40 shades of consciousness

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Jörn Budesheim
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Do 3. Okt 2024, 17:56

Consul hat geschrieben :
Di 1. Okt 2024, 23:20
Ein Grundproblem in dieser Debatte ist die Mehrdeutigkeit und Ungenauigkeit (kognitions)psychologischer Begriffe, zu denen Information und Repräsentation zählen.
Vimal (2009) [hat] 40 verschiedene Bedeutungen des Wortes „Bewusstsein“ tabellarisch aufgeführt.
40? Das ist viel! Wie viele Aspekte bekommen wir zusammen?
  1. Phänomenales Bewusstsein: das Erleben, dass es sich auf eine bestimmte Art und Weise anfühlt, etwas wahrzunehmen, z. B. kühl oder blau.
  2. Zugriffsbewusstsein: das bewusste Erfassen von Tatsachen, z. B. sich bewusst zu sein, dass vor einem ein Tisch steht.
  3. Selbstbewusstsein 1: die Fähigkeit, sich selbst zu spüren, vielleicht so etwas wie Körperbewusstsein.
  4. Selbstbewusstsein 2: ein starkes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das eigene Auftreten.
  5. Selbstbewusstsein 3: die Fähigkeit, ein Selbst zu haben, indem man es erkennt.
  6. Bewusstsein: im Gegensatz zum Unbewussten die Fähigkeit, etwas "absichtlich"/bewußt zu tun.
  7. Unbewusstsein: mentale Prozesse, die nicht gegenwärtig sind.
  8. Unterbewusstsein: mentale Prozesse, die hinter unserem Rücken unsere Entscheidungen diktieren.
  9. Moralisches Bewusstsein: die Fähigkeit, moralische Zusammenhänge zu erkennen und moralische Entscheidungen zu fällen.
  10. Unrechts-Bewusstsein: die Fähigkeit, zu erkennen, dass etwas falsch war.
  11. ästhetisches Bewusstsein 1: einen Sinn für das Schöne haben.
  12. ästhetisches Bewusstsein 2: die Fähigkeit, mit einem Kunstwerk ins Gespräch zu kommen.
  13. Ästhetisches Bewusstsein 3 (und Immersion): die Fähigkeit, vollständig in ein Kunstwerk oder eine ästhetische Erfahrung einzutauchen und sich von ihr emotional und gedanklich „mitreißen“ zu lassen.
  14. Mathematisches Bewusstsein: der Sinn für mathematische Inhalte und Werkzeuge.
  15. Umweltbewusstsein: das Bestreben, sein Verhalten so auszurichten, dass es die Umwelt möglichst wenig schädigt.
  16. Geschichts-Bewusstsein: das Wissen, Teil einer Geschichte zu sein. Die Fähigkeit die Geschichte zur Grundlage von Überlegungen zu machen.
  17. Politisches Bewusstsein: das Wissen um gesellschaftliche und politische Zusammenhänge und deren Auswirkungen.
  18. Kollektives Bewusstsein: das "geteilte" Bewusstsein einer Gruppe von Menschen, z. B. in einer Kultur oder Gemeinschaft.
  19. Kosmisches Bewusstsein: die Idee eines erweiterten Bewusstseins, das über das individuelle hinausgeht und das Universum als Ganzes einschließt.
  20. Globales Bewusstsein: das Bewusstsein für weltweite Zusammenhänge und Probleme, wie Klimawandel oder globale Ungerechtigkeit.
Ich habe versucht, nur Begriffe zu verwenden, die wirklich im Gebrauch sind, ich hoffe, es ist gelungen. Allerdings bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob mit der oben vin Consul erwähnten Liste irgendetwas in der Art gemeint war, was ich hier versucht habe :)




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Consul
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Fr 4. Okt 2024, 00:30

Der im Zitat von William Uttal erwähnte Aufsatz ist kostenlos verfügbar:

* Vimal, R. L. P. "Meanings Attributed to the Term 'Consciousness': An Overview." Journal of Consciousness Studies 16/5 (2009): 9–27.

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"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Fr 4. Okt 2024, 01:27

Zu den Bedeutungen von "Bewusstsein", siehe den betreffenden Artikel in Rudolf Eislers Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904)!



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Fr 4. Okt 2024, 01:58

"consciousness:
1. (Also in early use, consciousness to oneself.) Internal knowledge or conviction; knowledge as to which one has the testimony within oneself; esp. of one's own innocence, guilt, deficiencies, etc.

2. Joint or mutual knowledge. Obs. rare.

3. The state or fact of being mentally conscious or aware of anything.

4. Philos. The state or faculty of being conscious, as a condition and concomitant of all thought, feeling, and volition; 'the recognition by the thinking subject of its own acts or affections' (Hamilton).

5. (with a and pl.) State of consciousness.

6. The totality of the impressions, thoughts, and feelings, which make up a person's conscious being. In pl. = Conscious personalities.

7. Attributed as a collective faculty to an aggregate of men, a people, etc., so far as they think or feel in common.

8. The state of being conscious, regarded as the normal condition of healthy waking life."

————————————

"Bewusstsein:
1. (Auch im frühen Gebrauch, Bewusstsein zu [gegenüber] sich selbst.) Inneres Wissen oder Überzeugung; Wissen, über das man das Zeugnis in sich selbst hat; besonders über die eigene Unschuld, Schuld, Unzulänglichkeiten usw.

2. Gemeinsames oder gegenseitiges Wissen. Obs. selten.

3. Der Zustand oder die Tatsache, dass man sich einer Sache geistig bewusst ist oder sie wahrnimmt.

4 Philos. Der Zustand oder die Fähigkeit des Bewusstseins als Bedingung und Begleiterscheinung allen Denkens, Fühlens und Wollens; "das Erkennen der eigenen Handlungen oder Affekte durch das denkende Subjekt" (Hamilton).

5. (mit a und pl.) Zustand des Bewusstseins.

6. Die Gesamtheit der Eindrücke, Gedanken und Gefühle, die das bewusste Sein einer Person ausmachen. Im Pl. = bewusste Persönlichkeiten.

7. Wird als kollektives Vermögen einer Ansammlung von Menschen, einem Volk usw. zugeschrieben, soweit sie gemeinsam denken oder fühlen.

