Was ist Geist?

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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NaWennDuMeinst
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Do 13. Jan 2022, 18:30

1+1=3 hat geschrieben :
Mi 12. Jan 2022, 23:13
Es kann doch intelligentes Verhalten evoziert werden, sofern gewisse Algorithmen dieses ermöglichen. Etwa dass gewisse Sollwerte die Kriterien darstellen, wann welches "Verhaltensregisters gezogen wird", auf dass dadurch gewisse Ziele - eben jene Sollwerte - erreicht werden. Dieses Verhalten ist insofern "intelligent" als dass es eben kein "stumpf vorprogrammiertes" ist, sondern eben bereits relativ plastisch und "selbst(sic!)bestimmt" handelt oder vorgeht. Dass damit noch längst keine menschliche Intelligenz auch nur annähernd erreicht wird, tut der Tatsache keinen Abbruch, dass aber zumindest ansatzweise bereits Prinzipien wie "beginnende" Eigenständigkeit usf. hier eben ihren Anfang finden.
Wie programmiert man "Selbstbestimmtheit"? Das ist ja ein Widerspruch in sich.
Ich kippe oben gemahlenen Kaffee und Wasser rein. Dann drücke ich einen Knopf. Den Rest macht die Maschine "von selbst"?
Aber ist das schon "Selbstbestimmtheit"?

Eine ganz andere große Schwierigkeit sind eben die Kriterien die Du ansprichst. Wie misst man denn den Grad der "Selbstbestimmtheit". Warum ist meine Kaffeemaschine nicht intelligent, der Schachcomputer aber angeblich schon? Nur weil die Kaffemaschine nur 20 Operationen die Sekunde macht und der Schachcomputer 60 Milliarden? Alles eine Frage von Rechenleistung?
Auch schwierig ist der Versuch Intelligenz allein am Verhalten zu messen. Wir sind bereits in der Lage Computer so zu bauen und zu programmieren, dass das was sie tun wie intelligentes Verhalten aussieht. Aber ist es dann auch echte Intelligenz?
Da sind so viele Fragen offen, dass ich gar nicht - vom jetzigen Standpunkt - sehe wie man überhaupt auf die Idee kommen könnte wir wären in der Lage einzuschätzen ob sowas wie künstlich erschaffene Intelligenz möglich ist.
Das was heute unter diesen Begriff fällt hat für mich jedenfalls nichts mit Intelligenz zu tun. Jede Wühlmaus ist intelligenter. Vom Menschen ganz zu schweigen.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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NaWennDuMeinst
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Do 13. Jan 2022, 19:00

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 13. Jan 2022, 12:10
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 12. Jan 2022, 22:21
Der Mensch, so wie er heute ist (also auch mit seiner Intelligenz), ist das Ergebnis von mehreren Milliarden Jahren Evolution.
Nebenbei: Nachdem, was ich gelesen habe und erinnere, ist Leben auf diesem Planeten nur einmal entstanden. Es hätte ja auch parallel mehrfach entstehen können.
Und auf anderen Planeten haben wir bisher genau nichts gefunden (allerdings: Die Suche hat ja erst begonnen).
Fragt man Astronomen und Biologen nach einer realistischen Einschätzung, so sind viele zumindest bereit die Möglichkeit von primitiven Leben ausserhalb unseres Planeten einzuräumen... aber intelligentes Leben? Das ist nochmal eine ganz andere Nummer.



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Burkart
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Do 13. Jan 2022, 23:27

Wir sind eben in vielen DIngen erst noch recht am Anfang, ob nun bei der Suche nach außerirdischen Intelligenz wie auch bei der Künstlichen Intelligenz.



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Jörn Budesheim
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Do 20. Jan 2022, 06:43

Bild
Wolfram Hogrebe hat geschrieben : Geist ist außen, bricht aber innen durch.

Diese Verschränkung ist der Grund dafür, daß wir keine Möglichkeit haben, bloß außen oder bloß innen zu beginnen. Wer eine Kathedrale betritt, gelangt in einen Innenraum, der zugleich ein bleiverglaster Außenraum ist. Wer geboren wird, gelangt in seinen Innenraum, der ineins sein Außenraum ist. Aber dieser ist nicht bleiverglast, sondern leibverglast. Diese Raumverschränkung bekundet sich schon und zuerst in unserem ,Grundgefühl`, vor Ort zu sein. Hier ist noch kein Wissen erforderlich, wo ich bin. Wo immer, jedenfalls hier. Dieses Grundgefühl ,gründet` also schon im Nichtwissen, sichert uns daher einen unvergeßlichen Vorsprung vor Gewißheiten, zu denen wir erst später gelangen.

