir von etwas sprechen, von dem wir Bewusstsein haben, werden Innen und Außen zu bloßen Metaphern. Diese Begriffe machen, jedenfalls für mich, nur Sinn in Bezug auf die Einteilung physischer Dinge in Bezug auf ihre Lage innerhalb oder außerhalb meines Körpers. Bewusstseinstheoretisch braucht man sie nicht, da das Bewusstsein ja alles auf seine Ebene zieht - eben auf die des bewussten Seins.
Außerdem, wie bereits erläutert:
Beide Arten von Wahrnehmung—die äußere und die innere—finden freilich gleichermaßen im Innenraum des Körpers/Gehirns statt."Mit "innerer Wahrnehmung" ist die Wahrnehmung des Inneren des eigenen Körpers oder Geistes mittels nach innen gerichteter (introvertierter) Sinne gemeint; und entsprechend ist mit "äußerer Wahrnehmung" die Wahrnehmung des Äußeren des eigenen Körpers, oder die Wahrnehmung anderer Körper oder sonstiger äußerer Dinge mittels nach außen gerichteter (extrovertierter) Sinne gemeint (z.B. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten)."
—Consul: https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... 226#p84226
Es gibt aber über die wörtliche räumliche Unterscheidung von innen und außen hinaus einen besonderen psychologischen/phänomenologischen Begriff von Innerlichkeit als Verborgenheit (im Körper) vor der äußeren Wahrnehmung. Sowohl das Gehirn als auch das Gemüt (subjektive Bewusstseinsfeld) befinden sich im Körperinneren; aber auf CT-Scans kommt nur das Gehirn zum Vorschein und nicht das Gemüt.
(Reduktive Materialisten werden einwenden, dass Gemütsvorgänge nichts weiter als Gehirnvorgänge sind, und folglich sehr wohl von außen wahrgenommen werden können. Mag sein; doch selbst wenn sie recht haben, lässt sich kein mit einem Gemütsvorgang identischer Gehirnvorgang von außen als subjektiver Gemütsvorgang wahrnehmen, sondern nur als objektiver Gehirnvorgang. Denn es bleibt eine der Außenwahrnehmung verborgende, unzugängliche Innenseite des Bewusstseins.)
…kein (phänomenales) Bewusstsein ohne (introspektives/apperzeptives) Bewusstsein des (phänomenalen) Bewusstseins.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 12:19Das Bewusstsein ist ja kein Behälter oder (innerer oder äußerer) Raum, in die irgendwelche Inhalte reinkommen; es gibt keine ‚Perzepte außen‘, die dann noch ‚innen apperzipiert‘ werden. Dass dem so ist, steckt ja auch genau in Deiner Auffassung, dass es - verkürzt gesagt - kein Bewusstsein ohne Bewusstsein gibt.…
Jede Art von Empfindung, Gefühl, Stimmung, Gedanke oder Vorstellung nenne ich einen Inhalt des Bewusstseins(zustandes). Dass es sich hierbei nicht wörtlich um ein räumliches Verhältnis von Behälter und Inhalt handelt, ist klar.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 12:19Das ist sehr gut nachvollziehbar: Denn es hat ja eben gar keinen Sinn zu sagen, dass z.B. Schmerz zunächst rein körperlich (‚perzipiert‘) ist, und dann ins Bewusstsein eintritt und apperzipiert ist - Schmerz ist immer schon Bewusstsein und damit nichts Körperliches (sei es nun Äußeres oder Inneres). Ich habe Schmerzen, mein Körper nicht. Du schreibst ja auch, dass es keine subjektiven Erlebnisse gibt, die von ihrem Subjekt überhaupt nicht innerlich wahrgenommen, bemerkt oder beachtet werden. Das ist aus meiner Sicht ganz zutreffend, nur dass das Wort 'innerlich' dabei eben überflüssig ist; man kann es einfach durch 'bewusst' ersetzen. Du scheinst aber auf der 'Innerlichkeit' (z.B. von Schmerzbewusstsein im Gegensatz z.B. Autobewusstsein) zu bestehen - und das heißt für mich: Du scheinst das Subjekt des Bewusstseins irgendwie als eine Art (geistiges?!) Erfahrungsorgan aufzufassen - also wie ein Etwas an der Körpergrenze, das sich mal nach Innen (in den Körper hinein), mal nach außen (in die räumliche Umgebung des Körpers) drehen kann. Aber das ist ja dann ganz von einem Jenseits des Bewusstseins her konzipiert, und führt streng genommen vom Thema Bewusstsein weg. Denn das Subjekt des Bewusstseins ist ja selbst gar nicht irgendwo lokalisiert oder lokalisierbar, so dass man auch nicht sinnvoll sagen kann, dass es seinerseits 'außen' oder 'innen' ist. (Außen oder innen von was eigentlich sollte das Subjekt des Bewusstseins sein?)