8. Der Zustand des Bewusstseins, der als Normalzustand des gesunden Wachlebens angesehen wird."
[Übersetzt mit DeepL]

Quelle: Oxford English Dictionary



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Jörn Budesheim
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Fr 4. Okt 2024, 07:31

Ich habe Chat GPT gebeten die Tabelle in BB-Code zu formatieren, ins Deutsche zu übersetzen und eine Zusammenfassung zu schreiben. (Ich vermute, dass wegen der geringen Auflösung der Bilder einige Fehler zu finden sein werden.)

Tabelle 1: Bedeutungen des Begriffs „Bewusstsein“ basierend auf der Funktion
  1. Die Fähigkeit, Reize zu unterscheiden, Informationen zu melden, innere Zustände zu überwachen oder Verhalten zu kontrollieren:
    - bezogen auf „leichte Probleme“ (Chalmers, 2003)
  2. Bewusstsein als (multidimensionale) physikalische/neurologische Prozesse:
    - (Baars, 1988; Edelman, 2003; James, 1977; Searle, 2000; Vimal, 2008b; Pereira Jr.)
  3. Bewusstsein wird durch eine „verteilte Gesellschaft von Spezialisten“ erreicht:
    - Diese Spezialisten haben Zugriff auf ein Arbeitsgedächtnis, das ein globaler Arbeitsbereich ist, dessen Inhalte an das gesamte System ausgestrahlt werden können (Baars, 1988)
  4. Kognition, einschließlich Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Abstraktion, innere Sprache, Vorstellungskraft, Verhalten, Intentionalität und Sprache:
    - (Globus, 1998; Vimal, 2008a; 2008c)
  5. Verarbeitung von SE (subjektiven Erlebnissen):
    - (Bruzzo & Vimal, 2007; Vimal, 2008a; 2008b; 2008c)
  6. Gedankenverarbeitung, Initiierung von Aktivitäten und andere kognitive Prozesse:
    - (Bruzzo & Vimal, 2007; Vimal, 2008a; 2008b; 2008c)
  7. Bewusstsein ist „das, was verbal ausgedrückt werden kann (beim Menschen) und subjektiv erlebt wird“:
    - Bewusstsein ist jedoch nicht notwendigerweise von der Sprache abhängig (Stonjek; Pereira Jr.)
  8. „Geworfenheit in die Welt“:
    - (Globus, 1998; Vimal, 2008c)
Tabelle 2: Bedeutungen des Begriffs „Bewusstsein“ basierend auf Erfahrung
  1. Das Problem der Erfahrung („hard problem“):
    - Bewusste Zustände umfassen die subjektive Erfahrung von Wahrnehmungen, Sinnesempfindungen, mentalen Bildern, emotionalen Erfahrungen, Gedankenprozessen usw. (Chalmers, 2003)
  2. Selbst (subjektive oder erste Person Erfahrung des Subjekts) oder Selbst-Bewusstsein definiert durch das „Ich“, das die kognitive Aktivität zum Subjekt macht:
    - (Bruzzo & Vimal, 2007; Globus, 1998; MacGregor & Vimal, 2008; Rao, 1998; Wikipedia; Patlavskiy)
  3. Subjektives Erleben von Objekten/Qualia:
    - (Edelman, 2003; Globus, 1998; Searle, 2000; Vimal, 2008a; 2008b; Edwards)
  4. Proto-Erlebnisse (PEs):
    - (Vimal, 2008a; 2008b; 2008c)
  5. „Was es heißt, etwas zu sein“ (Nagel, 1974):
    - Kann formuliert werden als: „Ein Zustand ist ein phänomenal bewusster Zustand, wenn und nur wenn es etwas gibt, wie es ist, dieser Zustand zu sein (oder ihn zu haben).“ (McQueen, 2018)
  6. SEs in Bezug auf Sinneswahrnehmungen, Stimmungen, Emotionen, Träume usw.:
    - (Wikipedia; Bruzzo & Vimal, 2007; Vimal, 2008a; 2008b)
  7. Zugangs-Bewusstsein und phänomenales Bewusstsein:
    - (Block, 2005; Lamme, 2003; 2004; Vimal, 2008a)
  8. Gedanken:
    - (Wikipedia; Bruzzo & Vimal, 2007; Vimal, 2008a)
  9. Bewusstsein des Bewusstseins:
    - (Rao, 1998)
  10. Paradoxes Bewusstsein oder Bewusstsein ohne Bewusstheit (z.B. bei subliminaler Wahrnehmung, implizitem Gedächtnis, blindsight und hypnotischer Analgesie):
    - (Rao, 1998)
  11. Bewusstsein ist eine Art des Seins und der Wahrnehmung der verschiedenen Dimensionen der Realität:
    - Bewusstsein ist ein Werkzeug, das wir nutzen, aber nicht das, was wir sind; es geht um Selbstbewusstsein (McCard).
  12. Bewusstsein ist ein Prozess der Interpretation von empfundenen qualitativen Kontrasten:
    - Diese Kontraste haben Bedeutung, die wir als Erwartungen speichern und zukünftig wieder verwenden können (Deiss).
  13. Gedächtnis und Abstraktion:
    - (Ricke).
  14. Bewusstsein bedeutet, wach und auf die Umgebung zu reagieren:
    - Es steht im Kontrast zu einem schlafenden oder komatösen Zustand (Wikipedia).
Östliche Perspektiven auf Bewusstsein
  1. Nicht-intentionales Wesen in östlicher Perspektive:
    - (Rao, 1998).
  2. Bewusstsein als Einheit und Kontinuität in der eigenen Wahrnehmung oder dem Bewusstseinsstrom:
    - (Rao, 1998).
  3. Bewusstsein als solches oder reines Bewusstsein, wie es während der Vereinigung der subjektiven Erfahrung des Beobachters, des beobachteten Objekts und der Verarbeitung dieser Erfahrungen im Samadhi-Zustand erfahren wird:
    - (Rao, 1998; 2005).
Der Begriff „Bewusstsein“ wird in der Philosophie und Neurowissenschaft auf vielfältige Weise verstanden. Auf der einen Seite stehen materialistische Ansätze, die Bewusstsein als Fähigkeit zur Verarbeitung von Reizen, Überwachung interner Zustände und Steuerung von Verhalten erklären. Es wird auch als ein physikalischer, neuronaler Prozess beschrieben, der in einem „globalen Arbeitsbereich“ stattfindet und mit Kognition, Gedächtnis, Aufmerksamkeit sowie Sprache verbunden ist. Auf der anderen Seite gibt es nicht-materialistische Perspektiven, die das „harte Problem“ der subjektiven Erfahrung betonen. Hier wird Bewusstsein als das Erleben von Sinneseindrücken, Qualia und dem „Wie-es-sich-anfühlt“-Aspekt definiert. Besonders in östlichen Philosophien wird Bewusstsein als Einheit und Kontinuität des Seins beschrieben, jenseits von intentionalen Prozessen. Es umfasst auch Zustände reinen Bewusstseins, wie sie im Samadhi erlebt werden, wenn Beobachter, Objekt und Erfahrung eins werden. Insgesamt zeigt sich, dass Bewusstsein sowohl als physikalisches Phänomen als auch als subjektive Erfahrung komplex und facettenreich ist.