Mit solchen anfänglichen Befunden tun sich heute insbesondere Theoretiker schwer, die traditionellen Mustern des Denkens verpflichtet sind. Sie bevorzugen die Innenperspektive. Sie stochern im Hirn herum, und sogar die meisten Philosophen sind diesem Stochern zugetan. Merkwürdigerweise findet man auf diese Weise aber in der Regel nicht das, was man sucht. Sinn und Bedeutung, Zahl, Grund, Argument, Recht und Freiheit, um nur weniges zu nennen, sind keine physiologisch, chemisch oder physikalisch interpretierbaren Begriffe.

Was man sucht, wußte man in solchen Fällen schon vorher. Und man wußte es aus der persönlichen Selbsterfahrung. Diese ist also weder von Philosophen noch von Hirnforschern zu suspendieren. Sonst wüßte man eben gar nicht, was man erforschen will, wenn es denn unsere geistige Verfassung sein soll. Wir müssen erst Erfahrungen sammeln und sichten, um uns dann einen erklärenden Reim auf diese machen zu können. ...




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Friederike
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Fr 21. Jan 2022, 17:39

"Verschränkung" ist ein guter Ausdruck, den ich mir merke.




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Jörn Budesheim
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Mi 9. Feb 2022, 20:32

Auf dem inneren Auge blind: Was ist Afantasie?
  • Manchen Menschen fehlt die Fähigkeit, sich bildhaft etwas vorzustellen.
  • Es gelingt ihnen nicht, sich vor dem inneren Auge etwas „auszumalen“ oder optische Eindrücke aus dem Gedächtnis abzurufen.
  • Experten nennen das Phänomen „Afantasie“, es wird erst seit einigen Jahren genauer erforscht.
https://www.rnd.de/gesundheit/auf-dem-i ... GD5G4.html
Ich hätte gedacht, dass man ohne Fantasie überhaupt nicht durchs Leben kommt.

Allerdings weiß ich nicht genau, wie die Forscher den Begriff verstehen.

Ein paar Beispiele: Wichtig ist, sich etwas in Abwesenheit vorstellen zu können. Aber wie weit geht das? Betrachte ich den Monitor beim Schreiben, dann weiß ich, dass er eine Rückseite hat. Das würde ich bereits zur Fantasie rechnen, denn die Rückseite ist zwar "abwesend", dass der Monitor eine hat, ist aber dennoch "irgendwie" präsent und spielt eine Rolle.

Ein anderes Beispiel wären Sprechen und Musik. Man muss dabei sowohl auf das, was nicht mehr ist als auch auf das, was noch nicht ist zugreifen, damit ein Satz oder eine Melodie entsteht.

Wo bin ich gerade? Die Daten, die mir meine Umgebung "zuspielen" reichen nicht hin, um das zu wissen. Das erkennt man daran: wenn man sich vorstellt, dass man jemanden in den Raum beamt, der noch nie da war, dann weiß diese Person mit ziemlich großer Sicherheit überhaupt nicht, wo sie gerade ist. Auch das gehört für mich zur Phantasie. Denn "Kassel, Nordhessen, Deutschland, Europa, Erde, Sonnensystem" gehören nicht ohne weiteres zum Anwesenden. (Eben sowenig: Büro, Arbeitswelt, Geldverdienen, Kollegen etc.) Jemand, der keine Fantasie hat, weiß noch meiner Vorstellung buchstäblich nie, wo er oder sie ist.

Man kann eigentlich ohne Fantasie nicht mal Begriffe haben, denke ich.

Spannendes Thema ...




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Jovis
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Fr 11. Feb 2022, 07:41

Jörn, kannst du die Quelle des Zitats von Hogrebe genauer angeben? Darüber würde ich gern mehr lesen.