Wenn ich von der inneren/innerlichen Wahrnehmung oder dem inneren/innerlichen Bewusstsein des phänomenalen Bewusstseins spreche, dann dient dies der Betonung, dass Bewusstseinsinhalte nur durch Introspektion (direkt) wahrnehmbar sind.
Das introspektive Bewusstsein (Wahrnehmen) eines Schmerzes und das extrospektive Bewusstsein (Wahrnehmen) eines Autos sind, wie gesagt, gleichermaßen körperinterne Ereignisse oder Zustände.
Ein phänomenologisches Subjekt ist für mich als Materialist ein physisches Objekt mit (der Fähigkeit zu) phänomenalem Bewusstsein. Mein Standpunkt ist der Animalismus, d.h. dass alle (natürlichen) phänomenologischen Subjekte tierische Lebewesen (Tiere) mit Gehirnen sind. Ich bin als bewusstes Tier ein Teil der physischen Außenwelt mit einem psychischen Innenleben (das aus reduktiv-materialistischer Sicht ein Teil meines neurophysiologischen Innenlebens ist).RoloTomasi hat geschrieben : ↑Di 15. Okt 2024, 12:19Bezüglich genau dieses Subjekts des Bewusstseins habe ich noch eine Frage an Dich. Du schreibst bei Erlebnissen ja von 'ihrem Subjekt': Kannst Du vielleicht noch ein paar Gedanken zu diesem Subjekt posten? Wer oder was ist für Dich das Subjekt? Und wie verhält es sich zu 'seinen Objekten'? Mich interessiert einfach, was es aus Deiner Sicht mit dem ‚Akteur‘ der sogenannten 'intentionalen Akte' oder Erlebnisse auf sich hat. Und mich würde auch interessieren, ob dieser Akteur gemäß Deiner Vorstellungswelt bzw. in Deiner Terminologie eher zu irgendeinem Innen oder zum Außen gehört?
Animalism: https://plato.stanford.edu/entries/animalism/
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Colin McGinn schreibt zum Thema geistig-seelische Innerlichkeit:
"The twentieth century set its face against the inner. Psychology and philosophy rejected the idea that mental states are special inner occurrences, sealed off from outside observation, private, known only to their possessor. Thus we have behaviorism (reductive and eliminative, Ryle and Watson), functionalism, Wittgenstein's 'outer criteria,' Quine's rejection of the 'museum myth,' and materialism in its several varieties. These doctrines make the mind a public thing, not something hidden inside—the mind is not something accessible only to the person whose mind it is. Some theorists accept a diluted form of 'first-person authority' or 'privileged access,' allowing for some sort of epistemic asymmetry between subject and observer; others simply abandon such notions, holding that others can know my mind as well as I can. What is rejected is the idea that it is of the essence of the mind to be inner and private. For if that were so, the study of mind would be radically different from other studies of nature: we could only study the mind, as it is in itself, from an introspective point of view; there could be no objective third-person study of mind. That would make psychology radically discontinuous with the rest of science, which deals with what is public and outer. We could only integrate the mind into our general conception of nature if we abandoned the notion of its essential innerness. The mind must be a public thing or be no thing at all. The idea of a thing whose existence and nature is purely inward would separate the mind from the rest of nature, rendering it sui generis and unapproachable (save from the inside)." (p. 57)
"Our concept of mind is the concept of an inner reality that may or may not disclose itself; indeed, for each of us it is the fundamental reality—the one that is closest to us and that matters the most. We believe unshakably in the reality of the inner. But if that belief is correct, the mind is not as other things, and is not a potential subject for objective science. The mind is not something that exists in the public objective space to which all observers have access. At most we can study it from a first-person point of view, introspectively, possibly sharing our findings with others similarly situated.