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Jörn Budesheim
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Fr 4. Okt 2024, 07:33

Dann habe ich mir die Arbeit oben leider umsonst gemacht, ich hatte nicht x verschiedene Definitionen erwartet, sondern x verschiedene Ausprägungen von Bewusstsein :)




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Christof Koch hat geschrieben : Was ist Bewusstsein?

Was haben der köstliche Geschmack der Lieblingsspeise, stechende Zahnschmerzen, das Völlegefühl nach einem schweren Essen, das Dahinkriechen der Zeit beim Warten, das Wollen einer willkürlichen Handlung und die Mischung aus Angeregtheit und einer Prise Angst vor einem Wettbewerb gemeinsam? Sie alle sind unterschiedliche Erfahrungen; gemeinsam ist ihnen, dass es sich um subjektive Zustände handelt. Sie alle nehmen wir bewusst wahr. Das Wesen des Bewusstseins scheint kaum fassbar zu sein, und viele sind der Ansicht, dass es sich gar nicht definieren lasse.

Doch die Definition ist eigentlich ganz einfach. Sie lautet:

Bewusstsein ist Erleben.
Wie auch immer man es definieren mag, niemand, der es nicht aus eigenem Erleben kennt, wird die Definition verstehen können.




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Consul
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Fr 4. Okt 2024, 10:02

Vimal vermischt in seiner Liste Definitionen von "Bewusstsein" mit Theorien des Bewusstseins, was man nicht tun sollte. Eine allgemeine Definition dieses Begriffs sollte metaphysisch/ontologisch neutral sein, d.h. weder den Materialismus noch irgendeine antimaterialistische Position voraussetzen.



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Fr 4. Okt 2024, 10:44

Diese Forderung könnte jedoch dazu führen, dass die Definition des Bewusstseins in dem nicht unwahrscheinlichen Fall, dass Bewusstsein nichts Materielles ist, schlichtweg falsch ist, oder?




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Fr 4. Okt 2024, 11:57

Ich erinnere mich vage an "John Searle, Die Wiederentdeckung des Geistes". Wenn ich mich nicht irre, erklärt Searle darin, dass Definitionen nicht unbedingt am Anfang einer Untersuchung stehen müssen, sie sind oft das Ziel. In den meisten Fällen genügen Fingerzeige, um zu beginnen.




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Consul
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Sa 5. Okt 2024, 00:22

Searle schreibt:
"As with most words, it is not possible to give a definition of "consciousness" in terms of necessary and sufficient conditions, nor is it possible to define it in the Aristotelian fashion by way of genus and differentia. However, though we cannot give a noncircular verbal definition, it is still essential for me to say what I mean by this notion, because it is often confused with several others. For example, for reasons of both etymology and usage, "consciousness" is often confused with "conscience," "self-consciousness," and "cognition."

What I mean by "consciousness" can best be illustrated by examples. When I wake up from a dreamless sleep, I enter a state of consciousness, a state that continues as long as I am awake. When I go to sleep or am put under a general anesthetic or die, my conscious states cease. If during sleep I have dreams, I become conscious, though dream forms of consciousness in general are of a much lower level of intensity and vividness than ordinary waking consciousness. Consciousness can vary in degree even during our waking hours, as for example when we move from being wide awake and alert to sleepy or drowsy, or simply bored and inattentive. Some people introduce chemical substances into their brains for the purpose of producing altered states of consciousness, but even without chemical assistance, it is possible in ordinary life to distinguish different degrees and forms of consciousness. Consciousness is an on/off switch: a system is either conscious or not. But once conscious, the system is a rheostat: there are different degrees of consciousness."

(Searle, John R. The Rediscovery of the Mind. Cambridge, MA: MIT Press, 1992. p. 83)
————————————
"Wie bei den meisten Wörtern ist es nicht möglich, eine Definition von „Bewusstsein“ anhand notwendiger und hinreichender Bedingungen zu geben, noch ist es möglich, es auf aristotelische Weise anhand von Gattung und Differenz zu definieren. Obwohl wir keine nichtzirkuläre verbale Definition geben können, ist es für mich dennoch wichtig zu sagen, was ich mit diesem Begriff meine, da er häufig mit mehreren anderen verwechselt wird. Beispielsweise wird „Bewusstsein“ aus Gründen der Etymologie und des Gebrauchs häufig mit „Gewissen“, „Selbstbewusstsein“ und „Erkenntnis“ verwechselt.

Was ich mit „Bewusstsein“ meine, lässt sich am besten anhand von Beispielen veranschaulichen. Wenn ich aus einem traumlosen Schlaf erwache, gerate ich in einen Bewusstseinszustand, der anhält, solange ich wach bin. Wenn ich einschlafe, unter Vollnarkose gesetzt werde oder sterbe, hören meine Bewusstseinszustände auf. Wenn ich während des Schlafs Träume habe, werde ich bewusst, obwohl Traumbewusstseinsformen im Allgemeinen viel weniger intensiv und lebendig sind als normales Wachbewusstsein. Das Bewusstsein kann sogar während unserer Wachstunden in seinem Ausmaß variieren, beispielsweise wenn wir von hellwach und aufmerksam zu schläfrig oder schläfrig oder einfach gelangweilt und unaufmerksam wechseln. Manche Menschen führen chemische Substanzen in ihr Gehirn ein, um veränderte Bewusstseinszustände zu erzeugen, aber auch ohne chemische Hilfe ist es im normalen Leben möglich, zwischen verschiedenen Graden und Formen des Bewusstseins zu unterscheiden. Bewusstsein ist ein An-/Ausschalter: Ein System ist entweder bewusst oder nicht. Aber sobald es bewusst ist, ist das System ein Rheostat: Es gibt verschiedene Bewusstseinsgrade."
[Übersetzt von Google Translate]

(Searle, John R. The Rediscovery of the Mind. Cambridge, MA: MIT Press, 1992. p. 83)
Er schreibt auch:
"…But it has recently become common for authors to redefine the notion of consciousness so that it no longer refers to actual conscious states, that is, inner, subjective, qualitative, first-person mental states, but rather to publicly observable third-person phenomena."