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Jörn Budesheim
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Fr 11. Feb 2022, 09:18

Jovis hat geschrieben :
Fr 11. Feb 2022, 07:41
Jörn, kannst du die Quelle des Zitats von Hogrebe genauer angeben? Darüber würde ich gern mehr lesen.
Wolfram Hogrebe, "Riskante Lebensnähe: Die szenische Existenz des Menschen"

Ich hab noch nicht viel gelesen, aber bin bisher sehr beeindruckt.




Burkart
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Sa 12. Feb 2022, 11:00

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 9. Feb 2022, 20:32
Auf dem inneren Auge blind: Was ist Afantasie?
  • Manchen Menschen fehlt die Fähigkeit, sich bildhaft etwas vorzustellen.
  • Es gelingt ihnen nicht, sich vor dem inneren Auge etwas „auszumalen“ oder optische Eindrücke aus dem Gedächtnis abzurufen.
  • Experten nennen das Phänomen „Afantasie“, es wird erst seit einigen Jahren genauer erforscht.
https://www.rnd.de/gesundheit/auf-dem-i ... GD5G4.html
"Afantasie", interessanter Ausdruck und Ideen dahinter. Wobei ich mich frage, was "nicht Gelingen optischer Eindrücke aus dem Gedächtnis abzurufen" genau heißen soll; gewissermaßen könnte man das als Blindheit ansehen, insofern demjenigen Gesehenes ja einfach nichts sagt/bedeutet, also für ihn irrelevant ist.
Ich hätte gedacht, dass man ohne Fantasie überhaupt nicht durchs Leben kommt.

Allerdings weiß ich nicht genau, wie die Forscher den Begriff verstehen.
Letzteres ist genau die Frage. Für dich gehört zur Fantasie erheblich mehr dazu als für andere Menschen wie z.B. mich.
Ein paar Beispiele: Wichtig ist, sich etwas in Abwesenheit vorstellen zu können. Aber wie weit geht das? Betrachte ich den Monitor beim Schreiben, dann weiß ich, dass er eine Rückseite hat. Das würde ich bereits zur Fantasie rechnen, denn die Rückseite ist zwar "abwesend", dass der Monitor eine hat, ist aber dennoch "irgendwie" präsent und spielt eine Rolle.
Für mich ist das "nur" das Wissen um das übliche Aussehen des Gegenstands "Monitors". Eine Gegenüberlegung könnte sein, was mit der Rückseite des Monitors denn sonst sein soll, da wir einfach aus Erfahrung wissen, dass Gegenstände auch Rückseiten haben, selbst z.B. Gemälde, auch wenn man die wohl nicht sehr oft sehen wird.
Fantasie wäre es für mich, sie auf der Rückseite rosa Elefanten oder eine Armee von Krabbeltieren vorzustellen o.ä.
Ein anderes Beispiel wären Sprechen und Musik. Man muss dabei sowohl auf das, was nicht mehr ist als auch auf das, was noch nicht ist zugreifen, damit ein Satz oder eine Melodie entsteht.
Vieles davon ist wieder "nur" im Gedächtnis von uns "eingraviert" (abstrahiert von Details i.a.), das meiste davon nicht direkt zugreifbar.
Fantasie kann für mich neue Melodien oder Sätze erzeugen, sagen wir z.B. "Mein ist der Geist, deshalb sei ich." (wobei das auch nur mehr oder weniger eine nicht sehr geschickte Kombination aus Bekanntem ist).
Wo bin ich gerade? Die Daten, die mir meine Umgebung "zuspielen" reichen nicht hin, um das zu wissen. Das erkennt man daran: wenn man sich vorstellt, dass man jemanden in den Raum beamt, der noch nie da war, dann weiß diese Person mit ziemlich großer Sicherheit überhaupt nicht, wo sie gerade ist. Auch das gehört für mich zur Phantasie.
Da Beaming etwas Fantastisches ist, einverstanden. Ansonsten wird die Person sich im Zweifelsfalle erst mal versuchen zu orientieren...wie wir auch manchmal, z.B. wenn wir aufwachen und uns in einer ungewohnten Umgebung befinden.
Denn "Kassel, Nordhessen, Deutschland, Europa, Erde, Sonnensystem" gehören nicht ohne weiteres zum Anwesenden. (Eben sowenig: Büro, Arbeitswelt, Geldverdienen, Kollegen etc.) Jemand, der keine Fantasie hat, weiß noch meiner Vorstellung buchstäblich nie, wo er oder sie ist.
...während letzteres für mich wieder nur Erinnerung, Erfahrung u.ä. ist.
Wenn jemand dagegen auf einem auf dem Mars landet (beamen), dann braucht er wirklich Fantasie (oder zumindest viel Forschergeist), um seinen Ort herauszufinden.
Man kann eigentlich ohne Fantasie nicht mal Begriffe haben, denke ich.
Begriffe bilden wir uns ja schon, seit wir Kleinkinder sind. Abtasten, in Mund nehmen... alles führt zu Erfahrungen, z.B. "piekt" oder "schmeckt bäh", für mich erste Begriffe, erstmal noch ohne Wortzuordnung.
Spannendes Thema ...
:)