We thus face a stark choice: we either give up the idea of the inner or we accept that the mind cannot be studied as other things in nature are. All the theories popular in the twentieth century give up on the inner; they make the mind something public and outer. This is obvious for behaviorist theories (including functionalism), but it is also true of materialist theories: these theories too render the mind accessible from a third-person perspective—the observer of the brain. If pain is C-fiber firing, then looking at C-fiber firing is looking at pain—that is what you are seeing when you peer into a brain. Such theories do indeed prepare the mind for objective scientific study, by conceiving it in outer terms, and by downplaying or denying its essential innerness. But I think they do violence to the mind in so conceiving it: the mind really is ontologically and epistemologically an inner thing. This is evident to common sense, but it is perfectly true that acknowledging it results in the collapse of the scientific model (as commonly understood). If the mind is constitutionally an inner thing, then it cannot be studied as if it were an outer thing. Of course, we can allow that the inner mind has outer symptoms—effects, manifestations. Behavior and brain can signal the presence of an inner state. But the state itself is an essentially hidden reality, lurking behind those outer symptoms. It is not present in its symptoms. So we are not studying the thing itself when we study its symptoms. We may be studying the embodiment of the mind, but we are not studying the mind. The mind is inherently an inner thing, while its symptoms are inherently outer things.
I therefore think that the twentieth century in its flight from the inner proceeded from the right premises, but it reached the wrong conclusion. The correct premise was: the innerness of the mind cannot be reconciled with a naturalistic, homogeneous, seamless world of publicly accessible entities. But the right conclusion is not that innerness must be denied; it is that we do not live in such a homogeneous seamless world. The introspectionists in psychology were basically correct: the mind must be studied by a special method appropriate to its special nature, namely introspection. That doesn't mean we cannot include behavior and the brain in our general study of the mind, since the mind does have these associations; but it does mean that the essential innerness of the mind requires us to approach it from a first-person point of view, if we are to catch it naked, so to speak. We must accept that the mind (especially consciousness) is inner and face up to the consequences of that admission. Thoughts, sensations, and emotions are in their nature inner processes—private entities to which the subject has privileged access. To possess such a mental state is to undergo a modification in one's private space—that is, in the self, the subject of awareness. The metaphor of the theater is quite unapt to capture this fact, since theaters are precisely public objects in public space. The privacy of the mental is sui generis, not to be compared to private rooms or beetles in boxes or processes buried in the bowels—for these are all in precisely the opposite category. The sense in which the mind is inner is not the sense in which one object can be inside another object, or internal to it: these are spatial concepts. The innerness of the mind is a matter of the inherent nature of the mind, not its relation to something else. It would be quite wrong to say that the mind is 'hidden within the body.' If it were, we could, in principle, dig it out and take a look at it. No, the mind is necessarily private—inner by nature. It is the part of nature that nature does not reveal to the rest of nature—except the part that is that mind itself. Creatures have evolved that instantiate states directly known only to themselves; others can only surmise, knowing that they may be quite wrong. The mind is such that certainty about it is possible only from its own perspective.
How does this bear on the mind-body problem? As follows: no solution to that problem can dispense with the innerness of the mind. Whatever is the correct theory must do justice to that innerness. The standard theories all fail this simple requirement—notably behaviorism and materialism. Nor can computational theories do what is necessary, since they too render the mind less than inner. Computers don't have inner states in the intended sense. So reductions that don't preserve innerness will fail as theories of the mind. We must add innerness to the list of properties of consciousness that make it problematic. Perhaps, indeed, we should put it at the top of the list, because the innerness property is about the most robust property consciousness possesses. We can argue about what-it's-like and qualia and the phenomenal, but it is surely a datum that consciousness is inner—though it is a datum that has been routinely denied. We have both an inner life and an outer life—a life of the mind and a life of the body. The question is how that is possible. How can an inner life arise from an outer life? How can the inner emerge from the non-inner? How does the public produce the private (neurons are public, thoughts are not)? If this problem looks daunting, that indicates that we are on the right track. The problem is diamond-hard. Not for nothing did the twentieth century set its face against the inner.