(Searle, John R. The Rediscovery of the Mind. Cambridge, MA: MIT Press, 1992. p. 7)
————————————
"…In letzter Zeit ist es jedoch üblich geworden, dass Autoren den Begriff des Bewusstseins so neu definieren, dass er sich nicht mehr auf tatsächliche Bewusstseinszustände bezieht, d. h. innere, subjektive, qualitative mentale Zustände der ersten Person, sondern vielmehr auf öffentlich beobachtbare Phänomene der dritten Person."
[Übersetzt von Google Translate]

(Searle, John R. The Rediscovery of the Mind. Cambridge, MA: MIT Press, 1992. p. 7)
Haben wir hier nicht eine Definition, die sowohl notwendige als auch hinreichende Bedingungen angibt?

"x is a conscious state" =def "x is an inner, subjective, qualitative, first-person mental state"

———

Übrigens, Popper ist einer, der kein Freund von Definitionen ist:
"Ich bin nicht im Geringsten an Definitionen oder der sprachlichen Analyse von Wörtern oder Begriffen interessiert."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Übers. v. Hermann Vetter. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. 79)

"Wenn so viele Philosophen und Wissenschaftler immer noch glauben, Begriffe und Begriffssysteme (und Probleme ihrer Bedeutung oder der Bedeutung von Wörtern) seien ähnlich wichtig wie Theorien und theoretische Systeme (und Probleme ihrer Wahrheit oder der Wahrheit von Aussagen), dann leiden sie noch unter Platons Hauptfehler. [Fußnote: der – traditionelle – Fehler ist als "das Universalienproblem" bekannt.] Denn Begriffe sind teils Mittel zur Formulierung von Theorien, teils Mittel, sie zusammenzufassen. Auf jeden Fall haben sie hauptsächlich eine instrumentelle Bedeutung; und man kann sie immer durch andere Begriffe ersetzen."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Übers. v. Hermann Vetter. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. 127-8)



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Sa 5. Okt 2024, 00:48

Deshalb, zum Beispiel, mag ich den Popper so.




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Sa 5. Okt 2024, 03:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 4. Okt 2024, 10:44
Diese Forderung könnte jedoch dazu führen, dass die Definition des Bewusstseins in dem nicht unwahrscheinlichen Fall, dass Bewusstsein nichts Materielles ist, schlichtweg falsch ist, oder?
Nominaldefinitionen sind sprachliche Konventionen; und als solche sind sie weder wahr noch falsch, sondern nur (un)angemessen, (un)geeignet, (un)passend, (un)tauglich.
Eine Realdefinition wie "x ist Wasser =def x besteht aus H2O-Molekülen" ist dagegen insofern wahr, als sie auf einer natürlichen, von Chemikern entdeckten Tatsache beruht.

Eine allgemeine Bewusstseinsdefinition sollte gegenüber dem Materialismus neutral sein, damit sie von dessen Falschheit nicht betroffen wäre und weiterhin verwendet werden könnte. Anil Seth's Definition ist beispielsweise ontologisch neutral, weil sie nichts darüber beinhaltet, ob Bewusstsein ein materielles oder immaterielles Phänomen ist.
"[C]onsciousness is the presence of any kind of subjective experience whatsoever."

(Seth, Anil. "Consciousness and the Self: A Conversation with Anil Seth." In Sam Harris, Making Sense: Conversations on Consciousness, Morality, and the Future of Humanity, 95-156. New York: Ecco, 2020. p. 98)



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Sa 5. Okt 2024, 03:44

"Wir nehmen mit Vorliebe ganz arglos an, Ausdrücke wie "Kognition", "Intelligenz" und "Informationsverarbeitung" hätten klare Definitionen und stünden tatsächlich für natürliche Arten. Meines Erachtens sind derlei Annahmen falsch. Es lohnt sich, dies hervorzuheben: "Intelligenz", "intelligentes Verhalten", "Kognition" und "Informationsverarbeitung" sind beispielsweise keine präzise definierten Begriffe. Noch mehr verblüfft es, dass eine Reihe von sehr technisch klingenden Begriffen armselig definiert sind – zum Beispiel solche Begriffe wie "Computer", "Computation", "Programm" und "Symbol". Was die meisten Zwecke angeht, die in der Computerwissenschaft verfolgt werden, so macht es nichts, dass diese Begriffe nur schlecht definiert sind (genauso wenig macht es Möbelherstellern aus, dass sie keine philosophisch präzise Definition von "Stuhl" und "Tisch" haben); aber wenn Kognitionswissenschaftler so etwas wie "Hirne sind Computer", "Der Geist ist ein Programm" und dergleichen sagen – dann wird es allerdings entscheidend, wie diese Begriffe definiert sind."

(Searle, John R. Die Wiederentdeckung des Geistes. Übers. v. Harvey P. Gavagai. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1996. S. 29)



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Sa 5. Okt 2024, 03:48

Quk hat geschrieben :
Sa 5. Okt 2024, 00:48
Deshalb, zum Beispiel, mag ich den Popper so.
Er hat unrecht, denn Begriffsanalysen und -definitionen sind in der Philosophie und der (theoretischen) Wissenschaft keineswegs unnötig oder unwichtig.



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Sa 5. Okt 2024, 05:20

"Three Desiderata

I aim to offer a definition of “consciousness” that captures the phenomenon of interest while avoiding problematic assumptions. Specifically, I seek the following features:

(1) Innocence of dubious metaphysics and epistemology. Some philosophers incorporate dubious metaphysical and epistemic claims into their characterizations of consciousness. For example, hoping to capture what is special about consciousness, they might characterize consciousness as that which transcends the physical or is uniquely impossible to doubt. I’d rather not commit to such dubious claims.