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Jörn Budesheim
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Sa 12. Feb 2022, 12:42

Auch Fantasien, die aus der Erfahrung schöpfen, sind Fantasien. Und ohne Fantasie kann es keine Erinnerung geben.




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Sa 12. Feb 2022, 15:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 12. Feb 2022, 12:42
Auch Fantasien, die aus der Erfahrung schöpfen, sind Fantasien.
Völlig einverstanden... um nicht zu sagen, anders geht es eigentlich sowieso nicht, wenn man "Erfahrung(en)" weit genug auslegt.
Nur ist das Denken mit Erfahrungen nicht gleich Fantasie(n), wie die (Existenz der) Rückseite eines Monitors.



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So 13. Feb 2022, 07:04

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 13. Jan 2022, 18:30
Wie programmiert man "Selbstbestimmtheit"?
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 12. Jan 2022, 22:21
Grundsätzlich erlaubt mir meine Phantasie mir alles vorzustellen.
Yepp. Ohne Fantasie wären wir ausdehnungslos im Hier und Jetzt festgehalten, vielleicht wie geistlose (um den Bezug zum Thema deutlich zu machen) Ursache-Wirkungs-Maschinen. Fantasie heißt, das Abwesende präsent zu machen. Abwesend sind zum Beispiel die Vergangenheit, die Zukunft und das, was räumlich entfernt ist. Ohne diese Fähigkeit gibt es keine Erinnerung, keine Pläne, keine Ziele. Ohne Fantasie können wir uns auch nicht verorten. Weil jeder Ort, in einem weiten Sinne des Wortes, immer über das hinausgeht, was im Moment präsent ist.

Fantasie ist für unseren Geist also grundlegend und zentral. Auch für reflexive Fähigkeiten, das heißt unsere Selbstbestimmtheit: wer war ich, wer bin ich und wer möchte ich sein.




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Friederike
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So 13. Feb 2022, 16:51

Burkart hat geschrieben :
Sa 12. Feb 2022, 11:00
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 9. Feb 2022, 20:32
  • Manchen Menschen fehlt die Fähigkeit, sich bildhaft etwas vorzustellen.
  • Es gelingt ihnen nicht, sich vor dem inneren Auge etwas „auszumalen“ oder optische Eindrücke aus dem Gedächtnis abzurufen.
  • Experten nennen das Phänomen „Afantasie“, es wird erst seit einigen Jahren genauer erforscht.
Für mich ist das "nur" das Wissen um das übliche Aussehen des Gegenstands "Monitors". Eine Gegenüberlegung könnte sein, was mit der Rückseite des Monitors denn sonst sein soll, da wir einfach aus Erfahrung wissen, dass Gegenstände auch Rückseiten haben, selbst z.B. Gemälde, auch wenn man die wohl nicht sehr oft sehen wird. Fantasie wäre es für mich, sie auf der Rückseite rosa Elefanten oder eine Armee von Krabbeltieren vorzustellen o.ä.
Wenn mit "Afantasie" gemeint ist, man könne sich bildhaft etwas nicht vorstellen, dann würde ich die Rückseite eines Monitors mit dem inneren Auge sehen zu können, schon als Phantasie bezeichnen. Das Wissen um das übliche Aussehen eines Monitors reicht nicht aus, man muß dieses Aussehen abrufen, d.h. sich vorstellen, sehen können.