I would like to see a concerted effort to articulate more clearly what the innerness of the mind consists in. There is an epistemological question and an ontological question: what kind of knowledge do we have of our inner states, and what is the ontology of these states? What is it to be inner, and what is involved in first-person knowledge of the ontologically inner? These questions have been avoided, I suspect, because they pose such a threat to our general scientific world-view. It really is not clear how the project of an integrated scientific worldview is possible once the essential innerness of the mental is accepted. We seem confronted by an inner-outer dualism. There is something irreducibly 'queer' in things. The mind refuses to fall into line with the rest of nature, despite being part of nature." (pp. 59-61)
"This is what I mean by ontological innerness: the ontological ground of the asymmetric epistemology of the mind. (Here I am trying to formulate the innerness of the mind as dramatically as possible, not shying away from it; of course, there are ways in which the mind can be known to others, because it can be inferred. Inner ontology is quite compatible with the possibility of inferential knowledge.)" (p. 58)
(McGinn, Colin. "The Reality of the Inner." In Philosophical Provocations: 55 Short Essays, 57-61. Cambridge, MA: MIT Press, 2017.)
————————————
"Das zwanzigste Jahrhundert hat sich gegen das Innere gestellt. Psychologie und Philosophie lehnten die Idee ab, dass mentale Zustände besondere innere Ereignisse sind, die vor äußerer Beobachtung abgeschirmt, privat und nur ihrem Besitzer bekannt sind. So haben wir Behaviorismus (reduktiv und eliminativ, Ryle und Watson), Funktionalismus, Wittgensteins „äußere Kriterien“, Quines Ablehnung des „Museumsmythos“ und Materialismus in seinen verschiedenen Varianten. Diese Lehren machen den Geist zu einer öffentlichen Sache, nicht zu etwas, das im Inneren verborgen ist – der Geist ist nicht etwas, das nur der Person zugänglich ist, deren Geist er ist. Einige Theoretiker akzeptieren eine verwässerte Form der „Autorität erster Person“ oder des „privilegierten Zugangs“, die eine Art epistemische Asymmetrie zwischen Subjekt und Beobachter zulässt; andere geben solche Vorstellungen einfach auf und vertreten die Ansicht, dass andere meinen Geist genauso gut kennen können wie ich. Was abgelehnt wird, ist die Idee, dass es zum Wesen des Geistes gehört, innerlich und privat zu sein. Denn wenn das so wäre, wäre das Studium des Geistes radikal anders als andere Naturstudien: Wir könnten den Geist nur so studieren, wie er in selbst, aus introspektiver Sicht; es könnte keine objektive Untersuchung des Geistes durch eine dritte Person geben. Das würde die Psychologie radikal von der übrigen Wissenschaft ablösen, die sich mit dem Öffentlichen und Äußeren beschäftigt. Wir könnten den Geist nur dann in unsere allgemeine Vorstellung von der Natur integrieren, wenn wir die Vorstellung seiner wesentlichen Innerlichkeit aufgeben würden. Der Geist muss entweder ein öffentliches Ding sein oder überhaupt kein Ding. Die Vorstellung eines Dings, dessen Existenz und Natur rein innerlich ist, würde den Geist vom Rest der Natur trennen und ihn sui generis und unzugänglich machen (außer von innen)." (S. 57)
"Unser Konzept des Geistes ist das Konzept einer inneren Realität, die sich offenbaren kann oder nicht; tatsächlich ist es für jeden von uns die grundlegende Realität – diejenige, die uns am nächsten ist und die am meisten zählt. Wir glauben unerschütterlich an die Realität des Inneren. Aber wenn dieser Glaube richtig ist, ist der Geist nicht wie andere Dinge und kein potenzielles Subjekt für objektive Wissenschaft. Der Geist ist nicht etwas, das im öffentlichen objektiven Raum existiert, zu dem alle Beobachter Zugang haben. Wir können es allenfalls aus der Ich-Perspektive studieren, introspektiv, und unsere Erkenntnisse möglicherweise mit anderen in ähnlicher Lage teilen.