(2) Innocence of dubious scientific theory. Others characterize consciousness by committing to a specific scientific theory of it, or at least a theory-sketch. They might characterize consciousness as involving 40-hertz oscillations in X brain regions under Y conditions. Or they might characterize consciousness as representations poised for use by such-and-such a suite of cognitive systems. I’d rather not commit to any of that either—not simply by definitional fiat. Maybe eventually we can redefine “consciousness” in such terms, after we’ve converged, if ever we do, on the correct scientific theory. Before we have such convergence, it’s premature to define consciousness in this way. (Compare redefining “water” as H2O after the theory is settled.)

(3) Wonderfulness. Consciousness has an air of mystery and difficulty. Relatedly, consciousness is substantively interesting—arguably, the single most valuable feature of human existence. A definition of consciousness shouldn’t too easily brush away these two features. Consciousness, in the target sense that we care about, is this amazing thing that people reasonably wonder about! People can legitimately wonder, for example, how something as special as consciousness could possibly arise from the mere bumping of matter in motion, and whether it might be possible for consciousness to continue after the body dies, and whether jellyfish are conscious. Maybe theoretical inquiry will someday decisively settle, or even already has settled, some of these questions. But a good definition of consciousness should leave these questions at least tentatively, pre-theoretically open. Straightforwardly deflationary definitions (unless scientifically earned in the sense of the previous paragraph) fail this condition: If consciousness just is by definition reportability, for example—if “conscious” is just a short way of saying “available to be verbally reported”—it makes no sense to wonder whether a jellyfish might be conscious. A definition of “consciousness” loses the target if it cuts wonder short by definitional razor.

What I want, and what I think we can get—what I think, indeed, most of us already possess without having clarified how—is a concept of consciousness both Innocent and Wonderful. Yes, Innocence and Wonderfulness are mutually attainable! In fact, the one enables the other."

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. pp. 174-6)

"Defining Consciousness by Example

I am aware of no successful attempts, either by philosophers or psychologists, to define “consciousness” in a way that is simultaneously rigorous and theory-neutral. Scholars tend either to define consciousness rigorously, or rigorously enough, in terms of some tendentious theoretical framework (thus building in by definition what should instead be earned by post-definitional theorizing), or to gesture briefly toward examples and synonyms, hoping that the reader gets the idea. I hope to repair this deficit in the field, through an improved version of the example-and-synonym approach.

Unfortunately, the three most obvious, and seemingly respectable, general approaches to terminological definition fail when applied to the case of consciousness.

“Consciousness” can’t be defined analytically, in terms of component concepts, in the way that “rectangle” might be defined as a right-angled planar quadrilateral. Consciousness is a foundationally simple concept, not divisible into component concepts. Even if the concept were to prove upon sufficient reflection to be analytically decomposable without remainder, defining it in terms of some hypothesized decomposition, right now, at our current stage of inquiry, would beg the question against researchers who would reject such a decomposition—thus violating one or both of the Innocence conditions.

Widespread disagreement similarly prevents functional definition in terms of causal role, in the way that “heart” might be defined as the organ that normally pumps the blood. It’s too contentious what causal role, if any, consciousness might have. Epiphenomenalist accounts, for example, posit no functional role for consciousness at all. Epiphenomenalism might not be the best theoretical choice, but it isn’t wrong by definition.

Nor, for present purposes, can consciousness be adequately defined by synonymy. Although synonyms can clarify to a certain extent, each commonly accepted synonym invites the same worries that the term “consciousness” invites, and sometimes additional worries besides. Some approximate synonyms: subjective experience, inner experience, conscious experience, phenomenology (as the term is commonly used in recent anglophone philosophy), maybe qualia (if the term is stripped of anti-reductionistic commitments). An entity has conscious experience if and only if there’s “something it’s like” to be that entity. An event is part of your consciousness if and only if it is part of your “stream of experience.” If you like one of these phrases better than “consciousness,” that’s fine. But others won’t be satisfied with such synonyms. The aim here is to better specify the target concept to which these synonyms all refer, in a way potentially comprehensible to someone who feels confused by all of them.

The best approach, in my view, is definition by example. Definition by example can sometimes work well, given sufficiently diverse positive and negative examples and if the target concept is natural enough that the target audience can be trusted to latch on to that concept after seeing the examples. I might say “by furniture I mean tables, chairs, desks, lamps, ottomans, and that sort of thing, and not pictures, doors, sinks, toys, or vacuum cleaners.” Odds are good that you’ll latch on to the right concept, generalizing “furniture” so as to include dressers but not ballpoint pens. Similarly, I might define rectangle by example, sketching a variety of instances and nearby counter-instances (triangles, parallelograms, trapezoids, open-sided near-rectangles). Hopefully, you’ll understand."

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. pp. 176-7)

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"Drei Desiderata

Ich möchte eine Definition von „Bewusstsein“ anbieten, die das Phänomen von Interesse erfasst und gleichzeitig problematische Annahmen vermeidet. Insbesondere suche ich nach den folgenden Merkmalen:

(1) Unschuldigkeit gegenüber zweifelhafter Metaphysik und Epistemologie. Einige Philosophen integrieren zweifelhafte metaphysische und epistemische Behauptungen in ihre Charakterisierungen des Bewusstseins. In der Hoffnung, das Besondere am Bewusstsein zu erfassen, könnten sie beispielsweise das Bewusstsein als das charakterisieren, was das Physische transzendiert oder einzigartigerweise unmöglich zu bezweifeln ist. Ich möchte mich lieber nicht auf solche zweifelhaften Behauptungen festlegen.

(2) Unschuldigkeit gegenüber zweifelhaften wissenschaftlichen Theorien. Andere charakterisieren das Bewusstsein, indem sie sich auf eine bestimmte wissenschaftliche Theorie oder zumindest auf eine Theorieskizze festlegen. Sie könnten das Bewusstsein als 40-Hertz-Schwingungen in X Gehirnregionen unter Y Bedingungen charakterisieren. Oder sie könnten das Bewusstsein als Repräsentationen charakterisieren, die für die Verwendung durch diese und jene Reihe kognitiver Systeme bereit sind. Ich möchte mich auch lieber nicht auf irgendetwas davon festlegen – nicht einfach per Definitionserlass. Vielleicht können wir „Bewusstsein“ irgendwann in solchen Begriffen neu definieren, nachdem wir uns auf die richtige wissenschaftliche Theorie geeinigt haben, falls uns das jemals passiert. Bevor wir eine solche Konvergenz erreicht haben, ist es verfrüht, Bewusstsein auf diese Weise zu definieren. (Vergleichen Sie die Neudefinition von „Wasser“ als H2O, nachdem die Theorie geklärt ist.)

(3) Wunderbarkeit. Bewusstsein hat etwas Mysteriöses und Schwieriges an sich. In diesem Zusammenhang ist Bewusstsein inhaltlich interessant – wohl das wertvollste Merkmal der menschlichen Existenz. Eine Definition von Bewusstsein sollte diese beiden Merkmale nicht zu leichtfertig beiseite schieben. Bewusstsein, in dem für uns wichtigen Zielsinn, ist diese erstaunliche Sache, über die sich die Menschen vernünftigerweise Gedanken machen! Die Menschen können sich zum Beispiel zu Recht fragen, wie etwas so Besonderes wie Bewusstsein möglicherweise aus dem bloßen Anstoßen bewegter Materie entstehen kann, und ob es möglich sein könnte, dass Bewusstsein nach dem Tod des Körpers weiterbesteht, und ob Quallen ein Bewusstsein haben. Vielleicht werden theoretische Untersuchungen einige dieser Fragen eines Tages endgültig klären oder haben sie sogar bereits geklärt. Aber eine gute Definition von Bewusstsein sollte diese Fragen zumindest vorläufig, vortheoretisch offen lassen. Einfach deflationäre Definitionen (sofern sie nicht im Sinne des vorherigen Absatzes wissenschaftlich begründet sind) erfüllen diese Bedingung nicht: Wenn Bewusstsein per Definition einfach Berichtbarkeit ist, zum Beispiel – wenn „bewusst“ nur eine Kurzform von „verfügbar, um verbal berichtet zu werden“ ist –, macht es keinen Sinn, sich zu fragen, ob eine Qualle bei Bewusstsein sein könnte. Eine Definition von „Bewusstsein“ verfehlt ihr Ziel, wenn sie das Wunderbare durch eine definitorische Rasierklinge abschneidet.

Was ich will und was wir meiner Meinung nach erreichen können – was die meisten von uns meiner Meinung nach tatsächlich bereits besitzen, ohne geklärt zu haben, wie – ist ein Konzept von Bewusstsein, das sowohl unschuldig als auch wunderbar ist. Ja, Unschuldigkeit und Wunderbarkeit sind gegenseitig erreichbar! Tatsächlich ermöglicht das eine das andere."
[Übersetzt von Google Translate]

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. S. 174-6)

"Bewusstsein anhand von Beispielen definieren

Mir sind keine erfolgreichen Versuche von Philosophen oder Psychologen bekannt, „Bewusstsein“ auf eine Weise zu definieren, die gleichzeitig streng und theorieneutral ist. Wissenschaftler neigen dazu, Bewusstsein entweder streng oder streng genug anhand eines tendenziösen theoretischen Rahmens zu definieren (und damit per Definition das einzubauen, was stattdessen durch postdefinitorische Theoriebildung erreicht werden sollte), oder kurz auf Beispiele und Synonyme hinzuweisen, in der Hoffnung, dass der Leser die Idee versteht. Ich hoffe, dieses Defizit in diesem Bereich durch eine verbesserte Version des Beispiel-und-Synonym-Ansatzes beheben zu können.

Leider versagen die drei offensichtlichsten und scheinbar respektabelsten allgemeinen Ansätze zur terminologischen Definition, wenn sie auf den Fall des Bewusstseins angewendet werden.

„Bewusstsein“ kann nicht analytisch, in Form von Bestandteilen, definiert werden, so wie „Rechteck“ als rechtwinkliges, ebenes Viereck definiert werden könnte. Bewusstsein ist ein grundsätzlich einfaches Konzept, das nicht in Teilbegriffe zerlegbar ist. Selbst wenn sich das Konzept nach ausreichender Überlegung als analytisch restlos zerlegbar erweisen sollte, wäre eine Definition in Form einer hypothetischen Zerlegung im Augenblick, in unserem derzeitigen Untersuchungsstadium, eine petitio principii gegenüber Forschern, die eine solche Zerlegung ablehnen würden – und würde damit eine oder beide der Unschuldsbedingungen verletzen.

Weit verbreitete Meinungsverschiedenheiten verhindern in ähnlicher Weise eine funktionale Definition in Form einer kausalen Rolle, so wie „Herz“ als das Organ definiert werden könnte, das normalerweise das Blut pumpt. Es ist zu umstritten, welche kausale Rolle, wenn überhaupt, das Bewusstsein haben könnte. Epiphänomenalistische Ansätze beispielsweise gehen von überhaupt keiner funktionalen Rolle des Bewusstseins aus. Der Epiphänomenalismus ist vielleicht nicht die beste theoretische Wahl, aber per Definition ist er nicht falsch.

Auch kann Bewusstsein für die vorliegenden Zwecke nicht angemessen durch Synonymie definiert werden. Obwohl Synonyme bis zu einem gewissen Grad Klarheit schaffen können, ruft jedes allgemein akzeptierte Synonym dieselben Bedenken hervor wie der Begriff „Bewusstsein“, und manchmal noch weitere. Einige ungefähre Synonyme: subjektive Erfahrung, innere Erfahrung, bewusste Erfahrung, Phänomenologie (wie der Begriff in der neueren englischsprachigen Philosophie allgemein verwendet wird), vielleicht Qualia (wenn der Begriff von antireduktionistischen Festlegungen befreit wird). Ein Wesen hat bewusste Erfahrung genau dann, wenn es „etwas gibt, wie es ist“, dieses Wesen zu sein. Ein Ereignis ist genau dann Teil Ihres Bewusstseins, wenn es Teil Ihres „Erfahrungsstroms“ ist. Wenn Ihnen eine dieser Phrasen besser gefällt als „Bewusstsein“, ist das in Ordnung. Aber andere werden mit solchen Synonymen nicht zufrieden sein. Das Ziel hier ist, das Zielkonzept, auf das sich diese Synonyme alle beziehen, besser zu spezifizieren, und zwar auf eine Weise, die für jemanden, der sich von all diesen Synonymen verwirrt fühlt, potenziell verständlich ist.

Der beste Ansatz ist meiner Ansicht nach die Definition anhand eines Beispiels. Eine Definition anhand von Beispielen kann manchmal gut funktionieren, wenn die positiven und negativen Beispiele ausreichend vielfältig sind und das Zielkonzept so natürlich ist, dass man darauf vertrauen kann, dass die Zielgruppe dieses Konzept nach dem Betrachten der Beispiele versteht. Ich könnte sagen: „Mit Möbeln meine ich Tische, Stühle, Schreibtische, Lampen, Ottomanen und dergleichen, nicht Bilder, Türen, Waschbecken, Spielzeug oder Staubsauger.“ Die Chancen stehen gut, dass Sie das richtige Konzept verstehen und „Möbel“ so verallgemeinern, dass auch Kommoden, aber keine Kugelschreiber darunter fallen. Ebenso könnte ich Rechtecke anhand von Beispielen definieren und dabei eine Vielzahl von Instanzen und nahegelegenen Gegeninstanzen skizzieren (Dreiecke, Parallelogramme, Trapeze, offene Beinahe-Rechtecke). Sie werden es hoffentlich verstehen."
[Übersetzt von Google Translate]

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. S. 176-7)



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Sa 5. Okt 2024, 05:45

"Let’s begin with positive examples. The word “experience” is sometimes used non-phenomenally (“I have 20 years of teaching experience”). However, in English it often refers to consciousness in my intended sense. Similarly for the adjective “conscious.” I will use these terms in that way now, hoping that when you read them they help you grasp the relevant examples. However, I will not always rely on these terms. They are intended to point you toward the cases rather than as (possibly circular or synonymous) components of the definition.

Sensory and somatic experiences.

Conscious imagery.

Emotional experience.

Thinking and desiring.

Dream experiences.

Negative examples. Not every event in your body belongs to your stream of conscious experiences. You presumably have no conscious experience of the growth of your fingernails, or of the absorption of lipids in your intestines, or of the release of growth hormones in your brain—nor do other people experience such things in themselves. Neither are all mental events and processes conscious. Two minutes ago, before reading this sentence, you probably had no conscious experience of your disposition to answer “twenty-four” when asked “six times four.” You probably had no conscious experience of your standing intention to stop for lunch at 11:45. You presumably have no conscious experience of the structures of very early auditory processing. Under some conditions, if a visual display is presented for 30 milliseconds and then quickly masked—if it is nothing but an unnoticed flash across your computer screen—you may have no conscious experience of it whatsoever, even if it later subtly influences your behavior. Nor do you have sensory experience of everything you know to be in your sensory environment: no visual experience of the world behind your head, no tactile experience of the smooth surface of your desk that you see but aren’t currently touching. Nor do you literally experience other people’s thoughts and images. Possibly, dreamless sleep and perfect anesthesia involve a complete absence of conscious experiences.

Consciousness is the most obvious thing or feature that the positive examples possess and the negative examples lack, the thing or feature that ordinary people without any specialized training will normally notice when presented with examples of this sort. I do think that there is one very obvious feature that ties together sensory experiences, imagery experiences, emotional experiences, dream experiences, and conscious thoughts and desires. We capture that obvious feature when we say that they’re all conscious experiences, while none of the other stuff is experienced (lipid absorption, your unactivated background knowledge that 6 x 4 = 24, etc.). I hope it feels to you like I have belabored an obvious, commonsensical point. Indeed, my argumentative strategy relies upon this obviousness."

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. pp. 179-81)

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"Beginnen wir mit positiven Beispielen. Das Wort „Erfahrung“ wird manchmal nicht-phänomenal verwendet („Ich habe 20 Jahre Unterrichtserfahrung“). Im Englischen bezieht es sich jedoch oft auf Bewusstsein in dem von mir beabsichtigten Sinn. Gleiches gilt für das Adjektiv „bewusst“. Ich werde diese Begriffe jetzt in dieser Weise verwenden und hoffe, dass sie Ihnen beim Lesen helfen, die relevanten Beispiele zu verstehen. Ich werde mich jedoch nicht immer auf diese Begriffe verlassen. Sie sollen Sie auf die Fälle hinweisen und keine (möglicherweise zirkuläre oder synonyme) Bestandteile der Definition sein.

Sinnes- und somatische Erfahrungen.

Bewusste Vorstellungen.

Emotionale Erfahrungen.

Denken und Begehren.

Traumerfahrungen.

Negative Beispiele. Nicht jedes Ereignis in Ihrem Körper gehört zu Ihrem Strom bewusster Erfahrungen. Sie haben vermutlich keine bewusste Erfahrung des Wachstums Ihrer Fingernägel oder der Absorption von Lipiden in Ihrem Darm oder der Freisetzung von Wachstumshormonen in Ihrem Gehirn – und auch andere Menschen erleben solche Dinge nicht selbst. Ebenso wenig sind alle mentalen Ereignisse und Prozesse bewusst. Vor zwei Minuten, bevor Sie diesen Satz gelesen haben, hatten Sie wahrscheinlich keine bewusste Erfahrung Ihrer Disposition, auf die Frage „sechs mal vier“ mit „vierundzwanzig“ zu antworten. Sie haben wahrscheinlich keine bewusste Erfahrung Ihrer festen Absicht, um 11:45 Uhr Mittagspause zu machen. Sie haben vermutlich keine bewusste Erfahrung der Strukturen der sehr frühen auditiven Verarbeitung. Unter bestimmten Bedingungen, wenn eine visuelle Anzeige 30 Millisekunden lang präsentiert und dann schnell maskiert wird – wenn es sich nur um ein unbemerktes Aufblitzen auf Ihrem Computerbildschirm handelt – haben Sie möglicherweise überhaupt keine bewusste Erfahrung davon, selbst wenn es Ihr Verhalten später subtil beeinflusst. Sie haben auch keine sensorische Erfahrung von allem, wovon Sie wissen, dass es in Ihrer sensorischen Umgebung vorhanden ist: keine visuelle Erfahrung der Welt hinter Ihrem Kopf, keine taktile Erfahrung der glatten Oberfläche Ihres Schreibtischs, die Sie sehen, aber gerade nicht berühren. Sie erleben auch nicht buchstäblich die Gedanken und Bilder anderer Menschen. Möglicherweise gehen traumloser Schlaf und perfekte Anästhesie mit einer völligen Abwesenheit bewusster Erfahrungen einher.

Bewusstsein ist das offensichtlichste Ding oder Merkmal, das die positiven Beispiele besitzen und den negativen Beispielen fehlt, das Ding oder Merkmal, das gewöhnlichen Menschen ohne spezielle Ausbildung normalerweise auffällt, wenn sie mit Beispielen dieser Art konfrontiert werden. Ich glaube, dass es ein sehr offensichtliches Merkmal gibt, das Sinneserfahrungen, Vorstellungserfahrungen, emotionale Erfahrungen, Traumerfahrungen und bewusste Gedanken und Begehrungen miteinander verbindet. Wir erfassen dieses offensichtliche Merkmal, wenn wir sagen, dass es sich dabei um bewusste Erfahrungen handelt, während nichts anderes erfahren wird (Fettaufnahme, Ihr ungenutztes Hintergrundwissen, dass 6 x 4 = 24 ist, usw.). Ich hoffe, Sie haben das Gefühl, dass ich einen offensichtlichen, allgemein verständlichen Punkt ausführlich dargelegt habe. Tatsächlich beruht meine Argumentationsstrategie auf dieser Offensichtlichkeit."
[Übersetzt von Google Translate]

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. S. 179–81)



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Sa 5. Okt 2024, 06:09

Consul hat geschrieben :
Sa 5. Okt 2024, 05:45
"Beginnen wir mit positiven Beispielen. Das Wort „Erfahrung“ wird manchmal nicht-phänomenal verwendet („Ich habe 20 Jahre Unterrichtserfahrung“). Im Englischen bezieht es sich jedoch oft auf Bewusstsein in dem von mir beabsichtigten Sinn. Gleiches gilt für das Adjektiv „bewusst“. Ich werde diese Begriffe jetzt in dieser Weise verwenden und hoffe, dass sie Ihnen beim Lesen helfen, die relevanten Beispiele zu verstehen. Ich werde mich jedoch nicht immer auf diese Begriffe verlassen. Sie sollen Sie auf die Fälle hinweisen und keine (möglicherweise zirkuläre oder synonyme) Bestandteile der Definition sein.

Sinnes- und somatische Erfahrungen.

Bewusste Vorstellungen.

Emotionale Erfahrungen.

Denken und Begehren.

Traumerfahrungen.

Negative Beispiele. …Ebenso wenig sind alle mentalen Ereignisse und Prozesse bewusst.…."
[Übersetzt von Google Translate]

(Schwitzgebel, Eric. The Weirdness of the World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2024. S. 179–81)
1. Nicht alle glauben an die Existenz unbewusster, unerlebter geistiger (mentaler/psychischer) Zustände/Ereignisse/Vorgänge.

2. Meine Liste der Hauptarten subjektiver Erlebnisse:

* Sensationen, Empfindungen (einschließlich Körperempfindungen)
* Emotionen, Fühlungen (Gefühle), Stimmungen
* Kogitationen, Denkungen (insbesondere innere Sprechungen)
* Imaginationen, Vorstellungen/Einbildungen (Traumerfahrungen betrachte ich als immersive Imaginationen.)

Desires (Begehrungen, Wollungen, Wünschungen) zähle ich hingegen nicht zu den Bewusstseinsphänomenen—wie auch alle anderen "propositional attitudes" ("Geisteshaltungen") nicht: Glaubungen, Wissungen, Befürchtungen, Hoffnungen…
Was ich dazu zähle, sind Denkungen oder innere, stille Sagungen von Sätzen der Form "Ich will/wünsche/glaube/weiß/fürchte/hoffe, dass…". Diese sind aber nicht selbst propositional attitudes, sondern höchstens bewusste Anzeichen davon.



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Sa 5. Okt 2024, 09:06

Consul hat geschrieben :
Sa 5. Okt 2024, 00:22
"Ich bin nicht im Geringsten an Definitionen oder der sprachlichen Analyse von Wörtern oder Begriffen interessiert."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Übers. v. Hermann Vetter. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. 79)

"Wenn so viele Philosophen und Wissenschaftler immer noch glauben, Begriffe und Begriffssysteme (und Probleme ihrer Bedeutung oder der Bedeutung von Wörtern) seien ähnlich wichtig wie Theorien und theoretische Systeme (und Probleme ihrer Wahrheit oder der Wahrheit von Aussagen), dann leiden sie noch unter Platons Hauptfehler. [Fußnote: der – traditionelle – Fehler ist als "das Universalienproblem" bekannt.] Denn Begriffe sind teils Mittel zur Formulierung von Theorien, teils Mittel, sie zusammenzufassen. Auf jeden Fall haben sie hauptsächlich eine instrumentelle Bedeutung; und man kann sie immer durch andere Begriffe ersetzen."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Übers. v. Hermann Vetter. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. 127-8)
Popper wird, das habe ich wiederholt gelesen, ein gewisser Hang zum Dogmatismus nachgesagt, das zeigt sich hier meines Erachtens ganz schön. Außerdem ist es schlicht falsch, zu sagen, dass sich alle Begriffe durch andere ersetzen lassen, das gilt zum Beispiel nicht für Grundbegriffe die eben nicht auf andere zurückführbar sind.




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Sa 5. Okt 2024, 10:38

Consul hat geschrieben :
Sa 5. Okt 2024, 03:24
"[C]onsciousness is the presence of any kind of subjective experience whatsoever."

(Seth, Anil. "Consciousness and the Self: A Conversation with Anil Seth." In Sam Harris, Making Sense: Conversations on Consciousness, Morality, and the Future of Humanity, 95-156. New York: Ecco, 2020. p. 98)
Ist diese Definition nicht zirkulär? Wie soll man subjektive Erfahrung erläutern, ohne den Begriff Bewusstsein vorauszusetzen?

Ich denke, es gibt etliche Begriffe, die man nicht definieren kann. Zum Beispiel „rot“, und es ist vielleicht kein Zufall, dass auch dieser Begriff mit dem Bewusstsein zusammenhängt, denn nur jemand, der über Bewusstsein verfügt, kann verstehen, was „rot“ bedeutet.




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