Ich habe mir einige Male die Selbstanweisung gegeben, mir die Rückseite eines Monitors vorzustellen. Interessant finde ich, daß ich nur den Bruchteil einer Sekunde oder noch kürzer die Abstraktion einer Rückseite sehen kann, in Lichtgeschwindigkeit wechselt das Bild, das ich sehe zu einem Bild von der Rückseite eines Monitors, die ich irgendwann und irgendwo einmal konkret/in natura gesehen habe. Das Gleiche habe ich auch mit einer "Wiese" ausprobiert und es war genauso. Zu diesem konkreten Bild von einer Rückseite kann ich mir tatsächlich rosa Elefanten dazumalen, das funktioniert.

Wenn "Phantasie" gleichbedeutend mit "Vorstellungsvermögen" ist (das hatten wir), dann ist es irgendwie schwierig, ein Wort dafür zu finden, was wir tun oder welche Fähigkeit es ist, wenn wir zu dem üblichen Aussehen außerübliche Zutaten dazusehen.




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So 13. Feb 2022, 17:03

"Sich bildhaft etwas vorstellen" würde ich "imaginieren" nennen, und außergewöhnliche Zutaten dazusehen würde ich "phantasievoll imaginieren" oder "phantastisch imaginieren" nennen.




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Jörn Budesheim
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So 13. Feb 2022, 17:29

Friederike hat geschrieben :
So 13. Feb 2022, 16:51
Das Wissen um das übliche Aussehen eines Monitors reicht nicht aus, man muß dieses Aussehen abrufen, d.h. sich vorstellen, sehen können.
Genau. Dass man die Erfahrungen gemacht hat, reicht nicht hin, man muss sie, wie du sagst, auch "abrufen" können.

Imagination, Einbildungskraft, Vorstellungsvermögen, Phantasie würde ich fürs erste synonym verwenden. Verfeinern muss man das, das stimmt schon. Wichtig ist mir für den Anfang, die unermessliche Bedeutung der Phantasie für jeden Moment unseres Lebens überhaupt zu erkennen.




Körper
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Fr 18. Feb 2022, 20:30

Zur Ausgangsfrage: "Was ist Geist?"

Ich würde sagen, "Geist" soll ein nicht-körperlicher Anteil an der Existenz des Menschen sein.
Um herauszufinden, was man heute für "Geist" hält, kann man sich die Argumente gegen eine rein körperliche Erklärung des Menschen ansehen.
Auch wenn "Materialismus" weit mehr ist, als eine körperliche Erklärung des Menschen ("Materialismus" ist eher eine Weltfestlegung und erhebt damit einen viel grösseren Anspruch), so findet man dennoch rund um die "Widerlegung des Materialismus" mit hoher Wahrscheinlich genau die Aspekte, die den "Geist" vom Körper unterscheidbar machen sollen.

Das Interessante an diesen Argumenten/Aspekten ist, dass sie auf den Status "Nicht-Körperliche-Phänomene" abzielen - Motto: "Geist ist das, was man dem Körper nicht zutraut".
Auch die Thread-Frage zeigt es: beim Begriff "Geist" startet man mit einem Nicht-Wissen.




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Jörn Budesheim
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Sa 19. Feb 2022, 07:57

Körper hat geschrieben :
Fr 18. Feb 2022, 20:30
"Materialismus" ist eher eine Weltfestlegung und erhebt damit einen viel grösseren Anspruch
Das sehe ich genauso. Materialismus ist eine "Weltfestlegung" und damit eine Form von Metaphysik.
Körper hat geschrieben :
Fr 18. Feb 2022, 20:30
Ich würde sagen, "Geist" soll ein nicht-körperlicher Anteil an der Existenz des Menschen sein.
Das wäre eine "negative" Bestimmung des Geistes, die für sich allein genommen nicht viel besagt. Um dieses Auseinandertreten von Körper und Geist zu vermeiden, wurde in diesem Thread eher das Konzept des Leibes stark gemacht.
Körper hat geschrieben :
Fr 18. Feb 2022, 20:30
Auch die Thread-Frage zeigt es: beim Begriff "Geist" startet man mit einem Nicht-Wissen.
Ich bin mir nicht sicher, ob "Was ist Fragen" wirklich allein Fragen des Nichtwissens sind. Denn, wenn man nicht zumindest vage wüsste, worauf sich der Begriff bezieht, könnte man eine Untersuchung des Begriffes gar nicht erst starten. Zudem sind ja im Verlaufe des Fadens doch sehr viele Vorschläge gemacht worden, welche Aspekte der Begriff umfasst, zum Beispiel den Aspekt des "verkörperten Geistes".




Burkart
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Sa 19. Feb 2022, 08:10

Vielleicht könnte man sagen, dass Geist und Körper die beiden großen gegenteiligen Perspektiven auf den Menschen (oder auch andere intelligente Lebenwesen) sind.

Und richtig, "Geist" startet sicherlich nicht mit Nicht-Wissen, auch wenn natürlich die Frage ist, was unter "Wissen" genau verstanden wird, z.B. wie explizit es sein soll.



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Sa 19. Feb 2022, 09:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 07:57
Materialismus ist eine "Weltfestlegung" und damit eine Form von Metaphysik.
Ja, und das Problem bei solchen Aussagen ist das Einnehmen der dazu notwendigen Überklickposition.
Ich kann so eine Position nicht wirklich einnehmen, wodurch ich mich nicht als "Materialist" sehe.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 07:57
Das wäre eine "negative" Bestimmung des Geistes, die für sich allein genommen nicht viel besagt.
Nun, ich habe es noch etwas konkretisiert -> Motto: "Geist ist das, was man dem Körper nicht zutraut".
Das sind dann letztlich Rätselfragen rund um die menschliche Wahrnehmung (dazu zähle ich "das gesamte Mentale"), die man mit dem Begriff "Geist" abzuhandeln versucht.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 07:57
Um dieses Auseinandertreten von Körper und Geist zu vermeiden, wurde in diesem Thread eher das Konzept des Leibes stark gemacht.
Unter diesem Gesichtspunkt wirkt "Leib" auf mich gerade wie "Körper im Besitz des Geistes" oder "Körper belebt durch Geist".
Falls man mir bei diesem Eindruck zustimmt, dann wäre für mich die Frage relevant, auf welcher Basis man zur Annahme einer derartigen Konstellation und Verbindungshierarchie kommt - sprich: "wie wird das begründet?"
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 07:57
Denn, wenn man nicht zumindest vage wüsste, worauf sich der Begriff bezieht, könnte man eine Untersuchung des Begriffes gar nicht erst starten. Zudem sind ja im Verlaufe des Fadens doch sehr viele Vorschläge gemacht worden, welche Aspekte der Begriff umfasst, zum Beispiel den Aspekt des "verkörperten Geistes".
Was verbirgt sich hinter "vage", wenn es um einen Tisch geht?
Eigentlich gar nichts. Wenn jemand dieses Objekt nicht kennt, zeigt man darauf und schickt den Ahnungslosen mit der Auflage los, es selbst herauszufinden. Am Ende der Übung kann man mit so einer Person, weit weg von "vage", über Tische sprechen.
Das Prinzip dahinter ist: durch Interaktion mit einer Existenz ergeben sich Anlässe, um neue Zusammenhänge im Wahrnehmungssystem zu erfassen (letztlich ist das "Lernen").

Beim Begriff "Geist" kommt man über "Phänomen" und "Rätselfragen" nicht wirklich hinaus.
Aus meiner Sicht fehlt hierbei die Interaktion mit einer Existenz.

In sehr alten Texten - Antike - gilt das erstaunlicherweise nicht, denn dort wurde Luft als "den Körper belebender Anteil" verdächtigt, wobei Luft natürlich analog zu einem Tisch vorliegt.
Nun ist "Geist" nicht weit weg von Luft - der Einsatz für eine bestimmte Luft (z.B. in Verbindung mit Alkohol) ist immer noch aktuell.
Natürlich zielt heute (mit "Geist") niemand auf Luft ab, aber es besteht die Gefahr, dass der Luft-Zusammenhang auf Basis von Tradition immer noch drinsteckt - man startet quasi nicht wirklich aus einer Neutralität heraus.
Wie weit weg von so einer Tradition ist die Kombination "verkörperter Geist"?




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Jörn Budesheim
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Sa 19. Feb 2022, 09:31
Tisch
Aber nicht alles, worüber man sprechen kann, ist nach Art des Tisches, so dass man mit den Fingern drauf zeigen kann. Wobei man ja auch nur einen konkreten Tisch in den Blick nehmen kann.

Wenn man nach Begriffen fragt, wie in der Philosophie nicht unüblich, muss man ein gewisses Vorverständnis (sei es noch so vage) stets voraussetzen, sonst kann die Untersuchung gar nicht starten.




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