Wir stehen also vor einer harten Entscheidung: Entweder wir geben die Idee des Inneren auf oder wir akzeptieren, dass der Geist nicht wie andere Dinge in der Natur studiert werden kann. Alle im 20. Jahrhundert populären Theorien geben das Innere auf; sie machen den Geist zu etwas Öffentlichem und Äußerem. Das ist für behavioristische Theorien (einschließlich des Funktionalismus) offensichtlich, aber es gilt auch für materialistische Theorien: Auch diese Theorien machen den Geist aus der Perspektive einer dritten Person zugänglich – des Beobachters des Gehirns. Wenn Schmerz die Aktivierung von C-Fasern ist, dann ist die Betrachtung der Aktivierung von C-Fasern die Betrachtung von Schmerz – das ist es, was Sie sehen, wenn Sie in ein Gehirn blicken. Solche Theorien bereiten den Geist tatsächlich auf objektive wissenschaftliche Studien vor, indem sie ihn in äußeren Begriffen begreifen und seine wesentliche Innerlichkeit herunterspielen oder leugnen. Aber ich denke, sie tun dem Geist Gewalt an, indem sie ihn so begreifen: Der Geist ist ontologisch und epistemologisch wirklich eine innere Sache. Dies ist für den gesunden Menschenverstand offensichtlich, aber es ist vollkommen richtig, dass die Anerkennung dieser Tatsache zum Zusammenbruch des wissenschaftlichen Modells (wie es allgemein verstanden wird) führt. Wenn der Geist von Natur aus eine innere Sache ist, kann er nicht untersucht werden, als wäre er eine äußere Sache. Natürlich können wir zugeben, dass der innere Geist äußere Symptome hat – Wirkungen, Manifestationen. Verhalten und Gehirn können das Vorhandensein eines inneren Zustands signalisieren. Aber der Zustand selbst ist eine im Wesentlichen verborgene Realität, die hinter diesen äußeren Symptomen lauert. Er ist in seinen Symptomen nicht vorhanden. Wir untersuchen also nicht die Sache selbst, wenn wir ihre Symptome untersuchen. Wir untersuchen vielleicht die Verkörperung des Geistes, aber wir untersuchen nicht den Geist. Der Geist ist von Natur aus eine innere Sache, während seine Symptome von Natur aus äußere Dinge sind.
Ich denke daher, dass das 20. Jahrhundert bei seiner Flucht vor dem Inneren von den richtigen Prämissen ausging, aber zu der falschen Schlussfolgerung gelangte. Die richtige Prämisse war: Die Innerlichkeit des Geistes kann nicht mit einer naturalistischen, homogenen, nahtlosen Welt öffentlich zugänglicher Entitäten in Einklang gebracht werden. Die richtige Schlussfolgerung ist jedoch nicht, dass die Innerlichkeit verleugnet werden muss, sondern dass wir nicht in einer derart homogenen, nahtlosen Welt leben. Die Introspektionisten in der Psychologie hatten im Grunde recht: Der Geist muss mit einer speziellen Methode untersucht werden, die seiner besonderen Natur angemessen ist, nämlich der Introspektion. Das bedeutet nicht, dass wir Verhalten und Gehirn nicht in unsere allgemeine Untersuchung des Geistes einbeziehen können, da der Geist diese Assoziationen hat; es bedeutet jedoch, dass die wesentliche Innerlichkeit des Geistes erfordert, dass wir uns ihm aus der Ich-Perspektive nähern, wenn wir ihn sozusagen nackt erwischen wollen. Wir müssen akzeptieren, dass der Geist (insbesondere das Bewusstsein) innerlich ist, und uns den Konsequenzen dieses Eingeständnisses stellen. Gedanken, Empfindungen und Emotionen sind innerlich. Ihrer Natur nach sind es innere Prozesse – private Entitäten, zu denen das Subjekt privilegierten Zugang hat. Einen solchen mentalen Zustand zu besitzen bedeutet, eine Veränderung in seinem privaten Raum zu erfahren – das heißt in dem Selbst, dem Subjekt des Bewusstseins. Die Metapher des Theaters ist ziemlich ungeeignet, um diese Tatsache zu erfassen, da Theater genau genommen öffentliche Objekte im öffentlichen Raum sind. Die Privatsphäre des Mentalen ist einzigartig und nicht mit privaten Räumen oder Käfern in Kisten oder in den Eingeweiden vergrabenen Prozessen zu vergleichen – denn diese gehören alle in die genau entgegengesetzte Kategorie. Der Sinn, in dem der Geist innerlich ist, ist nicht der Sinn, in dem ein Objekt in einem anderen Objekt oder in seinem Inneren sein kann: Dies sind räumliche Konzepte. Die Innerlichkeit des Geistes ist eine Frage der inhärenten Natur des Geistes, nicht seiner Beziehung zu etwas anderem. Es wäre völlig falsch zu sagen, dass der Geist „im Körper verborgen“ ist. Wenn das so wäre, könnten wir ihn im Prinzip ausgraben und uns ansehen. Nein, der Geist ist notwendigerweise privat – von Natur aus innerlich. Es ist der Teil der Natur, den die Natur dem Rest der Natur nicht offenbart – außer dem Teil, der der Geist selbst ist. Es haben sich Lebewesen entwickelt, die Zustände verkörpern, die nur ihnen selbst direkt bekannt sind; andere können nur Vermutungen anstellen, wohl wissend, dass sie sich dabei möglicherweise irren. Der Geist ist so beschaffen, dass Gewissheit über ihn nur aus seiner eigenen Perspektive möglich ist.
Wie hat dies mit dem Leib-Seele-Problem zu tun? Wie folgt: Keine Lösung dieses Problems kann auf die Innerlichkeit des Geistes verzichten. Was auch immer die richtige Theorie ist, sie muss dieser Innerlichkeit gerecht werden. Die Standardtheorien erfüllen diese einfache Anforderung alle nicht – insbesondere der Behaviorismus und der Materialismus. Auch Computertheorien können nicht das Notwendige leisten, da auch sie den Geist weniger als innerlich darstellen. Computer haben keine inneren Zustände im beabsichtigten Sinne. Daher werden Reduktionen, die die Innerlichkeit nicht bewahren, als Theorien des Geistes scheitern. Wir müssen die Innerlichkeit der Liste der Eigenschaften des Bewusstseins hinzufügen, die es problematisch machen. Vielleicht sollten wir sie sogar an die Spitze der Liste setzen, denn die Eigenschaft der Innerlichkeit ist die robusteste Eigenschaft, die das Bewusstsein besitzt. Wir können darüber streiten, wie es ist, über Qualia und das Phänomenale, aber es ist sicher eine Tatsache, dass das Bewusstsein innerlich ist – obwohl dies eine Tatsache ist, die routinemäßig geleugnet wird. Wir haben sowohl ein inneres als auch ein äußeres Leben – ein Leben des Geistes und ein Leben des Körpers. Die Frage ist, wie das möglich ist. Wie kann ein inneres Leben aus einem äußeren Leben entstehen? Wie kann das Innere aus dem Nicht-Inneren entstehen? Wie erzeugt das Öffentliche das Private (Neuronen sind öffentlich, Gedanken nicht)? Wenn dieses Problem entmutigend aussieht, zeigt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Problem ist diamantenhart. Nicht umsonst hat sich das 20. Jahrhundert dem Inneren entgegengestellt.
Ich würde gerne eine konzertierte Anstrengung sehen, um klarer zu artikulieren, worin die Innerlichkeit des Geistes besteht. Es gibt eine erkenntnistheoretische und eine ontologische Frage: Welche Art von Wissen haben wir über unsere inneren Zustände und wie sieht die Ontologie dieser Zustände aus? Was bedeutet es, innerlich zu sein, und was beinhaltet die Erkenntnis des ontologisch Inneren aus erster Hand? Ich vermute, diese Fragen wurden vermieden, weil sie eine solche Bedrohung für unser allgemeines wissenschaftliches Weltbild darstellen. Es ist wirklich nicht klar, wie das Projekt eines integrierten wissenschaftlichen Weltbildes möglich ist, wenn die wesentliche Innerlichkeit des Mentalen einmal akzeptiert ist. Wir scheinen mit einem Innen-Außen-Dualismus konfrontiert zu sein. Es gibt etwas unwiderruflich „Seltsames“ in den Dingen. Der Geist weigert sich, sich dem Rest der Natur anzupassen, obwohl er Teil der Natur ist." (S. 59-61)
"Das ist es, was ich mit ontologischer Innerlichkeit meine: die ontologische Grundlage der asymmetrischen Epistemologie des Geistes. (Hier versuche ich, die Innerlichkeit des Geistes so dramatisch wie möglich zu formulieren, ohne davor zurückzuschrecken; natürlich gibt es Möglichkeiten, wie der Geist anderen bekannt gemacht werden kann, weil man auf ihn schließen kann. Die innere Ontologie ist durchaus mit der Möglichkeit des schlussfolgernden Wissens vereinbar.)" (S. 58)
[Übersetzt von Google Translate]
(McGinn, Colin. "The Reality of the Inner." In Philosophical Provocations: 55 Short Essays, 57-61. Cambridge, MA: MIT Press, 2017.)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding